16 – Interview Beate Hagedorn

16 – Interview Beate Hagedorn

Führen(d) mit Persönlichkeit

Interview mit Beate Hagedorn

Heute sitzt bei mir meine liebe Kollegin und Freundin Beate Hagedorn, der ich viel zu verdanken habe. Vor allen Dingen in meiner Anfangszeit als selbständiger Trainer hatte ich, dank ihr, die Gelegenheit in einigen sehr interessanten Großprojekten mitzuarbeiten und unfassbar viel zu lernen. Beate ist zertifizierte Business Trainerin, Coach und Beraterin.

Sie ist Gallup zertifizierter Stärken-Coach und sie ist ausgebildete Keynote-Speakerin. Ihre frisch erneuerte Website verlinken wir natürlich, für weitere Infos, in den Shownotes.
Herzlich Willkommen Beate. Schön, dass du da bist.“
Beate Hagedorn: „Hallo Oliver, grüß dich.“

Spezialisierung von Beate Hagedorn

Oliver Beyer: „Beate, dein Thema ist Personalleadership. Wie bist du zu diesem Thema, zu diesem Schwerpunkt, in dem du arbeitest, gekommen?“

Beate Hagedorn: „Ich glaube in Leadership steckt ja das Wort „Führung“ und das hat mich eigentlich schon in meinem Studium fasziniert und war schon Prüfungsthema in meinem Examen. Mir war schon früh klar, ich möchte Führungskraft werden. Ich habe nach meinem Studium ein klassisches Marketing-Vertriebs-Traineeprogramm absolviert und habe sehr viele unterschiedliche Unternehmenskulturen erlebt. Dann habe ich im Alter von Anfang 30 disziplinarische Führungsverantwortung bekommen. Und fortan war ich dann Führungskraft.“

Oliver Beyer: „Okay, dass muss dir etwas gegeben haben, weil du hast das heute immer noch als Thema und sogar im Kern deiner Tätigkeit.“

Beate Hagedorn: „Auf der einen Seite fasziniert mich die Zusammenarbeit mit Menschen, überhaupt mit Menschen zusammenzuarbeiten und im unternehmerischen Kontext ist das, obwohl, es klingt eigentlich viel zu technisch, die wichtigste Ressource, die wichtigste Quelle von Erfolg, die Unternehmen haben können. Menschen individuell abzuholen oder mit denen in einer Art und Weise zusammenzuarbeiten, dass sie ihr volles Potenzial entwickeln können und sich dabei auch wirklich selbst verwirklichen können, hat mich immer schon fasziniert.“

Persönliche Erfahrungswerte als erfolgreiche Führungskraft

 

Oliver Beyer: „Du hast ja heute als Trainerin Erfolge. Wie bist du als Führungskraft erfolgreich geworden?“

Beate Hagedorn: „Ich glaube ein Thema liegt auch selber in meinen eigenen Talenten. Die Talentkombination, die ich habe, und auch damit verbunden, mein Anspruch, dass große Ganze zu sehen. Die Wirkzusammenhänge, die da sind in der Führungsarbeit. Führungsarbeit ist wahnsinnig komplex und gerade heute im digitalen Wandel, wo Entwicklungsprozesse, Veränderungsprozesse sich immer schneller vollziehen. Es ist wahnsinnig wichtig das Ruder in der Hand zu behalten, in dieser stürmischen See und eben nicht sich überrollen zu lassen, von irgendwelchen Tsunamis, von irgendwelchen Wellen, sondern ganz bewusst zu erahnen, was auf einen zukommt und die ganzen Zusammenhänge frühzeitig zu erkennen. Nicht darauf zu reagieren, sondern im Vorfeld gerüstet zu sein und ich glaube diese ganzheitliche Sichtweise, die hat mich dann auch in meiner Führungsarbeit geprägt.“

Zeitdruck als Qualitätskiller

Oliver Beyer: „Viele Führungskräfte, die ich kennengelernt habe, denen täten das eigentlich Not diese Sichtweise mal zu erkennen in ihrer Notwendigkeit und ihre Bedeutungen. Wie sind deine Erfahrungen ?“

Beate Hagedorn: „Tatsächlich im Moment empfinde ich auch in meiner Arbeit als Coach, dass gerade die Häufigkeit und die Schnelligkeit einzelner Veränderungsprozesse sehr viel mit den Menschen macht. Auch wenn man sich Statistiken anguckt, die Zahl von Erschöpfungszuständen, Burnouts, oder ich erlebe auch, wenn ich in Unternehmen reinkomme, dass die Menschen sogar anders atmen, weil da ein unheimliches Tempo dahinter ist. Getrieben sein von einem Meeting ins nächste zu hetzen, dass dann schon im Sinne von zu spät sein, weil das eine Meeting noch nicht abgeschlossen oder überzogen wurde, man sich auf das nächste gar nicht vorbereiten konnte, weder Agenda angucken, noch genau schauen, was ist meine Rolle in dem Thema. Ja und insofern auch was die Themen Effektivität und Effizienz anbelangt, sowie Work-Life-Balance. Also auf die eigenen Ressourcen achten. Zu schauen, wie anstrengend ist das jetzt für mich oder ist es noch gut für mich. Ich empfinde das teilweise als Disbalance.“

Von der Führungskraft zur Trainerin

Oliver Beyer: „Jetzt hast du ja, wie ich auch, wie die meisten guten Trainer, die ich so kenne, eine berufliche Vergangenheit, die vor deinem Trainer Dasein da war?

