08 – Wie Sie Ziele richtig formulieren

08 – Wie Sie Ziele richtig formulieren

Nicola: Herzlich Willkommen zur Folge: Wie Sie Ziele richtig formulieren. Mein Name ist Nicola Hartung und mir gegenüber sitzt Oliver Beyer. Hallo Oliver.
Oliver: Hallo Nicola.

Nicola: Beim letzten Mal haben wir über die Bedeutung und Funktion von Zielen gesprochen und heute soll es darum gehen, wie man sie richtig formuliert. Beim letzten Mal fiel schon der Begriff SMARTe Ziele.

SMARTe Ziele im Team

Nicola: Heute soll es um diese berühmte SMART- Formel gehen und da muss ich Dir sagen, dass ich das bisher immer nur im Zusammenhang mit ganz individuellen Zielen angewendet und auch verstanden habe. Ich habe jetzt noch nicht so eine richtige Vorstellung dafür wie man das eigentlich mit Team-Zielen machen kann.
Oliver: Dazu sollte man natürlich klar haben, wofür Ziele eigentlich eingesetzt werden. Wir haben noch ziemlich verbreitet ein Verständnis von Zielen, als etwas, was für Entgeltbestandteile herhält und dann lassen sich Menschen ungern auf solche Betrachtungen, wie auch persönliche SMART Ziele ein.

Und dasselbe gilt natürlich für Teams. Wenn ein Team irgendwelche Zielgrößen erreichen soll, ohne dass man jetzt über Ziele gesprochen, sich diese Gedanken gemacht hat und reflektiert hat, dann könnte es problematisch werden. Ich habe bei vielen Unternehmen auch gesehen, dass die Umstellung von Entgeltsystemen, die Geldbestandteile in Abhängigkeit zu einem Zielerreichungsgrad beinhalteten, schwierig war. Die Unternehmen wollten ernsthafter mit Zielen arbeiten und sind dann daran gescheitert, dass sich der Widerstand von Mitarbeitern formiert hat, die ziemlich schnell klar ziehen, dass sie hier möglicherweise eine Verdienstmöglichkeit verlieren. Deshalb ist es schon anspruchsvoll, dieses Thema zu entwickeln. Denn wenn wir von wirksamen Zielen sprechen, sollten wir nicht nur, eine wirksame Gestaltung der Geldbestandteile im Blick haben, sondern etwas, wo es um das gesamt Leistungsniveau eines Teams geht.

Wo siehst Du denn die Grenzen SMART auf dem Team anzuwenden?

Nicola: SMARTe Ziele ist ja eigentlich ein Akronym. Und das R in diesem SMART steht ja für realisierbar. Zu den anderen Buchstaben kommen wir gleich noch. Und ich habe das bisher immer so verstanden, dass das eher bedeutet, dass es realisierbar sein muss. Das heißt, der Einfluss, den ich auf das Ergebnis oder auf das Erreichen dieses Ziel haben kann oder haben werde, ist vor allem davon abhängig, wie groß mein eigener Einfluss ist, wie groß meine eigenen Ressourcen sind. Und dann auch, inwieweit andere damit zu tun haben oder inwieweit die Erreichung meines Ziels von anderen abhängig ist.
Oliver: Da merke ich ja schon deutlich diese Interdependenz von Zielen. Was hat das für Konsequenzen von anderen abhängig zu sein?
Lass uns die SMARTen Ziele mal von vorne durchgehen. Wir kommen auf diesen Aspekt auch noch zu sprechen, was das R speziell bedeutet, oder was ich dafür tun kann, damit das Ziel einfach besser und wirksamer formuliert wird.

SMART Auflösung des Akronyms
Oliver: SMART ist eine Abkürzung, die für fünf Begrifflichkeiten steht, anhand derer ein Ziel beurteilt werden kann.
Wofür steht das S? Das weißt Du bestimmt auch?

S – spezifisch

Nicola: So wie ich es verstanden habe, meint S spezifisch. Also ich soll das, was ich erreichen will, das tatsächliche Ziel so genau wie möglich, so konkret wie möglich und mit so vielen Details wie möglich, beschreiben. Für Teams kann ich mir jetzt natürlich auch vorstellen, dass es dazu dient, dass das gesamte Team, und nicht nur einzelne gut verstehen können, was wirklich und konkret damit gemeint ist.

Oliver: Ganz genau. Wir brauchen wirklich viele Details. Oftmals sind es technische Größen oder Zahlen. Ein Vertriebsteam wird natürlich an der Umsatzgröße gemessen, ein Einkaufsteam an Preisniveaus. So gibt es bestimmte technische Größen, an denen aber nicht viel der persönlichen Vorstellung drin hängt. Ein Verkäufer, der verkauft, wird im Hintergrund natürlich immer die Zahl, den Umsatz haben, den er dabei macht.
Aber die Kraft, die im Backoffice das Ganze verarbeitet, hat schon keine dieser Größen-Zusammenhänge mehr und muss sich dieses Ding wieder übersetzen.
Ein Team-Ziel selbst wird von reinen Zahl sicherlich nicht so richtig wirksam. Ich muss also mit in dieses Ziel aufnehmen, wie das Gefüge des Teams ist. Wie läuft die Zusammenarbeit? Wie lange dauern bestimmte Prozess-Zyklen? Wer spielt welche Rolle? Es kann also schon eine sehr komplexe Beschreibung sein.
Und je komplexer etwas ist, desto weniger kann ich das in Listenform machen. Desto eher brauche ich etwas, was auch wirklich Komplexität abbilden kann. Und dann nehmen wir häufig Visualisierungen.
Also, ich nehme Bilder von Teams, die ich mir in ihrem Zusammenwirken sehr plakativ vorstellen kann. Beispielsweise ein Team auf einem Segelboot, das eine Regatta fährt.
Was deren Leistung ist, ist klar. Und wer welchen Beitrag dazu leistet, ist sehr viel leichter vorstellbar und sichtbar zu machen, als vielleicht in irgendeiner internen Abteilung.
Wichtig ist natürlich, dass jeder in seiner Teamrolle, wenn wir ein solches Bild nehmen und das, was wir dabei erreichen wollen, auch eine Entsprechung in seinem persönlichen Wirkungsbereich findet.
Da machen wir sehr gute Erfahrungen, mit Visualisierungen aus dem Team heraus zu arbeiten. Wie stellen sie sich ihre Zusammenarbeit vor? Was steht für das Ergebnis? Ich habe da schon ganz tolle Bilder gesehen, die immer eine sehr persönliche Beziehung der einzelnen Teammitglieder zu dieser spezifischen Zielformulierung ermöglicht haben.

So ein Bild braucht dann natürlich viele Details und die Gestaltung ist nicht mit drei Strichen getan. Die Szenerie, die man da abbildet, darf dann auch noch beschrieben werden. Wichtig ist dabei, dass jedes Teammitglied die Klarheit hat, wo finde ich mich da wieder, welches Verhalten ist dazu förderlich, um genau dieses Ziel zu erreichen und so als Team wirken.
Nicola: Jetzt haben wir beim letzten Mal über Zielvereinbarungsgespräche gesprochen. So wie ich Dich jetzt gerade verstanden habe, klingt das nach einem Prozess, der sinnvollerweise im Team gemeinsam durchgeführt und erarbeitet werden sollte. Damit eben alle sich einbringen können und jeder sein persönliches Bild dazu beisteuern kann. Aber es ist ja wahrscheinlich nicht für jedes Jahr so gedacht, dass es erstmal zum Jahresauftakt einen gemeinsamen Team-Ziele-Workshop gibt? Oder doch?
Oliver: Das kann man durchaus so machen. Das ist vielleicht eine Frage welche Bedeutung diese Zielformulierung für unser gesamtes Wirken hat und ob wir uns schon mal einen Rahmen dafür gegeben haben. Das kann als übergeordnetes Ziel, was ist nicht nur alleine auf ein Jahr gilt, sondern auf eine vielleicht auch etwas längerfristige Periode bezogen, die
eigene Entwicklung, die eigene Veränderung und was am Ende dieser Entwicklung, dieser Veränderung stehen soll, formuliert werden.
Und dann kann man die einzelnen Jahresziele als Etappenziele in ein solches Bild einbetten. Da muss ich nicht jedes Mal ein Team-Workshop machen.

Aber wenn ich mir das in der Praxis angucke, finde ich schon sehr viele Teams, die ein Jahres Kick-off veranstalten. Und wenn sowas schon stattfindet, warum nicht auch mal mit einer solchen Zielformulierung, die sehr klar für jeden einzelnen macht, was bedeutet das für ihn bedeutet und wo kann jeder für sich selbst andocken kann. Und wo jeder sich fragen kann: Wo könnte mein Beitrag liegen und welche SMARTen Ziele von mir persönlich passen gut dazu?