Wie ist es dazu gekommen, dass du aus deiner Führungskarriere den Switch zum Trainer, zu der Trainerlaufbahn gemacht hast?“

Beate Hagedorn: „Mir hat meine Führungsrolle in Unternehmen immer wahnsinnig viel Spaß gemacht und ich habe mir auch nach oben keine Grenzen gesetzt. Ich wollte es mir auch beweisen, dass ich ganz oben mitmischen kann. Ich bin auch wirklich stolz drauf, dass ich es bis auf die Vorstandsebene geschafft habe in einem internationalen Kontext, auch aus dem deutschen System heraus in Brüssel gearbeitet habe und dafür den Bereich EMEA Brand-Marketing-Management in der Vorstandsfunktion verantwortlich war, was ich wahnsinnig spannend fand. Internationalität, Multikulti, die unterschiedlichsten Persönlichkeiten und dann noch mit dem unterschiedlichen kulturellen Hintergrund.

Diese Menschen, diese Potenziale zusammenzubringen, das hat wahnsinnig Spaß gemacht. Kann ich gar nicht anders sagen. Natürlich zahlt man auch einen Preis. Ich habe sehr viel investiert, vielleicht auch in der Rolle als Frau auf dieser Ebene. Wenn man sich Statistiken anguckt wie da die Verteilung ist, im Vergleich zu vor 10 – 15 Jahren, wo es auch noch bisschen anders aussah, bin ich da sehr stolz.

Der Preis war auch relativ hoch. Bei mir waren es einige persönliche Erlebnisse, die auch einschneidend waren. Zum Beispiel der Verlust, der Tod meiner Schwester, die mit 49 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls verstorben ist. Der einen vielleicht auch noch mal sensibilisiert hat zu gucken, so schön das ist und so viel Spaß das auch macht, es gibt auch noch andere Bereiche im Leben. Der war mein heutiger Mann. Wir haben uns in Osnabrück kennengelernt und allein die Situation, dass er jedes Wochenende eine Strecke von 450 km gefahren ist, hat ein Umdenken auch noch mal erforderlich gemacht, im Sinne von, wie organisieren wir uns jetzt.“

Oliver Beyer: „Das heißt, der Anlass selber war eigentlich nicht den Beruf aufgeben zu wollen oder bewusst auf das Trainer-Dasein zuzusteuern, sondern da war noch mal ein äußerer Anlass.“
Beate Hagedorn: „Jaein, das waren 2 Punkte. Es war schon immer so, dass, wenn ich selbst an Trainings teilgenommen habe, habe ich immer neidisch zu den Trainern geguckt. Auch in meiner Marketingvertriebsfunktion, habe ich unteranderem Vertriebsschulung gehalten, das hat mir auch immer viel Freude bereitet. Während meine anderen Kollegen aus dem Produktmanagement teilweise Sorge hatten, dass sie vom Vertrieb demontiert wurden. Fand ich das immer eine tolle Herausforderung, dem Vertrieb genau das zu geben, was er brauchte, damit sie erfolgreich sein konnten. Da diese echte Zusammenarbeit, auch dieses Team, wo wir vielleicht bei deinem Thema sind, erfolgreich macht. Um letztendlich nicht nur, jeder Abteilung, sondern die Abteilung als Team gemeinsam einen unternehmerischen Mehrwert kreiert. Wo der Mehrwert des Unternehmens nicht nur der Gewinn ist, wie börsenorientierte Unternehmen, die klassische double-digit-growth oder dergleichen,  sondern Mehrwert für die Gesellschaft, sodass der Endverbraucher tatsächlich einen Nutzen hat und somit auch die Unternehmung eine Existenzberechtigung. Und dies dann im Vergleich mit Markt, mit Wettbewerb oder im Markt in welchen Märkten man arbeitet. Ich habe da wieder diese Ganzheitlichkeit gesehen und die große integrative Verantwortung, die Führungskräfte haben.“