Nicola: Das könnte ich mir auch gut vorstellen als Anschub für eine Motivation. Wenn ich weiß, das ist mein Ziel, SMART formuliert ist, mit allem was dazu gehört, ist das das eine. Aber wenn ich auch gleichzeitig weiß, was für Ziele meine Teamkollegen haben und wie genau die sich vorgestellt haben, das zu erreichen – das könnte man ja in so einem Workshop auch noch mit einbauen – dann kriegt es natürlich auch eine ganz andere… Mir fällt kein schöner Begriff dafür ein. Aber es wird auf einmal realer, also es ist es löst sich aus diesem Elfenbeinturm.
Oliver: Es bekommt eine Dynamik. Deshalb empfiehlt es sich eben auch, diese Gespräche eher in einer Workshop-Runde oder einer Teamrunde zu machen, als in Einzelgesprächen, die die Führungskraft mit den Teammitgliedern führt. Die Dynamik, die im Team entstehen könnte, wenn man mitbekommt, wer da welche Rolle spielen könnte, und das auch verknüpft mit einer unmittelbaren Rückmeldung, was wie gut zusammenpasst und wer welchen Sinn darin sieht – das sind alles Dinge, die wir erst über die gemeinsame Entwicklung eines solch detaillierten Bildes hinbekommen.

M – messbar

Oliver: Und dann kann man schon gleich den zweiten Buchstaben da SMART-Formel mitnehmen: je genauer ich das ganze beschreibe, desto leichter nachvollziehbar wird das ja für jeden einzelnen im Team, wie nah wir den ganzen schon sind.
Denn die Verhaltensweisen, die in so einem Bild dargestellt werden oder die aufgeschrieben werden, wenn ich es in Textform mache, die von allen miteinander verarbeitet sind, die werden ja dann auch üblicherweise sichtbar.
Wenn wir im Team arbeiten, dann sitzt ja nicht jeder in seinem stillen Kämmerlein und bringt irgendwann überraschend ein Ergebnis hervor, sondern es werden bestimmte Absprachen und Schnittstellenübergaben gemacht. Und natürlich, wir kommen auch wieder auf die letzte Folge, die Vereinbarungen wie und wann messe ich, sind ja auch mit drin. Das heißt, ich weiß jederzeit, was die anderen von mir erwarten dürfen. Da muss man nicht so darauf vertrauen oder verweisen, dass man das am Jahresende schon sehen wird.
Das wird dann sicherlich sehr schwierig werden in der Zusammenarbeit.

Aber wenn wir in einem Gesamtbild für jeden klar haben, was bedeutet das, wer welche Rolle spielt, werden wir schon viel früher merken, ob wir auf dem richtigen Kurs sind. Und damit können wir eben auch messbar feststellen, ob unser Ziel im Bereich des Möglichen liegt und ob wir noch schnell genug voran kommen.
Nicola: Das setzt natürlich, zumindest in meiner Vorstellung, wiederum auch voraus, dass es eine entsprechende Gesprächskultur, Kommunikations- und Feedbackkultur gibt, die es dann eben auch ermöglicht, anzusprechen, wenn es vielleicht nicht so wie geplant läuft.
Unter Umständen trotzdem erfolgreich, weil vielleicht unterwegs noch neue Wege aufgetaucht sind, aber das ist noch ein ganz anderes Thema. Aber eben auch, wenn man bei sich selbst oder bei anderen feststellt, es läuft nicht so, wie wir das ursprünglich vereinbart haben.

Oliver: Die Kultur bedeutet im Übrigen nicht zwingend, dass wir wahnsinnig viel Zeit dafür aufwenden müssen, denn die hat heute kaum noch jemand. Wenn ich im Rahmen eines solchen Kick-Off, im Rahmen einer solchen Zielbeschreibung, in einer Visualisierung, in welcher Form ich das auch immer fasse, mir diese Zeit nehme, dann kann ich auch gleich vereinbaren in welchem Abstand, in welchem Umfang oder welcher Art, diese Kommunikation erfolgen soll. Das ist mit messbar im Rahmen einer Zielvereinbarung gemeint. Und jetzt sind wir eben nicht bei diesem Modell, das von oben in mehreren Stufen runter gebrochen wird, sondern wo wirklich individuell mit den Leuten und auch mit dem Team gesprochen wird, was in dem Zielkorridor liegt. Wenn ich das daraus ableiten kann, dann wird es auch gar kein Problem sein, immer wieder abzugreifen, was habe ich dafür getan und was habe ich damit erreicht.

A – attraktiv, aktivierend, anziehend

Oliver: Womit wir da genau schon eingeleitet haben, was das bedeutet. A wie attraktiv, wie aktivierend. Oder Du hattest noch so ein schönes Wort dafür, anziehend. Was macht denn für mich das Ziel anziehend? Und dann sind wir mitten in dem, was wir in der letzten Folge auch schon mit dem magischen Kreis, mit dem Golden Circle (Simon Sinek) mit den drei Fragen was, wie und vor allem dem warum angesprochen haben. Wenn für mich klar ist, warum ich dieses Ziel erreichen will, was da Gutes für mich drin ist, dann werde ich auch nicht ständig eine Führungskraft brauchen, die hinter mir steht und die Peitsche schwingt, damit ich meine Hufe in Bewegung setze. Sondern dann habe ich selbst den Antrieb, dann weiß ich, warum ich heute das Tagwerk vollbringen will, was ich damit bewirken will und vor allen Dingen, wofür das gut ist.
Ganz wichtig ist dafür natürlich, dass der Einzelne, Du hattest ja auch schon das Thema SMARTe Ziele erwähnt, auch für sich selber so eine Zielorientierung klar hat. Was für ihn selbst wichtig ist.
Wenn wir diese spezifische Formulierung eines Team-Ziels nicht gemeinsam gemacht haben, dann ist ja auch nicht sichergestellt, dass die Motivation der Teammitglieder in angemessener Weise berücksichtigt worden ist.
Wenn wir die aber berücksichtigen, dann ist das natürlich genau die Energie, die wir im Tank brauchen, damit der Hochleistungsmotor auch die Leistung zeigt. Damit wir Spitzenzeiten, Spitzen-Ergebnisse erzielen können im sportlichen Sinne.
Nicola: Es ist also über die SMART-Formel möglich, individuelle und Teamziele miteinander in Einklang zu bringen. Also sollte man die Team-Ziele zuerst formulieren und dann die individuellen oder andersrum oder ist das egal?

Oliver: Ich glaube, wir sind in so dynamischen Zeiten unterwegs, dass wir kein zeitliches nacheinander zwingend festlegen können. Das wird wahrscheinlich sogar ein dynamischer Prozess sein, der immer noch mal ein bisschen Nachjustieren braucht und immer wieder mal auf die Probe gestellt werden darf.
Nur, mit Teammitgliedern, die nicht klar haben, was sie eigentlich erreichen wollen, ist natürlich die Findung eines Team-Ziels, das SMART und bei A vor allen Dingen auch attraktiv für den Einzelnen ist, schon sehr schwierig zu finden.
Wenn man so was feststellt, gehört unbedingt auch noch eine Klärung für jeden Einzelnen, was bedeutet dieses Ziel für mich, dazu, wenn diejenigen noch nicht so reflektiert sind, dass ihnen das von vorne herein klar ist.

R – realistisch

Nicola: Ja, was für mich dann auch ganz stark an diesem nächsten Buchstaben, dem R hängt.
Oliver: Wenn ich für mich keine wirkliche Motivation habe, warum das das Ziel für mich ist, dann werde ich natürlich auch nicht freudig mitdiskutieren, was wir tun wollen, um das Ziel zu erreichen. Das ist nämlich für mich die eigentliche Frage hinter dem R. Häufig wird aber R wie realistisch, zu einer klassischen Totschläger-Frage gemacht. Ist das überhaupt möglich? Damit habe ich dann schon die rhetorische Vorlage für ein klares Nein.
Damit ist die ganze schöne Arbeit, die ich vorher gemacht habe, ein Ziel zu formulieren und mir Gedanken zu machen, wie wir es messen können und mir vorzustellen, was Gutes daran wäre, zunichte gemacht.
Nicola: Das heißt, dass Du das R eher nicht im Sinne einer geschlossenen Frage mit Ja oder Nein verstehen, sondern eher als die Frage nach dem Weg? Also, welche Ressourcen habe oder brauche ich oder kann ich mir vielleicht beschaffen? Also eine Art Optionen-Generierung im Hinblick auf die Lösung.