Oliver Beyer: „Und dafür gab es offensichtlich auch einen Markt für Trainer, wenn ich mir angucke, du bist heute erfolgreich für mehrere große Konzerne, in der Vergangenheit schon, da, wo wir zusammengearbeitet haben, tätig gewesen. Auch deine jetzigen Kunden haben offensichtlich ein Interesse daran ihre Führungskräfte in diese Sichtweise einzuführen. Anders könnte ich mir jetzt diese Popularität, den Erfolg schwerlich erklären.“
Beate Hagedorn: „Jetzt werde ich ein bisschen rot, weil Popularität- weiß nicht ob, dass wirklich populär ist. Allerdings glaube ich tatsächlich, der Erfolg, den ich habe, der ist zurückzuführen darauf, dass Unternehmen und auch die Führungskräfte mit denen ich zusammenarbeite, vielleicht auch die Relevanz erkannt haben wie wichtig es ist, A, diese ganzheitliche Denke bewusst wahrnehmen zu können und auch zu müssen, und auf der anderen Seite auch, meine Vorteile im Sinne von „ich habe es 20 Jahre selber gemacht, ich weiß wovon ich rede, ich komme aus der Praxis, für die Praxis“ und ich habe, glaube ich, noch ein ganz anderes tolles Talent, dass ich es schaffe auch sehr komplexe Sachverhalte für die Menschen mit denen ich zusammenarbeite, leicht nachvollziehbar, eingängig und merkfähig, durch interaktive Zusammenarbeit aufzulösen oder greifbar, fühlbar und spürbar zu machen.“

 

Persönlichkeitsmodelle: Wie sich nicht nur die Selbstwahrnehmung ändert, sondern die Stärke des Teams ganz neu entdeckt werden kann

 

Oliver Beyer: „Jetzt hast du ja schon mehrmals in dem Gespräch den Begriff der Talente erwähnt und nachdem ich das auch ein sehr faszinierendes, sehr wertvolles Thema finde, mit dem ich auch schon viel gearbeitet habe. Magst du vielleicht unseren Zuhörern ein bisschen was über diese Talente Thema erzählen?“

Beate Hagedorn: „Ja ich weiß gar nicht genau wie ich draufgekommen bin, aber die Frage, die mich auch in meiner Führungsrolle immer berührt hat, war „bin ich eigentlich wirklich eine gute Führungskraft, was brauche ich eigentlich noch alles, um eine gute Führungskraft zu sein?“ Und ich war eigentlich immer auf der Suche nach entsprechenden Möglichkeiten. Als Führungskraft setzt man sich natürlich mit allen möglichen Persönlichkeitsmodellen auseinander. Hoffentlich. Macht vielleicht nicht jeder, oder manche haben vielleicht immer noch Scheu davor. Ich tatsächlich durfte, so würde ich das bezeichnen, schon früh erste Tests machen. Wie Hbdi, Mbti.
Was ich immer erlebt habe, wenn ich mit Menschen zusammengearbeitet habe, dass die größte Hürde eigentlich ist das Gefühl zu haben in eine Schublade gesteckt zu werden. Das man stigmatisiert wird, dass man ein roter, blauer oder gelber Typ ist. Vielleicht mit ein bisschen Rosa Anteilen aber im Prinzip Schublade auf, Mensch rein und Schublade zu. Was auch in vielen Unternehmen tatsächlich, auch, weil Instrumente oftmals missbraucht worden sind, möglicherweise dann zu sehr negativen Geschmäckle bei Menschen führte. Insofern war mir wichtig dem Individuum gerecht zu werden und ich war wirklich auf der Suche nach Instrumenten, die das ermöglichen. Wo halt eben nicht nur vier Farben Sixteen-Fault-Modell oder 8 Farben oder dergleichen da sind, sondern wirklich die Individualität da ist. Da bin ich eines Tages dann auf den Gallup-Strength-Finder oder Clifton-Strength-Finder gestoßen.

Jedes Instrument hat sicherlich seine Existenzberechtigung, ist gut und wertvoll, man muss bloß schauen, was ich womit genau erziehen kann. Und da erlebe ich, dass der Clifton-Strength-Finder insofern toll und sinnvoll ist, weil die Wahrscheinlichkeit, nur die Arbeit mit 34-Talentthemen zusammen, welche Cluster von einzelnen Talenten sind, ähnlich gelagerte Talente. Jeder Mensch hat Top Talente. Die Wahrscheinlichkeit, dass du jemand triffst, der deine Top 5 Talente in der gleichen Reihenfolge hat, wie du, ist 1 zu 33 Millionen.“

 

In einer Maschine spielt die Stärke jedes einzelnen Zahnrads eine wichtige Rolle…

 

Oliver Beyer: „Das fand ich auch immer sehr, sehr interessant. An genau diesem Modell, dass die Individualität, der betreffenden Personen durch dieses, wir haben ja meistens mit den Top-5 Talenten gearbeitet, dieses Profil sehr, sehr schön zum Ausdruck kam. Und das selbst wenn Ähnlichkeiten bestanden haben, man doch in dieser Kombination erkennen konnte wie sich Menschen dann doch unterscheiden, dass sie eben nicht in ein und dieselbe Schublade, sei sie nun gelb, grün, rot oder blau, gesteckt worden sind. Sondern, dass man da sehr viel differenzierter sehen konnte, worin sich Menschen unterscheiden und vor allen Dingen, und dies finde ich den zweiten sehr, sehr interessanten Aspekt, wenn sie gut sind oder gut sein können.“
Beate Hagedorn: „Absolut, ja. Und das ist noch das wichtigere Kriterium finde ich, wenn man wirklich mit Talenten arbeitet und die, die wichtigste Ressource für den Menschen sind. Auch, wenn man sich die ältere Personalpolitik anguckt. Ging es hier oft darum, auch das erlebe ich heute noch in 360 Grad Feedbacks und dergleichen, dass man schaut, wo steht der Mitarbeiter, worin ist er gut, prima, fein. Gucken wir uns mal seine Schwächen an und fixen diese an.

Man weiß aber, dass wirkliche Höchstleistung tatsächlich aus der Förderung der Stärkung passiert, wenn die aber schon auf einem sehr guten, vielleicht überdurchschnittlichen Niveau sind, dann wird dort selten weiter geschult oder weiter trainiert oder die werden nicht weiterentwickelt. Dieses Bewusstsein zu schaffen, halt eben nicht permanent, gegen das anzukämpfen, was man vielleicht nicht so gut kann, statt vielmehr das zu aktivieren, worin man gut ist und auch da ist man bunt. Diese zu nutzen, zu gucken, was kann ich damit machen und dieses Bewusstsein, wenn ich weiß, dass ich stark bin, wenn ich dann irgendwann merke nur das ist eine Schwäche, dass mir irgendein Talent möglicherweise fehlt, was ich für eine spezifische Tätigkeit für eine spezifische Herausforderung brauche, dann kann ich das so schnell erkennen. Dieses Bewusstsein, und dann kann ich mir Hilfesysteme oder Partnerschaften heranziehen.“

Oliver Beyer: „Ja da wären wir dann bei dem Thema „Team“, was ich auch noch dazu sagen möchte aus meiner Vergangenheit als Personaler. Gott sei Dank erlebe ich immer mehr Unternehmen, die aufwachen, mittlerweile aber auch gezwungen vom Arbeitsmarkt sind sich stärker damit auseinanderzusetzen. Was kann ein Team, was kann ein Mitarbeiter vor allen Dingen auch tatsächlich leisten, weil man die Mitarbeiterressource selber heute nicht mehr so frei verfügbar am Markt bekommt. Vor ein paar Jahren haben uns Personaler noch alle möglichen Führungskräfte ausgelacht, als wir von Personalmangel gesprochen haben, vor allen Dingen von Fachkräftemangel.

Ich habe in dem Bereich für Bauingenieure gearbeitet. Da war da auch noch ein Studienengpass einige Jahre gewesen. Das heißt diesen Bereich hat es viel, viel früher getroffen. Aber heute sind wir ja international qualifizierte Leute am suchen, wie die Nadel im Heuhaufen. Es gibt die Menschen kaum noch und erst recht nicht, wenn wir uns auf den deutschen Arbeitsmarkt konzentrieren. Umso mehr erkennen die Firmen immer mehr die Arbeitgeber und Gott sei Dank auch die Führungskräfte, dass wir uns mehr mit unseren Mitarbeitern auseinandersetzen müssen. Und da tut ein Blick durch die Stärkenbrille Not. Anstatt die Leute immer nur zu schelten und damit Motivation zu zerstören.“

Beate Hagedorn: „Absolut, sehe ich ganz genau so.“

Persönliche Deifition: Teamarbeit

 

Oliver Beyer: „Was bedeutet denn Teamarbeit für dich?“

Beate Hagedorn: „Wir leben heute in einer hoch arbeitsteiligen Gesellschaft und die alten Zeiten, wo man so vielleicht einen Bäckermeister heranziehen konnte, der seine eigene Bäckerei hochgezogen hat, möglicherweise noch jedes Steinchen da zusammen gesammelt hat und von Infrastruktur, Gebäude, Befeuerung, Rezept und sowas alles selbst designt und gebaut hat. Diese Zeiten sind in vielen Bereichen vorbei. Gerade auch im Rahmen der Digitalisierung braucht man halt immer mehr Spezialisten, Fachkräfte, Experten. Das heute alles in einer Hand liegt, ist fast unmöglich.

Heißt, wir brauchen diese Experten, diese Spezialisten, die dann so andersartig sie auch sind und wo man vielleicht auch Befindlichkeiten hat, kann ich eigentlich nicht leiden oder der ist so komisch, mit dem möchte ich eigentlich nichts zu tun haben. Aber genau da liegt ja die Kraft des Teams, sich zu ergänzen mit seinen Ressourcen und Talenten.“