Oliver: Ich kann zum einen natürlich gucken, wie ich das möglichst unabhängig von anderen erreichen kann, dann ist das natürlich eine sehr starke Formulierung. Das können wir im Team und im Unternehmen heute bei der zunehmenden Vernetzung und Globalisierung immer weniger sicherstellen. Aber wenn ich eine klare Motivation aller Teammitglieder eines Teams insgesamt habe, dann werden wir ganz freudig eine Diskussion darüber führen können, was können wir alles tun und für welche Ressourcen müssen wir sorgen. Wenn die Motivation dahinter stark genug ist, dann werde ich nicht so schnell aufgeben.
Wenn ich mir allerdings keine Gedanken um diese Motivationsfrage mache, wenn das A in einer solchen Zielformulierung nicht wirklich gut ausformuliert oder geklärt ist, dann ist die Versuchung groß, beim R zu einer Ja/Nein-Frage zu kommen: Ist das überhaupt möglich? Der Antrieb, irgendein Hindernis zu überwinden, ist dann minimal.

Nicola: Ich entdecke noch viele Facetten an dieser SMART-Formel, an die ich bisher noch so gar nicht gedacht habe. Wieviel Zeit würdest Du z.B. einem Zielvereinbarungsgespräch oder in einem Kick-Off Workshop Du für die Bearbeitung von SMARTen Zielen einräumen?
Nur das R genommen: Welche Ressourcen habe ich? Welche brauche ich? Was will ich überhaupt erreichen? Du hast gerade so schön gesagt. Wenn jemand noch nicht so reflektiert ist, ist das ganz schön schwierig. Da frage ich mich, wer ist denn jederzeit so reflektiert?
Oliver: Jederzeit so reflektiert zu sein, ist ein so hohes Ziel, dass ich selber den Anspruch gar nicht hätte. Aber an der Stelle nicht zu viel Zeit zu verlieren, ist eine Frage von Vorbereitung und auch eine Frage von agilem Denken. Also so ein Ziel nicht im Sinne eines Fünfjahresplans einmal aufzustellen, und dann nur noch dazu verdammt zu sein, diesen Plan zu erfüllen, sondern für sich selber erstmal klar zu machen, wohin geht die Reise, ist das eine attraktive Richtung und was können wir dafür tun?
Deshalb die Messbarkeit. Es könnte ja durchaus sein, dass ich in meiner Zielformulierungs-Vereinbarung habe, das wir alle paar Monate das Jahresziel und seine Erreichung messen.
Dann könnte es ja durchaus passieren dass ich nach den ersten 2-3 Monaten merke, das Ziel passt irgendwie nicht, oder wir kommen nicht so schnell voran, wie wir gedacht haben, Dann gehört es natürlich auch zu diesem Prozess dazu, die Realisierbarkeit neu einzuschätzen und wiederum zu überlegen, was können wir stattdessen tun. Das was wir bisher getan haben, war nicht wirksam genug. Aber nur mit der offenen Frage, können wir ja mit Motivation arbeiten. Wenn wir in die geschlossene Frage reingehen, werden regelmäßig in diese Falle tappen, dass wir aufgeben, dass wir das Ziel ad acta legen und es nicht mehr wirklich verfolgen. Und dann ist die Wirksamkeit dieser Zielformulierung wirklich in Frage zu stellen.
Nicola: Die offene Frage in Bezug auf das R lautet dann wie?

Oliver: Wofür muss ich sorgen, was kann ich tun, um diese Ressourcen zur Verfügung zu haben oder was kann ich generell tun, um dieses Ziel zu erreichen?

T – terminiert

Nicola: Dann sind wir schon beim letzten Buchstaben.
Oliver: Ich hatte mal einen Chef, der hat gerne solche Formulierungen wie „wir sollten mal wieder…“ benutzt. Und dieses „wir sollten mal wieder“ ist so ein Ding, das geht natürlich an all diesen Buchstaben vorbei. „Wir“ sagt nicht spezifisch, wer überhaupt. Gut, er gehört zweifelsohne dazu, aber er war der Chef. Und es war noch ein etwas altmodischer Führungsstil. Also hat keiner damit gerechnet, dass er jetzt vorangeht und den anderen sagt, was sie tun sollen. Das war natürlich die Idee, dass da jemand übernehmen soll. Und das war dann nicht spezifisch genug zugeordnet und der Kreis zu groß, als dass irgendjemand das angefangen hätte, wenn es nicht der Zufallstreffer war und irgendjemand gesagt hat, oh ja, das würde mir auch Spaß machen. Das kam nicht so oft vor. Das waren also keine effektiven Ziele, die dabei rausgekommen sind. Messbarkeit war schon gar keine drin und Attraktivität hat das keine entfaltet. Was aber eben auch gefehlt hat, war eine Terminierung. „Mal wieder“ ist in keiner Weise hilfreich. Es ist weder eine spezifische Zeitangabe, noch gibt es irgendeinen Zeithorizont oder einen Zeitpunkt, zu dem ich das haben gerne möchte, vor.
Und dann ist das natürlich dieser schönen Volkskrankheiten namens Prokrastination, Aufschieberitis, anheimgestellt.

Wenn ich keinen Termin habe, der mich verpflichtet, der mir auch sowas wie einen Messbarkeit-Rhythmus oder sowas mitgibt, dann wird es in den Prioritäten nie ganz vorne landen, im Sinne von zu erledigenden Aufgaben.
Ich würde also hingehen und einen Zeitpunkt mit aufnehmen, zu dem ich zumindest mal überprüfe, wie weit bin ich denn gekommen. Idealerweise sagt das Modell natürlich,
ein Ziel so spezifisch beschrieben zu haben, dass ich, einschließlich eines Kalendertermins sagen kann, wann ich entsprechend der Messbarkeit auch wirklich diesen Zustand überprüfbar hergestellt habe. Heißt z.B. zum Jahresende in Umsatzgröße erfüllt zu haben.
Nicola: Das ist vielleicht auch noch mal ein interessanter Punkt. Ich kenne das so, dass diese Terminierungszeiträume möglichst kurz sein sollen, damit eben die Möglichkeit besteht, zu testen, zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Was heißt im Team-Kontext möglichst kurz?
Oliver:  Das wird sehr von der Zuständigkeit, von den Rollen und Verantwortlichkeiten des Teams selber abhängen, wo sie aktiv sind. Denn wenn ich mich mit etwas beschäftige, was vielleicht mit Totzeiten und ähnlichem zu kämpfen habe, dann kann ich das nicht zu eng takten.
Wenn sie in der Politik Maßnahmen beschließen und Gesetze verabschieden, dann braucht das einfach eine gewisse Zeit. Und da reicht auch nicht mal diese 100 Tagesfrist, die sich eingebürgert hat, um wirklich zu überprüfen, wie wirksam sind Maßnahmen. Oder wie wirksam sind irgendwelche Gesetzesvorhaben in der Umsetzung tatsächlich gewesen, weil man das nicht sofort sieht.
Während manche Dinge wirklich fast täglich messbar sind. Das wird man also sehr stark auf die Gegebenheiten abstimmen müssen. Aber der Hinweis ist richtig. Wenn ich nur ein Jahresziel vorgebe, ohne Etappen dahin definiert zu haben, dann könnte das sehr anspruchsvoll werden. Also jedes Ziel sollte darauf überprüft werden, ob es nicht in kleinere Teile zerlegt werden kann, die vielleicht unterschiedlich sind. Oder, ich habe tatsächlich nur lineare Etappen, dann ist das mit dem großen Ziel absolut ausreichend.
Nicola: Für mich ist das auch immer noch ein wichtiger Punkt, das Ziel im Auge zu behalten. Und das geht deutlich leichter, wenn die einzelnen Termine nicht so weit auseinander liegen. Wir haben alle so viel im Kopf, so viele Deadlines und Termine, so dass, wenn ich mir dann auch noch langfristige Sachen merken soll und bis zur Überprüfung der vereinbarten Ziele noch ganz viel Zeit ist, ist für mich persönlich die Gefahr sehr groß, dass ich das aus dem Blick verliere.