Oliver Beyer: „Personalauswahl nicht danach zu betreiben, die Leute auszuwählen die gut zu uns passen, vermeintlich weil sie genauso ticken wie wir, sondern diejenigen, die uns gut ergänzen würden, weil sie ebenso anders sind, auszuwählen. Aber, ich weiß nicht wie deine Erfahrung da ist, dass braucht auch Mut, braucht eine bewusste Sichtweise darauf und das braucht Mut zur Entscheidung, denn danach hat die Führungskraft sicherlich auch noch eine etwas stärkere Aufgabe, als nur jemanden aufzunehmen, der sich in unserer Saison sofort nahtlos einfügt.“
Beate Hagedorn: „Absolut. Ich bin tatsächlich von einem Unternehmen beauftragt worden die realisiert hatten, dass ich über die Gallup-Zertifizierung verfüge, eine Teammaßnahme durchzuführen und tatsächlich mit dem Clifton-Strength-Finder zu arbeiten. Dieses Team hatte ganz bewusst jemanden rekrutiert, der ganz anders war als das Team selber. Das Team selber, du kennst das Oliver, ich arbeite ja auch ganz gerne mit dem Riemann-Thomann-Kreuz oder der Wertelandkarte, das war sehr stark verortet im Nähe-Wechsel-Bereich. Also da war einerseits auf gleicher Augenhöhe sehr viel Kreativität, neugestalten, Konzipieren und Ideen entwickeln. Ja schier unfassbar, was da an Neuentwicklung alles da war. Und man hat sich super gut verstanden und ist sogar zusammen in Urlaub gefahren, dass zog sich weiter bis in den privaten Bereich.“

Oliver Beyer: „Also sehr starke Beziehungsdynamiken, die auch da waren“
Beate Hagedorn: „Absolut. Das ist ja grundsätzlich nichts Schlechtes für ein Team, wenn man sich untereinander kennt. Auch um die Stärken des anderen weiß und eng zusammenarbeitet. Aber da sie halt auch sehr reflektiert waren, was die Teamstruktur anbelangt, haben sie auch festgestellt ein bisschen, was fehlt uns, wir brauchen eigentlich denjenigen noch, der die PS auf die Schiene bringt. Wir haben die tollen Ideen, aber wir stellen selber fest, an der Durchführung tun wir uns schwer, das sind unserer Haupttalente und wir müssen unser Team erweitern, indem wir halt Durchführungstalente bekommen. Diese Menschen haben sie sich ganz bewusst ins Team reingeholt. Das war nicht leicht, aber, das war denen von vornherein klar. Dieses neue Teammitglied war allein von der Verortung in der Riemann-Thomann-Landkarte. Und hatte insofern sicherlich nicht ein leichtes Leben. Aufgrund der Persönlichkeit natürlich wieder, im Sinne von Durchsetzungsstärke, Klarheit, Analytisch und sowas, wusste das Teammitglied natürlich sehr stark was es wollte. Natürlich waren Konflikte vorprogrammiert.“
Oliver Beyer: „Ja, er wirkt natürlich erst einmal als Fremdkörper, so ein neues Teammitglied.“
Beate Hagedorn: „Genau.“

Oliver Beyer: „Und wie hat das Team das dann aufgefangen?“

Beate Hagedorn: „Naja es gab Reflektion, dass man die Teamdynamik begreift. Die haben selber drüber gesprochen. Offene Feedbackkultur mit wertschätzendem Feedback, also Einhaltung von Feedbackregeln. Durch diese Offenheit, was man ja auch in den Teamphasen sieht, wenn man eher so in der Norming-Phase ist, zu besprechen, wer kann was, wem drückt wo der Schuh und dass diese möglicherweise auch inneren Konflikte oder zwischenmenschlichen Konflikte offen angesprochen werden, die Befindlichkeiten dahinter thematisiert und man sich darauf einigt, Regeln vereinbart, wie man damit umgeht.

Diese sind für jedes Teammitglied gleichermaßen tragbar und letztendlich auch dem Teamziel. Wo wollen wir hin, was ist unsere gemeinsame Vision, was wollen wir gemeinsam erreichen? Sich darauf immer besinnt und in diesem Sinne zusammenkommt.“

Oliver Beyer: „Was hat ein Unternehmen, was hat eine Führungskraft davon, besonders stark auf Teamarbeit zu setzen?“

Beate Hagedorn: „Summa summarum, die Nutzung aller Talente, die im Unternehmen vorhanden sind, und diese für bestimmte Aufgabenstellungen, Herausforderungen, die da sind, diese Talente so zusammenzuführen, dass halt 2 + 2 nicht 4 sondern eher 5 oder 6 ist.“

Oliver Beyer: „Was ist dein schönstes Teamerlebnis, dass du in der Praxis erlebt hast?“
Beate Hagedorn: „Ich hatte tatsächlich eine Gruppe in Süddeutschland, die relativ hart anfing. Ich habe die Teammitglieder begrüßt und ich mache dann immer so eine kleine Vorstellungsrunde oder Warming-Up. Ich hatte eine Frage drin, die da lautete „Warum bin ich heute hier?“. Neun von zehn Teilnehmern sagten mir, „Weil ich muss“, „Ich will eigentlich gar nicht hier sein“, „Weil mein Schreibtisch läuft über und überhaupt diese ganzen Teamveranstaltung und wir-haben-uns-alle-lieb oder irgendwelche Übungen, das hat mit der Realität nichts zu tun. Ich möchte eigentlich nicht hier sein.“

Oliver Beyer: „Jetzt hast du aber von dem schönen Teamerlebnis gesprochen, also muss auch was passiert sein.“ (lacht)

Beate Hagedorn: „Was das Schöne war, es gab massive Konflikte. Konflikte zur Führungskraft, Konflikte untereinander, insbesondere auch da, ähnliches Beispiel wie eben. Bloß war das nicht im Vorfeld reflektiert worden, sondern man hat festgestellt, da ist einer, der ist so dermaßen der Exot, das ist einer, mit dem will man nichts zu tun haben. Er ist auch einer, der hat auch keine Lust, selbst wenn wir ihn Fragen, will der nicht noch mal nach Feierabend mit dabei sein oder überhaupt private Veranstaltung und sowas alles. Man kam nicht zusammen. Also dieses Team mit diesem einen Teammitglied. Die sind sich sogar Kaffeeküche aus dem Weg gegangen. Wenn er den Raum betrat, haben die anderen den Raum verlassen. Es war richtig verhärtet. Ja, auch mit dieser Stimmung, die da war, auch als Trainer muss ich sagen, das ist dann manchmal eine Herausforderung, wenn man mit so viel Unlust konfrontiert wird. Aber das ist für mich dann auch immer eine Herausforderung. Wir hatten nur sechs/sechs ein halb Stunden. Am Ende sind die Leute mit einem Lächeln rausgegangen und haben gesagt „Wow, das war jetzt richtig gut, wir kommen gerne wieder.“ Und das war das erste Mal, das haben sie auch im Feedback gespiegelt, das war das erste Mal, dass für sie ein Seminar oder einen Workshop, wirklich sinnvoll war, sie Spaß dran hatten und dann weitergebracht hat.“

Oliver Beyer: „Ja genau. Wohin weitergebracht, darauf wollte ich ganz gern hinaus. Außer dem Lächeln, was haben sie noch mitgenommen aus dem Teamuniversum?“

Beate Hagedorn: „Ich habe in dem Fall, nur mit der Wertelandkarte gearbeitet, mit der Wertelandkarte und natürlich verschiedenen Teaminterventionen. Bei der Wertelandkarte arbeite ich auch ganz gerne mal mit einer Selbstverortung. Ich erkläre diese beiden Achsen, die Zeitachse und dir Raumachse, dass jeder von uns von allem etwas hat, was Dauer- oder Wechseltalente, was Nähe- oder Distanztalente anbelangt. Da auch immer wieder unterstreiche, wir sind kunterbunt, aber wir haben eine Neigung mehr in die eine oder andere Richtung. Irgendwie habe ich es geschafft, die Teilnehmer neugierig zu machen und auch so viel Vertrauen aufzubauen, dass sie versucht haben sich selbst zu reflektieren oder sie sind in den Prozess der Selbstreflektion eingestiegen. Sie haben sich verortet und es hat sich halt ein sehr schönes Bild gezeigt, physisch da in diese Landschaft, in dieses Kreuz rein zu stellen. Und das ungeliebte Teammitglied stand ganz woanders, nämlich wirklich polarisieren oder konträr zu dem Rest der Gruppe. Als wir dann sehr stark mit den Werten gearbeitet haben und auch mit möglichen Talenten, die Teilnehmer selber raus gearbeitet haben, was wer gut kann und wer sich womit möglicherweise etwas schwer tut, haben sie halt diese wahnsinnige Kraft erkannt und, dass vielleicht Befindlichkeiten oder bestimmte Verhaltensweisen, die da waren, von der einen oder anderen Seite gar nicht persönlich zu nehmen sind. Sondern, dass es einfach in der Natur der Persönlichkeit liegt. Halt eben nicht bösadressiert gemeint ist, sondern zu den Stärken gehört. Auch wenn etwas negativ wahrgenommen wird, dass es eigentlich gar keine Schwäche ist oder eine Unart, sondern bestenfalls eine übertriebene Stärke oder vielleicht auch nur als solche wahrgenommen wird und gar nicht ist, weil ich halt eine andere Brille aufhabe.“

Oliver Beyer: „Also allzu viel des Guten. Was ich häufig in solchen Konstellationen dann auch feststellen und raus arbeiten kann, und zwar so, dass das Team es selber erkennt, dass diese Andersartigkeit dazu da ist und dazu gut ist die Löcher, die wir haben, zu stopfen. Da genau unsere Schwächen, unsere angreifbaren Flanken auf einmal zu schützen, weil da nämlich jemand ist, einen ganz anderen Blick auf das Szenario wirft und dadurch auch für das Team insgesamt eher ein 360° Blick zustande kommen kann. Der kuckt nämlich in ganz andere Richtungen, Löcher und Ecken als wir, wenn der so anders ist. Beate, jetzt heißt ja dein Slogan „Personal Leadership – Führen mit Persönlichkeit“ bzw. ich habe es noch ein „d“ unterschlagen, „Führend mit Persönlichkeit“. Vielleicht kannst du für unsere Zuhörer noch mal zusammenfassen, warum ich mich damit beschäftigen sollte und was das damit zu tun hat mit einem Team mehr zu erreichen?“