Hindernisse beim Erreichen von Teamzielen
Oliver: Und dann gibt es noch einen weiteren Aspekt. Es gibt noch zu diesem A, was wir so schön positiv formulieren, einen ganz gefährlichen Gegenspieler. Nämlich all das, was in Frage stellen könnte, dass ich überhaupt an meinem Ziel arbeite – das aus dem Auge verlieren könnte ein solcher Punkt sein –  also die Frage, was meinem Ziel eigentlich an Widerständen entgegensteht.
Da haben wir z.B. die innere Haltung, der berühmte innere Schweinehund. Gruß an Stefan Frädrich. Günter ist der ja von ihm genannt worden. Also was könnte ich eigentlich alles tun, damit ich dieses Ziel gar nicht erst angehe oder dass ich es sogar sabotiere?
Wie wohl fühle ich mich in meiner Komfortzone? Welche konkurrierende Ziele habe ich? Genau deshalb ist das auch gerade auf der Team-Ebene so wichtig, dass nicht individuelle Ziele der einzelnen Teammitglieder ignoriert werden, die dann am Ende vielleicht sogar gegen das Team-Ziel laufen kann.
Nicola: Hast Du da Beispiele parat, wo das mal genauso gewesen ist, vielleicht auch aus Deiner eigenen Historie?
Oliver: Ganz einfach, wenn wir Teammitglieder haben, die für sich persönlich die Zielsetzung haben, ihre Arbeitsauslastung zu reduzieren, Stichwort Teilzeitwunsch, und dann kommt das Team und möchte eine Leistungserhöhung. Dann sind das Dinge, die tendenziell erstmal eine gewisse Gegenläufigkeit haben. Dann muss ich schon klären, wie möglicherweise bei der Arbeitszeitverkürzung, Effizienzsteigerung möglich ist, damit trotzdem weiterhin eine Unterstützung des Team-Ziels möglich ist. Also mal genau abklären, wo solche Interessenkonflikte drin liegen.
Nicola: Wie komme ich denn diesen Interessenkonflikten noch die Spur?

Oliver: Indem ich offen drüber rede. Wir kommen wieder zurück auf das Zielvereinbarungsgespräch. Wir kommen zurück auf die Diskussions- oder Kommunikationskultur.
Wenn wir nur einmal ein Ziel verabschieden und dann alle still für uns dran arbeiten, ohne uns offen und regelmäßig darüber auszutauschen, dann werde ich hier nicht weiterkommen. Dann werde ich auch diese Abstimmung untereinander nicht hinbekommen. Dann darf ich mich aber auch nicht wundern, wenn die Teammitglieder beklagen, wir haben doch eigentlich x beschlossen, warum machen die nicht? Das wird ja dann ganz gerne im Fingerpointing – Style gemacht, indem man auf andere zeigt, die ihren Beitrag nicht leisten.
Das sind Verhaltensweisen, die natürlich Vertrauen zerstören. Dazu habe ich ja in der Folge 02 dieses Podcasts gesprochen.
Nicola: Oder gar nicht erst entstehen lassen.
Oliver: Oder gar nicht erst entstehen lassen, wenn es nicht vorgemacht wird Stichwort „man sollte mal wieder“.

Nicola: Man sollte mal wieder… Sollten wir dann mal wieder eine Zusammenfassung an dieser Stelle machen?
Oliver: Das können wir gerne machen. Wäre ja schon herzerfrischend konkret.

Zusammenfassung:

Nicola: SMARTe Ziele in der Anwendung für Teamziele

S – wie spezifisch
Formulieren Sie möglichst konkret, mit möglichst vielen Details, Ihr Ziel, damit alle Teammitglieder das Ziel verstehen und ihre individuellen Ziegel dazu ableiten können.

M – wie messbar
Wie und wann haben Sie Ihr Ziel erreicht und woran können Sie es feststellen?

A – wie attraktiv, anziehend oder auch aktivierend
Was wird die einzelnen Teammitglieder motivieren, Ihren Beitrag zum Team-Ziel zu leisten?

R – wie realistisch
Fragen Sie, welche Ressourcen für das Erreichen des Ziels notwendig sind und welche Methoden zur Anwendung kommen sollen.

T – wie terminiert
Legen Sie einen Zeitpunkt fest, zudem die Zielerreichung überprüft und gegebenenfalls auch angepasst werden soll.

Ja, Oliver, gibt es noch irgendwas, was Du den Zuhörern zum Thema Ziele richtig formulieren heute mitgeben möchtest?

Oliver: Mich interessiert natürlich Ihre Erfahrung mit Zielformulierungen. Was ist besonders schwierig oder was empfinden Sie als besonders leicht, als Ziel zu formulieren und zu erreichen? Und ganz besonders gerne hören wir natürlich Erfolgsgeschichten von Zielen, die Sie so formuliert haben, dass sie gar nicht unerreicht bleiben konnten.

Wir freuen uns über Zuschriften an fragen@oliver-beyer.de

Nicola: Und im guten Schluss das inspirierende Zitat, heute aus unbekannter Quelle:

 

„Alle sagten, das geht nicht. Und dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.“

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03 – Wie Ihnen Wertschätzung zu besserer Performance verhilft

03 – Wie Ihnen Wertschätzung zu besserer Performance verhilft

In dieser Folge spreche ich darüber, was Wertschätzung ist und wie sie Ihnen zu besserer Performance im Team verhilft.

Vor einigen Wochen sprach ich in Auftragsklärungsgespräch mit einem Teamverantwortlichen über den Auftrag, sein Team zu entwickeln und suchte nach einer Antwort auf die Frage, was genau erreicht werden soll.

Es ging um die Verbesserung der Zusammenarbeit, die dazu führen sollte, dass sich die gesamte Performance steigert. Die Ausgangssituation war nicht untypisch für solche Aufträge: Es gab mehrere neue Mitglieder im Team und gleichzeitig viele langjährige Kollegen. Es waren sehr unterschiedliche Typen und viele verschiedene Sichtweisen, die sich aus der Unterschiedlichkeit der Teammitglieder ebenso wie aus der unterschiedlichen Betriebszugehörigkeit ergaben.

Die Neuen haben einiges an neuen Methoden und Erkenntnissen aus ihrem Erfahrungsschatz mitgebracht. Die Absicht des Teamleiters war, das auch bestmöglich für die eigene Veränderung zu nutzen. Aber die Integration war offenbar schwierig. Er berichtete mir von offen zu Tage getretenen Konflikten, die immer wieder eskalierten.

Und das in der Situation, in der sich das stark wachsende Unternehmen und die gesamte Organisation beständig veränderte.

Daraus folgten neue Ziele, für deren Erreichung eine neue Arbeitsweise erforderlich wurde. Diese sollte das Team gemeinsam beim Zusammenwachsen erarbeiten.

Mir war wichtig, und das habe ich der Führungskraft das auch so gesagt, dass sie auf jeden Fall wertschätzend kommunizieren muss.

Das bezog sich vor allen Dingen auf diejenigen Teammitglieder, die sich dem Veränderungsprozess nicht so gerne öffnen wollten. Ich bekam zur Antwort: „Ich weiß nicht, ob ich das kann.“ Diese Antwort hat mich nachdenklich gemacht. Dabei begegnet mir das ja öfter. Und es drängt sich die Frage auf, woran das liegt.

Denn es ist ganz typisch, dass eine kritische Situation Veränderungsdruck bringt.

Das einzig logische scheint demnach zu sein, die eigene Arbeitsweise an die Veränderung anzupassen. Das kann alles mögliche betreffen. Neben der eigenen Arbeits-Situation, können sich die rechtlichen Bedingungen verändern, die Zuständigkeiten, die Wege der Zusammenarbeit und die Art und Weise der Kommunikation. Es ist eine Menge denkbar, was sich in solchen Situationen ändern muss. Große Probleme machen den Mitarbeitern auch die Maßstäbe, an denen die Qualität der eigenen Arbeit gemessen wird.

Denn oft führen solche Veränderungen auch zu einem deutlich höheren Arbeitsaufkommen pro Kopf. Zumindest dann, wenn man nicht die eigene Arbeitsweise umstellt und sich entsprechend in der Organisation anpasst.

Wenn eine Veränderung unvermeidlich erscheint, dann treffen wir auf zwei verschiedene Haltungen. Die einen, die sofort dabei sind und Veränderung sowieso lieben oder einfach die Situation akzeptieren und verstehen, dass es die Veränderung braucht und ihr folgen.

Und die andere, die nicht verstehen, was die Veränderung bedeutet und woher der Druck kommt. Diejenigen, die in erster Linie negativ reagieren und die Veränderung ablehnen.

Besonders fatal wird die Dynamik dann, wenn diejenigen, die die Veränderung begrüßen und unterstützen, dann auf die anderen negativ reagieren.

In der Folge kann sich eine Dynamik entwickeln, die dazu führt, dass die eher ablehnenden Kräfte nicht mehr in Diskussionen einbezogen werden. Ihre Argumente werden nicht mehr berücksichtigt, sondern, wenn man sich denn überhaupt mit ihnen auseinandersetzt, sogar herabgewürdigt,

Und dasselbe passiert natürlich auch in umgekehrter Hinsicht. Die Notwendigkeit der Veränderung wird ja ebenso nicht anerkannt. Und anstatt konstruktiv zu diskutieren, einander zuzuhören und sich anzunähern, bekämpft man sich gegenseitig.

Und das ist eine Dynamik, die meinen Auftrag, ein Team zu entwickeln und den gewünschten Zustand herzustellen, in Gefahr bringt.

Was ist Wertschätzung?

Menschen zusammenzubringen braucht nach meiner Überzeugung Wertschätzung.

Was ist Wertschätzung? Vielleicht gehören Sie auch zu denjenigen, die an dieser Stelle die Stirn runzeln und eher daran denken, dass Wertschätzung ja gut und schön ist, dass Sie sich aber nicht verbiegen wollen.

Sie haben doch recht, was sollen Sie also den anderen bestätigen?

Vielleicht kommt Ihnen das vor wie Lobhudelei oder falsche unangebrachte Harmonie.

Und es hat sich auch in unserem Gespräch herausgestellt, dass das offenbar das Verständnis von Wertschätzung war, weshalb sich die Führungskraft diese Frage stellte, ob sie wertschätzen kommunizieren kann.

Lobhudelei, sich verbiegen, falsche Harmonie sind ganz sicher keine Dinge, die ich will. Wenn es das für mich alleine bedeuten würde, dann würde ich auch keine Wertschätzung verfechten.

Schauen wir uns also an, was eigentlich der Kern von Wertschätzung ist.

Erstmal stecken in Wertschätzung Werte.

Was sind Werte? Werte sind das, was mir wichtig ist, was jedem einzelnen wichtig ist. Sie sind die Grundlagen dafür, was uns antreibt, warum wir uns für Dinge entscheiden, warum wir in bestimmter Art und Weise handeln und kommunizieren.

Und die erste Frage, die ich mir stelle, ist, ob ich das für mich klar habe, ob ich mich damit beschäftige und darüber rede.

Wenn meine Werte-Haltung Veränderung, Fortschritt und Weiterentwicklung grundsätzlich beinhaltet, dann begrüße und ich ja jegliche Situation, die das bestätigt und die das fordert.

Auch bei meinem Kunden war das so. Er findet Veränderung, Fortschritt und Weiterentwicklung sowieso gut und sieht auch, dass die Situation das fordert. Er fühlt sich also im Recht. Und gleichzeitig stellt er sich dann die Frage, warum andere gegen ihn arbeiten, das nicht genauso sehen und sogar Widerstand leisten.

Das zeigt sich in verschiedenen Formen. Es gibt den aktiven Widerstand, mit zum Teil auch hitzigen Diskussionen, die sehr kontrovers geführt werden. Und es gibt den passiven Widerstand derjenigen, die sich nicht mit anschließen und die Veränderung oder den Diskussionsprozess nicht unterstützen.

Warum wollen die nicht mitziehen?

Wenn solche Überlegungen dazu führen, dass wir das persönlich nehmen und darauf vielleicht auch noch persönlich reagieren, dann treten all die Herabwürdigungen oder all die Formen, die Sie vielleicht auch schon beobachtet und erlebt haben, zu Tage.

Dann treibt das natürlich auch den Konflikt an, der sowieso schon besteht und das führt zu diesen offenen Eskalationen. Der Sache ist damit überhaupt nicht gedient und wir kommen nicht weiter.

Gelernt habe ich aus eigener Erfahrung und in vielen Beispielen und Projekten, die ich durchführen durfte, dass Werte nicht nur das sind, was mein Verhalten antreibt. Sondern, wenn man sich Werte genauer anschaut, dann sind sie zwar eine positive Triebkraft für mein Verhalten, sie können aber auch im Widerspruch zueinanderstehen. Und in der Tiefe vieler Konflikte befindet sich auch ein Wertekonflikt.

Werte stehen für positive Motivation von Entscheidungen und Handlungen.

Und Wertschätzung ist die Verbindung, die Verbindungstür zwischen gegensätzlichen Werten.

Das bedeutet, dass wir über Wertschätzung diese Gegensätze, die zwischen verschiedenen Werteorientierungen auftreten, miteinander verbinden können.

Das heißt nicht, dass wir alles toll finden, auch wenn es eigentlich konträr zu unseren eigenen Werten ist. Das bedeutet erst recht keine Gleichmacherei, sondern das bedeutet im ersten Schritt Respekt und Anerkennung für den gegensätzlichen Wert, für denjenigen, der mir entgegentritt und diesen Wert vertritt.

Ein Beispiel: Vertrauen versus Kontrolle

Nehmen wir als Beispiel den Klassiker Vertrauen versus Kontrolle.

Hinter Vertrauen als Wertehaltung steht die Einstellung, dass mir die gute Beziehung zu anderen Richtung wichtig ist und deshalb vertraue ich. Ich vertraue sogar im Vorschuss. Ich bin grundsätzlich bereit, anderen zu vertrauen.

Demgegenüber bedeutet Kontrolle, dass mir das gute und richtige Ergebnis wichtig ist, das ich durch Kontrolle sicherstelle. Damit begründet sich dann auch der allseits bekannte Spruch: Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist besser.

Kontrolle erscheint aber denjenigen, dem die Beziehung in erster Linie wichtig ist, wie

Überwachung und Misstrauen. Und das ist wiederum Gift für die Beziehung. Das ist eine sehr negative Sicht auf Kontrolle, die ich mit dem Wert Vertrauen haben kann und die auch häufig in Konflikten auftritt und eskaliert.

Wenn ich umgekehrt ein Verfechter des Wertes Kontrolle bin, sehe ich Vertrauen als etwas, das sich ausliefern und sich nicht verlassen können bedeutet.

Und diese Unsicherheit, die daraus entsteht, ist Gift für die Qualität und für mein Ergebnis

Sind das unvereinbare Aussagen?

Erstmal sind sie gegensätzlich. Die große Herausforderung besteht im ersten Schritt darin, die Werte des anderen zu erkennen und zu verstehen.

Wenn wir nicht vertrauen können, das habe ich in einer früheren Podcast-Folge etwas gründlicher beleuchtet, dann ist die Konsequenz, dass ich alles kontrollieren muss, was für mich in irgendeiner Form ergebnisrelevant ist.

Wenn ich Kontrolle nicht akzeptiere, wenn ich nur auf Vertrauen gehe, dann laufe ich tatsächlich Gefahr, enttäuscht zu werden und nicht das zu erreichen, was mir, möglicherweise auch von anderen Werten getrieben, wichtig ist.

Es gibt also durchaus Potential, die Werte des anderen zu erkennen und zu verstehen.

Vor allem aber braucht es eine genaue Kenntnis der eigenen Werte und wenn ich mir die bewusst gemacht habe, auch eine Kommunikation derselben. Das heißt allerdings nicht nur, dass wir darüber reden, sondern dass wir sie auch (vor)leben.

Wenn wir dazu durch unser eigenes Vorbild ermutigen, dann ist schon mal viel gewonnen, weil sich andere möglicherweise dadurch auch ermutigt fühlen.

Aber ganz wichtig ist, dass wir natürlich auch das Interesse für die anderen Werte zeigen müssen. Deshalb ist es wichtig, immer zuerst die Werte des anderen erkennen und verstehen. Und dann erst mit den eigenen Werten kommen.

Wenn wir jetzt aber Vertrauen und Kontrolle so sichtbar gemacht haben, dann ist das erst der Anfang.

Die gegensätzliche nützliche Sicht des anderen

Der nächste Schritt ist, wenn ich so sehr von meinem eignen Wert überzeugt bin, wahrzunehmen, dass darin auch das Risiko steckt, dass die eigene Werte-Haltung durch Übertreibung Gefahren birgt. Und das lernen wir am leichtesten, indem wir die gegensätzliche nützliche Sicht des anderen, seine Äußerung ernst nehmen und reflektieren, anstatt sie im ersten Moment zu bekämpfen, weil sie so konträr zu unserer eigenen Vorstellung ist.

Nehmen wir das Beispiel Disziplin.

Das ist sehr gefragter und weltweit sehr seltener Wert, wie verschiedene Erhebungen belegen. Wofür ist Disziplin gut? Ganz klar, Disziplin ist gut, um Dinge zu Ende zu bringen. Disziplin ist auch gut, um Strukturen einzuhalten und zu befolgen. Wer von Disziplin angetrieben ist, auf den kann man sich also verlassen. Disziplin ist eine ganz hervorragende Qualität für Sportler. Von Disziplin getriebene Menschen sind ausdauernd und erreichen leichter ihre Ziele aus dem eigenen Antrieb heraus.

Was ist jetzt die Übertreibung dieses Wertes?

Wer disziplinierte Menschen kennt, wird vielleicht auch schon erlebt haben, dass sie als Spaßbremse erlebt werden, dass sie gerne sich und andere überfordern, weil sie alles sehr ernst nehmen und zu einer gewissen Verbissenheit neigen.

Wer wird das so kritisch sehen?