Beate Hagedorn: „Da spielen zwei Aspekte aus meiner Sicht eine ganz große Rolle. In seiner Führungsarbeit als Führungspersönlichkeit ernst genommen zu werden, glaubhaft zu sein, ist es halt wahnsinnig wichtig, dass man authentisch ist. Heißt, sich nicht verstellen, nicht irgendjemand sein zu wollen oder Verhaltensmuster an den Tag zu legen, von denen man glaubt sie führen zum Erfolg. Sondern zu gucken, wer bin ich selbst und wie kann ich meine Talente meine Ressourcen einsetzen, um die Herausforderung aufzugreifen und Höchstleistung zu verbringen? Der andere Aspekt ist, dass man sich seiner Talente oft gar nicht bewusst ist. Man ist ja mit sich groß geworden, die Persönlichkeit sagt man, ist schon bereits mit dem achten Lebensjahr abgeschlossen. Wir achten unsere Talente oft als was ganz Natürliches, ist doch ganz selbstverständlich, also normal. Talente sind was ganz Einzigartiges und diese Talente, auch als solche zu begreifen, zu erkennen was die sind, was die bedeuten und was dann unglaublich an Potential in jedem einzelnen Menschen steckt, das finde ich so unglaublich spannend. Das glaube ich ist auch so wahnsinnig effektiv für Teams. Und um jetzt noch mal deine Frage von Anfang einzufangen „was hat mich vielleicht auch so erfolgreich gemacht in meiner Tätigkeit, in meiner Rolle?“ Da ist es, glaube ich auch meine Neugierde auf Menschen und gerade da jeden so anzunehmen wie er ist. Diese Talente, die in jedem schlummern, zu erkunden, zu entdecken, frei zulegen.“
Oliver Beyer: „Zum Wachsen zu bringen.“

Beate Hagedorn: „Schönes Stichwort, wachsen. Kennst du die Anekdote vom Death Valley? Ich weiß nicht ob du davon gelesen oder gehört hast.“
Oliver Beyer: „Das Valley kenne ich von Karl May „Das Tal des Todes.“ (lacht)
Beate Hagedorn: „Ja absolut Tod. Tatsächlich dort regnet es jahrelang überhaupt nicht oder selbst wenn es mal regnet, das Wasser kommt unten nie an, weil es vorher verdunstet ist. Ich weiß es nicht mehr genau in welchem Jahr, das ist noch gar nicht so lange her, hat es richtig geschauert, richtig intensiv und im Prinzip ist diese tote Wüste richtig durchnässt worden. Es gab wirklich ein Phänomen im nächsten Frühjahr, dass nämlich dieses tote Tal vor Leben nur so erblühte. Ein Blütenmeer und Insekten, alles was man sich vorstellen kann, überhaupt kein Vergleich. Das heißt die Talente, die Stärken, die Ressourcen sind da, sie sind bloß ein bisschen vom Sand verdeckt, von scheinbar toter Erde verdeckt, man meint es ist tot, aber darunter schlummern wahnsinnige Potentiale.“

Oliver Beyer: „Also die passende Führung bringt das dann hervor, was in einem Mitarbeiter, den man vielleicht ansonsten eher abgeschrieben hätte, nicht zeigt, nicht sichtbar ist.“

Beate Hagedorn: „So würde ich das sehen. Deswegen auch wieder der Slogan oder die Anbindung „Führen mit Persönlichkeit“, die eigene Persönlichkeit anzuerkennen, sich dessen bewusst zu sein, aber auf der anderen Seite, auch durch dieses Nutzen der unendlichen Ressourcen und Potenziale die im eigenen Unternehmen sind, dadurch sich auch vielleicht ein Wettbewerbsvorteil oder sich einen besonderen Erfolg erschließen zu können.“

Oliver Beyer: „Wo wir an mein Thema anknüpfen, mehr Leistung und neue Lösungen zu erreichen im Team, wenn wir genau dahin kommen dieses versteckte, schlummernde zu wecken und hervorzubringen.“

Beate Hagedorn: „Ein toller Beruf oder?“
Oliver Beyer: „Der beste. Kommen wir zu den Abschlussfragen Beate. Ich habe dir diese vorher geschickt. Du durftest dich darauf vorbereiten. Was ist dein wichtigster Tipp für Teamarbeit? Was kannst du da unseren Zuhörern mitgeben?“