Menschen, die vor allem den eigenen Spaß, die Freude für sich und andere im Vordergrund haben. Das könnte allerdings eine Haltung sein, die aus Sicht der Disziplin fatal ist, weil sie nur Vergnügungssucht und Beliebigkeit bedeutet. Wir machen einfach irgendwas, egal was dabei rauskommt. Hauptsache es macht Spaß.

Wir sehen hier, dass mit der negativen Auslegung der Werteorientierung, die Werte des anderen verletzt werden.

Ich will Spaß und Freude für alle haben und kriege vorgeworfen, ich sei vergnügungssüchtig. Was macht das mit mir? Ich fühle mich dann ganz sicher missachtet. Und der gegenüberliegende Wert oder der Vertreter dieses Werts, tritt meine Werte gerade mit Füßen.

Wenn wir die Perspektive umdrehen, was haben wir denn umgekehrt mit dem Disziplinierten gemacht? Wir haben ihn aus unserer Werterhaltung als Spaßbremse, verbissen und sich und andere überfordert beschrieben. Kein Wunder also, dass das, was wir gefühlt haben bei dem anderen genauso gesehen wird.

Und je nach Typ kommen zwei unterschiedliche Reaktionen bei so etwas heraus.

In der Regel müssen wir damit rechnen, dass wir entweder auf eine Abwehrhaltung treffen, die in Verschlossenheit und Rückzug münden kann.

Oder die Reaktion ist ein besonders starker Ausbruch in Form von Aggressivität.

Und die Folge ist etwas, woran niemandem, der für ein Team verantwortlich ist, gelegen sein kann. Die Motivation und die Energie der Teammitglieder gehen verloren. Verloren für die gemeinsame Sache, für das, was wir eigentlich erreichen wollen.

Wertschätzung ist die Basis für Vertrauen

Kommen wir zurück auf die Ausgangssituation: Veränderung oder Kontinuität?

Keine Wertschätzung zu üben, keine Wertschätzung im Team zu haben, bedeutet, keine Energie für Veränderung oder umgekehrt auch keine Energie für Kontinuität und Durchhalten zu haben. Beide Seiten stehen weit voneinander weg und ohne diese Energie kommen sie nicht aufeinander zu.

Mit Wertschätzung haben wir eine Basis für Vertrauen. Auf dieser Basis können wir kontroverse und konstruktive Auseinandersetzung über den Konfliktstoff, über das Problem führen und wenn wir das einmal miteinander erlebt haben, dann passiert das, was wir miteinander durch dick und dünn gehen nennen.

Wie erreichen wir das?

Indem wir uns selbst darin üben und auch andere dazu ermutigen, die positive Motivation hinter dem kritisch gesehen in Verhalten anderer anzuerkennen, wie in unseren Beispielen von Vertrauen und Kontrolle oder Disziplin und Spaß.

Wir haben damit einen vierten Schritt und der ist durchaus sehr anspruchsvoll.

Wenn wir es aber so machen, dass wir auch die positive Motivation in dem anderen erkennen, anerkennen und damit arbeiten, das vielleicht sogar als Entwicklungsfeld für uns selbst akzeptieren, dann werden Sie erleben das sich Türen zueinander öffnen. Das stärkt nämlich die Vertrauensbasis und macht eine Zusammenarbeit belastbarer.

In diesen Zeiten in denen so vieles so viel schneller läuft, in denen sich alles so schnell ändert und wir langsam Probleme kriegen, uns anzupassen und die Arbeitslast noch zu bewältigen, brauchen wir dringend diese Qualität in den Teams. Sie hilft Probleme zu lösen, sie erhöht die Problemlösungskompetenz in Teams.

Zusammenfassung

Die folgenden vier Schritte ermöglichen Ihnen Wertschätzung zu entwickeln.

  1. Erkennen Sie die Werte ihrer Kollegen oder Mitarbeiter und lernen Sie sie zu verstehen.
  2. Kennen Sie Ihre eigenen Werte, sein sich dieser Werte bewusst und kommunizieren Sie sie und leben Sie sie vor.
  3. Erkennen Sie, welche Gefahren die Übertreibung der eigenen Werte bringt und wozu das führt.
  4. Erkennen Sie an, dass hinter dem von Ihnen so kritisch gesehen im Verhalten eine positive Motivation steht und kommunizieren sie das auch.

Was denken Sie über Wertschätzung? Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht? Und worin sehen Sie die größte Herausforderung für sich selbst oder auch für Ihr Team?

Ich freue mich auf Ihre Fragen Kommentare und Anregungen an fragen@oliver-beyer.de oder direkt unter diesem Artikel.

Zum Abschluss wieder das inspirierende Zitat. Diesmal von Françoise Sagan:

„Man sieht selten, was Glück ist. Aber man weiß meistens, was Glück war.“

 

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02 – 5 Wege Vertrauen im Team zu schaffen

02 – 5 Wege Vertrauen im Team zu schaffen

Heute geht es darum Vertrauen im Team zu schaffen. In einem meiner ersten Projekte hatte ich das große Vergnügen, an einem spannenden Führungskräfteprogramm teilzunehmen.Und bei der Vorstellung der Gruppe – es handelte sich um ein sogenanntes Führungskräfte Basisprogramm – kam die erste Überraschung. Meine Teilnehmer in dieser Gruppe hatten einen Altersdurchschnitt über 50. Das hatte ich mir ehrlich gesagt nicht so vorgestellt bei einem Basisprogramm.

Aber ich bin so wie üblich und im Programm vorgesehen in die Gruppe gestartet mit der Frage: „Wie läuft’s denn in Ihrem Team in der Führung?“ Und da hat man sich sehr zufrieden gezeigt. „Eigentlich ganz gut.“ hieß es da, „Wir haben eine offene Arbeitsatmosphäre, die Leute wissen, was sie zu tun haben. Aber man hat ja immer so seine Pappenheimer.“ „Moment, Pappenheimer? Was meinen Sie denn damit?“ „Ja das sind so Leute, die schlurfen halt so über den Hof, machen ihren Dienst nach Vorschrift haben so ihre Marotten und Defizite.“ Und meine Frage war dann: „Warum glauben Sie, verhalten die sich so?“ Schulterzucken. Nächste Frage: „Was ist denn diesen Mitarbeitern an ihrer Arbeit wichtig? Warum könnten die Spaß an ihrer Arbeit haben? Was könnte deren Motivation sein?“ Es stellte sich heraus, dass über solche Fragen in der Regel nicht geredet wurde. Sie konnten zwar Probleme erklären, aber Fehler, die passieren, da wurde nicht offen drüber geredet. So etwas wird nicht angesprochen. Diese Mitarbeiter fragen auch nicht, Hilfe nehmen sie nicht an. Stattdessen hat man viele Beobachtungen machen können, wie die Fehler kaschiert werden durch diese sogenannten Marotten und Verhaltensweisen. Vielleicht sogar bis hin zu Vertuschungsversuchen. Man verbirgt eher, was nicht so richtig gut läuft. Wenn noch irgendwas angesprochen wird, dann hat man immer gute Erklärungen. Dieses Bild ist recht typisch für Teams die nicht ihr volles Leistungspotenzial entfalten. Patrick Lencioni, ein amerikanischer Autor, hat ein schönes Buch dazu geschrieben, in dem er fünf Dysfunktionen eines Teams benennt. Und das Bild, das sich hier zeigt, ist sehr typisch für die erste Dysfunktion, die er beschreibt: fehlendes Vertrauen. Wichtig: Vertrauen ist ein Begriff, der viel ge- und vielleicht auch missbraucht wird. Patrick Lencioni macht in seinem Ansatz ganz klar: es geht nicht um „Friede Freude Eierkuchen“ und irgendwelche künstliche Harmonie im Team. Und das halte ich für ganz wichtig. Denn viele Teams, die ich kennenlerne, die ich danach frage: „Wie steht’s denn in eurem Team eigentlich um das Vertrauen?“ sagen ganz selbstbewusst und voller Überzeugung_ „Das ist bei uns überhaupt kein Thema. Wir können uns aufeinander verlassen. Patrick Lencioni meint allerdings einen Faktor der noch etwas kritischer betrachtet werden kann. Er sagt, Vertrauen im Team bedeutet, dass ich davon ausgehen darf – und das auch tue – dass die Absichten der anderen positiv sind. Alle im Team tun, was sie tun, aus einer positiven Motivation, weil sie etwas erreichen wollen. Aus dieser Haltung heraus kann ich mich in diesem Thema wohlfühlen, kann offen sein und muss nicht immer auf „Nummer sicher“ gehen. Was ich als Haltung häufig höre: Vertrauen ist gut… Und vielleicht ist Ihnen jetzt auch in den Sinn gekommen, das fortzuführen, was ich auch so häufig höre: „… Kontrolle ist besser! Vertrauenswürdigkeit muss erst unter Beweis gestellt werden.“ Das heißt eigentlich: das Gegenteil von Vertrauen wird bevorzugt. Daraus bilden sich Verhaltensweisen aus die zum Vertrauensverlust führen weil wir uns eher kontrolliert und dann vielleicht sogar potentiell angegriffen fühlen. Wenn so ein Erleben im Team vorhanden ist, dann entwickelt sich schnell ein Schutzverhalten und ein Rückzug aus einer sonst möglicherweise offenen Zusammenarbeit, um sich vor Vorwürfen und vor persönlicher Abwertung zu schützen (Wir sind ja doch alle immer auf der Suche nach Wertschätzung und Anerkennung) und vor möglichen Sanktionen, Strafen, Kürzungen keine Ahnung was sonst noch so an Ideen im „Sanktionskoffer“ von Führungskräften oder von Unternehmen vorhanden ist. Dieses Verhalten ist Schutz und Rückzugsverhalten. Es bindet Ressourcen, Zeit und Geld. Ich muss ja mehr kontrollieren. Finde auch keine kostensparenden Wege. Das bremst Produktivität. Man kann sich ja leicht vorstellen: dieser schlurfende Mitarbeiter, der als Beispiel genannt worden ist, arbeitet nicht so zackig und zügig, wie man es von jemandem, der engagiert ist, erwarten könnte. Unter dem Strich kostet es sehr viel Geld, wenn wir mit unserem Verhalten anderen gegenüber diese Muster bevorzugen oder entwickeln. Stephen M.R. Covey stellt in seienem Buch „Schnelligkeit durch Vertrauen“ die Behauptung auf das Vertrauen ein messbarer ökonomischer Faktor ist. Er vertritt die These, dass Vertrauen im Team Effizienz steigert und Kosten senkt. Und das passt auch zu der Beschreibung von Patrick Lencioni, der sagt: ein Team, das sich gegenseitig vertraut, kann davon ausgehen,

  • dass Schwächen nicht ausgenutzt werden,
  • dass ich alle gut aufgehoben fühlen,
  • dass sich alle auf ihre Aufgaben konzentrieren können,
  • dass man eine konstruktive Feedbackkultur pflegt und
  • dass jeder den Mut hat, um Hilfe zu bitten.

Jeder hat in einem solchen vertrauensvollen Team, das eben nicht unter der Dysfunktion „Fehlendes Vertrauen“ leidet, Verständnis für den anderen.

Egal ob ich es von der ökonomischen Seite oder vom Miteinander her betrachte: es ist wünschenswert, Vertrauen als eine verlässliche Grundlage für eine gute Teamleistung zu haben. Und deshalb stelle ich gerne fünf Wege vor, wie Vertrauen aufgebaut und nachhaltig gesichert werden kann.

Weg Nummer 1: Geben Sie Persönliches Preis
Was ist damit gemeint? Sie sollen nicht Ihr Innerstes nach außen kehren und ihr Privatleben in einer epischen Breite präsentieren. Aber es ist schon ein interessanter Punkt, was Sie mögen oder was Sie gar nicht leiden können, weil es sie persönlich charakterisiert. Allerdings auch sehr hilfreich dazu zu sagen, warum Sie bestimmte Dinge nicht leiden können. Dahinter steckt meist, dass ein eigener Wert verletzt wird. Aber auch was machen Sie gerne und was nicht, charakterisiert. Man hat ja nicht alles gleich gern in seinen Aufgaben, hat so seine Favoriten und die Dinge die eher unangenehmen sind. Das hängt damit zusammen, wohin wir glauben gut zu sein – oder eben doch nicht so gut zu sein. Was sind Schwächen und was sind Stärken in der eigenen Person? Vielleicht erinnern Sie sich an das ein oder andere Vorstellungsgespräch, dass Sie absolvieren durften, dass üblicherweise auch nach Stärken und Schwächen gefragt wird. Und das ist in den meisten Fällen – zumindest habe ich das in der Praxis so gehandhabt – nicht dazu gedacht, jemanden bloßzustellen auf der Seiten der Schwächen, oder zu prüfen ob Sie ein Angeber sind. Sondern eher die Frage, wie bewusst man sich ist über das was man gut kann und was man nicht so gut kann und welche Konsequenzen man daraus ableitet. Eine Schwäche so darzustellen, als wäre es eigentlich gar keine Schwäche, ist dabei nicht hilfreich. Aber eine Schwäche darzustellen und gleichzeitig dazu zu sagen, wie man damit umgeht damit sie einem nicht gefährlich wird, macht doch sehr viel sichtbarer oder nachvollziehbarer, warum jemand in einer bestimmten Weise kommuniziert oder handelt oder auch seine Entscheidungen trifft. Und dadurch wird viel leichter das erkennbar, was wir in Lencionis Vertrauensdefinition wiederfinden: wohin die guten die positiven Absichten also die Motivation von jemandem also von Ihnen oder von mir besteht. Hatten Sie also damit nicht hinterm Berg, was sie persönlich charakterisiert, sondern lassen Sie es erkennen. Es macht sie einfach nachvollziehbar.

Weg Nummer 2: Gehen sie offen und konstruktiv mit Fehlern um.
Stehen sie vor allem auch zu ihren eigenen Fehlern, die sie machen. Das bezieht sich auch auf den Umgang mit Schwächen, wie soeben beschrieben. Aber es geht um tatsächliche Fehler, die Sie machen, und die Entscheidungen, die Sie treffen. Klar, keiner wünscht sich Fehler. Damit auf die Werbung zu gehen und zu kokettieren ist sicherlich nicht angebracht, aber: Fehler haben auch etwas Positives. Sie bieten die Gelegenheit zu lernen. Und in ganz extremen Fällen sind Fehler sogar die Grundlage für Innovationen und neue Produkte gewesen oder haben neue Wege eröffnet. So sollen die berühmten Post-Its von 3M eigentlich eine Fehlentwicklung eines ganz anderen Produktes gewesen sein. Und angesichts dieser Erfolgsgeschichte müsste man sich ja fast fragen, ob man nicht mehr Fehler so für wünschenswert hält. Aber natürlich sind Fehler vermeidenswert. Insbesondere in qualitäts- oder sicherheitsrelevanten Bereichen dürfen eigentlich keine Fehler passieren. Trotzdem passieren sie. Im Umgang mit ihnen liegt das Potential. Behandeln Sie Fehler so, dass Sie akzeptieren, dass sie aufgetreten sind – ohne sie gutzuheißen – aber dann darauf hinarbeiten, die Fehler in Zukunft zu vermeiden, anstatt erst einmal „Schwarzer Peter“ zu spielen. Da gehen Schuldzuweisungen durch den Raum. Man sucht denjenigen, an dem man das ganze fest machen kann und dabei wird Vertrauen zerstört. Schulzuweisungen liefern dabei gar keinen Beitrag zur Problemlösung, außer dass ich denjenigen identifizieren könnte, den ich dafür zuständig sehe. Aber damit aktiviere ich nicht das Potential im Team zur Problemlösung. Besser ist die Fragestellung: „Was brauchen wir? Was können wir tun, um den Fehler abzustellen oder in Zukunft zu vermeiden“ Sobald ich die Frage in diese Richtung lenke, habe ich eine Chance, dass die Offenheit im Team wächst, Probleme auch früh fertig anzusprechen und um Unterstützung anzufragen. Wir erinnern uns an die Führungssituation eingangs: diese Art der Offenheit hatte ganz offensichtlich nicht geherrscht. Und das, was meine Führungskräfte dann auch beim tieferen Betrachten ihrer Führungssituationen und im Gespräch mit Ihrem Mitarbeiter herausgefunden haben, war dass die in bestimmten Situation einfach nur „Frust geschoben haben“, weil sie ihre Probleme nicht lösen konnten und einfach nicht die Offenheit gespürt haben, dass sie irgendwoher Unterstützung und Verständnis bekommen könnten. Die haben sich eher geschämt, dass sie nicht in der Lage waren das Problem zu lösen. Und dabei gibt es ja eine Unzahl von Problemen, die wir nicht alleine lösen können, sondern nur arbeitsteilig im Team. Also brauchen wir diese Offenheit!

Weg Nummer 3: Erst verstehen, dann verstanden werden
Von Stephen Cover (dem Vater des schon erwähnten) stammt dieser Grundsatz als Teil der sieben Wege zur Effektivität. Ich bekomme häufig in, (Kommunikations-) Trainings die Frage gestellt: „Wie kann ich mein Gegenüber dazu bringen, dass er meiner Meinung zustimmt? Dass er tut, was ich von ihm erwarte?“ Entsprechend der Offenheit aus dem Weg Nummer 1 empfehle ich an der Stelle auch genau diese Offenheit bei diesen anderen erst einmal zu fördern. Und das heißt, nicht zuerst mit meinem Thema zu kommen, sondern Interesse am anderen zu zeigen. wir arbeiten häufig mit Persönlichkeitsmodellen. Sie dienen uns dazu, sich selbst zu verstehen. Und häufig schauen wir dann auf Konstellationen, in denen sehr unterschiedliche Profile aufeinander treffen. Die Versuchung ist groß, dass man dann schnell erklärt, warum es mit dem einen und dem anderen nicht klappt, anstatt sich zu fragen: „Was braucht eigentlich diese Andersartigkeit bei dem anderen? Wie können wir gut zusammen kommen?“
Und wir beobachten dabei auch häufig, das diese Erklärung, wie der andere ist, sehr schnell gefunden wird, ohne dass man ihn überhaupt gefragt hat und ihm richtig zugehört hat. „Erst verstehen, dann verstanden werden.“ heißt Fragen stellen. Denjenigen befragen, den wir nicht verstehen, von dem wir etwas wollen: „Was ist ihm wichtig?“ Zuhören und reflektieren was wir da hören. Das ist vor allem wertvoll bei Kritik, die aufkommt. Kritische Bemerkungen können Personen betreffen aber auch pures „Gemeckere“ sein, was im ersten Moment unkonstruktiv wirkt. Aber sobald mich interessiert, wieso derjenige eigentlich meckert, sollte ihn fragen anstatt mir das selber zu erklären. Dasselbe gilt für Konflikte und für alles, was wir so überraschend oder unerklärlich im Verhalten von anderen finden. Je stärker andere sich angesprochen fühlen – im Sinne von „da interessiert sich jemand für mich, für meine Motive und Beweggründe“ – desto mehr wächst die Bereitschaft, sich aufeinander einzulassen. Und als schöner Nebeneffekt, wenn diese Offenheit dann stattfindet und wir unterschiedliche Werte, Stärken und Schwächen aufdecken, wird es auf einmal zum Kinderspiel, sehr viel leichter jedenfalls, Aufgaben aufzuteilen, und zwar so dass jeder das macht, was ihm am ehesten entspricht.

Weg Nummer 4: Walk your Talk
Sorgen Sie für Übereinstimmung von Reden und Handeln. Das Beispiel hierfür stammt auch wieder aus meinem Seminaralltag: wir fragen am Anfang grundsätzlich ab: „Was ist mir wichtig in dem Seminar? „Was soll in den Tagen, die wir gemeinsam verbringen, stattfinden oder wäre eine wichtige Grundlage für eine gute Zusammenarbeit?“ Darauf kommt mit Regelmäßigkeit „ehrlicher Umgang miteinander“, „Offenheit für andere“ und „Offenheit für das Thema“. Das ist ja erst einmal sehr erfreulich. Da freuen wir Trainer uns sehr, wenn man Offenheit für das Thema mitbringt und vor allen Dingen auch Offenheit im Sinne von ich sage ehrlich etwas zu dem, was ich da höre. dann kann man nämlich gut drauf eingehen und damit umgehen. Was wir dann leider sehr häufig erleben, ist ein Verhalten, das diesen Äußerungen so gar nicht zu entsprechen scheint. Meinungen werden hinterm Berg gehalten. Das merken wir dann am letzten Tag in einem Feedback, das vielleicht schon zwischendurch hätte gegeben werden können und uns vor einigen die Möglichkeit gegeben hätte, auf Kritik und Bedürfnisse einzugehen, gegebenenfalls Programmpunkte anzupassen. Aber auch untereinander in Teams wird nicht offen und ehrlich gesprochen. Aus Gründen zwar, aber wir sehen: da sagt jemand, er will Ehrlichkeit und Offenheit, und verhält sich selber nicht ehrlich und offen. Was passiert? So ein abweichendes Verhalten, etwas anderes zu tun als man sagt, ist Gift für Vertrauensaufbau. Es erzeugt Skepsis und Zurückhaltung. Besser lassen sie Ihre Handlungen und Entscheidung an Ihren Aussagen messen. Jemanden, der sagt „Ich will Ehrlichkeit und Offenheit im Seminar“, fordern wir auch auf zu liefern, ehrlich und offen zu sein. Und wenn Sie das zum Grundsatz ihres eigenen Handelns machen, werden sie schnell feststellen, dass sich eine verlässliche Vertrauensbasis bildet. Sie werden ernst genommen. Man erkennt ihre Integrität und ihr Vertrauen. Das Vertrauen in ihre Person wächst. Wenn Sie sagen, dass Sie verstehen wollen, dann hören sie zu und widerstehen der Versuchung, dem Gegenüber mit „ja aber“ dann doch von Ihrem Standpunkt zu überzeugen, anstatt wirklich zu sagen: „Ich will verstehen, und ich mach erst weiter, wenn mein Gegenüber auch gemerkt hat dass ich ihn verstanden habe.

Weg Nummer 5: Halten sie ihre Zusagen und Versprechen ein
Vielleicht eine Selbstverständlichkeit, werden sie denken. Aber wir hören in unserer Arbeit mit Teams: „Die Commitments werden nicht eingehalten, obwohl es ausdrücklich gegenseitig vereinbart war.“, wenn es darum geht was läuft nicht so richtig. Z.B. Terminvereinbarung: da wird in einem Maschinenbauunternehmen für eine Anlage eine Teileliste disponiert. Die werden bestellt und dann kommen Lieferzeiten rein. Das ganze wird in eine Datenbank eingetragen und dann steht da Termine. Die hat der Einkauf der Produktion zugesagt: Dann habt ihr die Teile!“ Und was passiert in der Praxis häufig? der Lieferant ist säumig. Und das war vielleicht sogar absehbar. Man hat es nur nicht so richtig verfolgt und die eingegebenen Daten angepasst. Seitens einer Produktion, die mit diesen Daten arbeiten soll, oder eines Managements, das sich auf solche Aussagen von Liefertermin verlassen will und muss, wird das natürlich sehr kritisch gesehen. Wenn das wiederholt passiert, vertraut irgendwann niemand mehr auf Terminzusagen. Und auch wenn es Gründe gibt, das Vertrauen geht erst einmal verloren. Es sei denn, Sie machen sich ein paar Grundsätze zu eigen, die Ihnen ermöglichen, Ihre Zusagen und Versprechen einzuhalten. Das beginnt damit, solche Termine bzw. Zusagen vorausschauend geplant werden. Dass Sie mögliche Probleme im Voraus identifizieren und abschätzen. Im Zweifel sagen Sie öfter mal „Nein“. Damit haben manche Menschen Probleme, denn „nein“ bedeutet Zurückweisung des anderen oder eine Respektlosigkeit. Und das kann man doch nicht machen, oder? Also versucht man es doch lieber wenigstens. Das Problem mit dem „ja“ ist allerdings, dass ich zu dem hinterher nicht stehen kann, was in vielen Fällen absehbar war, Damit enttäusche ich viel mehr als ich mit einem klaren „nein“ als Schaden hätte verursachen können. Denn jedes „nein“ bedeutet letztlich auch ein „ja“, z.B. zu Ihrer Glaubwürdigkeit, die Vertrauen stützt. Stattdessen sollten Sie mutig sein und Probleme frühzeitig adressieren.
Wenn es doch einmal zu einer Zusage gekommen ist und absehbar wird, dass sie nicht eingehalten werden kann, dann sollten Sie Überraschungen vermeiden und frühzeitig in die Kommunikation gehen. Machen Sie klar: „Das war zwar der ursprüngliche Erwartungswert. Er kann aber aus Gründen nicht eingehalten werden. Die Planungen müssen angepasst werden. Man kann sich dann so früh wie möglich darauf einstellen was die Konsequenzen sind. Diese Nichteinhaltung aber bitte nicht einfach nur erklären warum, sondern immer in die Lösungsorientierung gehen und das Problem nicht abschieben. Ich fasse noch mal zusammen:

5 Wege um Vertrauen aufzubauen
1. Seien Sie offen und geben sie auch mal Persönliches Preis.
2. Stehen Sie zu Fehlern und zeigen Sie, wie Sie daraus lernen.
3. Erst verstehen dann verstanden werden.
4. Walk your Talk: leben sie ihre Werte vor und seien Sie in diesem Sinne Vorbild.
5. Machen sie Zusagen und Versprechen mit Bedacht und halten Sie sie ein.

Welche Erfahrung haben Sie gemacht, was Vertrauen schafft und erhält? Welcher Weg ist besonders interessant, wichtig oder auch herausfordernd für Sie? Was beschäftigt sie in diesem Thema? Ich freue mich auf Ihre Fragen Kommentare und Anregungen an fragen@oliver-beyer.de oder direkt unter diesem Artikel.

Und zum Schluss noch das inspirierende Zitat, diesmal von Erich Kästner
„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“

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