Beate Hagedorn: „Ein Team ist, wie wir eben schon gesagt haben, nicht die Summe seiner Einzelteile, sondern etwas größeres. Diese Wertschätzung, diesen Respekt vor der Andersartigkeit zu haben und zu schauen, dass man die erschließt und zusammenbringt. Wer kann mit seinen Talenten, in welcher Rolle den größten Beitrag zum Erfolg des Teams beitragen, zum Erreichen der gesteckten Ziele. Dies ist in meinen Augen das Wesentlichste.“ Oliver Beyer: „Wenn du, wir sind ja Einzelunternehmer, Solopreneure wie man so schön sagt, freischaffende Künstler oder was auch immer man so an Umschreibung gebrauchen könnte. Auch wir haben ja ab und zu eine Konstellation von Teamarbeit wo wir zusammenarbeiten. Was wünschst du dir von einem solchen Team in dem oder mit dem du gerne arbeiten würdest?“
Beate Hagedorn: „Ich glaube, dass es mich challenged, obwohl ich glaube mich vielleicht schon relativ gut zu kennen, weil ich sehr intensiv mit den Instrumenten arbeite, aber auch da noch immer mehr gekitzelt werde. Im Sinne von, was ist noch alles möglich und wie entsteht eigentlich eine gewisse Dynamik auch in meinem inneren Team und wie kann ich das auch noch zu mehr entwickeln? Im Prinzip ein lebenslanges Lernen und ich glaube, dass mich auch inspiriert wonach ich auch strebe. Jeden Tag ein Stückchen weiser zu werden, dass ich diese Herausforderung für meine Teamkollegen erfahre.“

Oliver Beyer: „Klingt nach einem ziemlich reifen Team indem du da unterwegs sein möchtest. Wenn du jetzt aktuell ein Buch verschenken könntest, welches wäre das und warum?“

Beate Hagedorn: „Ich setze mich aktuell sehr intensiv mit Dr. Otto Scharmer, der am MIT lehrt, auseinander. Theorie U oder wenn du mich konkret nach dem Buch Titel fragst „Aus der Zukunft her führen“. Noch zwei Aspekte, die mich besonders faszinieren. Auf der einen Seite ist ein ganzheitlicher Ansatz, der sehr stark auflösen will, dass wir die Verbindung verloren haben. Die Verbindung zur Umwelt, siehe, was alles heutzutage auf der Welt passiert, die verschiedenen Kennziffern, dass wir beispielsweise das 1,5-fache mehr an Ressourcen unserer Welt verbrauchen, als dass sie in der Lage ist sich selbst zu regenerieren. Dieser Wert wird im Jahre 2050 schon bei 4,0 liegen. Dass wir den Kontakt zu den anderen verloren haben, da arbeitet Dr. Otto Scharmer mit der Kennziffer, dass 2,5 Milliarden Menschen auf dieser Welt leben unterhalb der Armutsgrenze. Die Spreizung zwischen arm und reich wird immer größer. Wir haben sogar die Verbindung zu uns Selbst verloren. Die Anzahl der Suizide ist dreimal höher z.B. auf die USA bezogen als die Summe aller, gewaltsam hergeleiteten Tode. Dazu zählen auch die Kriege, in denen sich die USA befinden, Morde, Verkehrsunfälle und so weiter und so fort. Dreimal höher ist die Anzahl der Suizide. Es ist bestenfalls nochmal so eine Zeitungsnotiz von zwei Zeilen wert. Aber sich wirklich mit dem Thema Work-Life-Balance, mit dem Thema Erschöpfungszustände auseinanderzusetzen, gerät eigentlich in eine gewisse Disbalance. Es hat fatale Konsequenzen. Wenn wir schauen, was auch mit unserer Umwelt passiert. Viele führende Institute, Unternehmen beschäftigen sich mit dieser Frage „wie kriegen wir tatsächlich einen Wandel, schaffen wir es wirklich einen Wandel herzuleiten?“  Indem wir die Disruption, die ja immanent im Wandel ist trotzdem noch steuern und führen können. Sodass es eine gewollte Disruption ist und nicht, dass die Disruption in einem Ausmaße eintritt, dass wir nicht mehr managen können. Dieses Buch oder auch dieser ganze Ansatz, da kann ich auch übrigens die EDX mit der Lernplattform empfehlen, wo man online Seminare belegt kann, wunderschönes Tool. Gerade diese für uns Menschen oder für die Menschheit und unsere Umwelt, Tierwelt versucht Herangehensweisen zu finden, dass wir tatsächlich loslassen von unseren alten Gewohnheiten und unseren Komfortzonen. Schauen, was wollen wir eigentlich in der Zukunft, wie soll es in Zukunft aussehen und wie schaffen wir es auch mit den Ängsten, die wir in uns tragen, wie schaffen wir es wirklich uns diese Zukunft von der wir träumen für uns wirklich zu machen?“

Oliver Beyer: „Da schließt sich für mich gerade so bisschen der Kreis. Dieses ganze Gespräch in das wir eingestiegen sind, von deiner Seite aus mit dem Ganzheitlichkeitsbegriff, passt von daher wunderbar in die gesamte Thematik unseres Gesprächs, das mir großen Spaß gemacht hat. Eine Frage am Schluss noch, wie kann denn unsere Zuhörerschaft mit dir in Kontakt treten?“

Beate Hagedorn: „Ach am einfachsten ist es ja heutzutage in der digitalen Welt, zu googlen. Natürlich du hast das schon vorhin erwähnt, ich habe eine Webseite da sind meine ganzen Kontaktdaten drauf. Beate-Hagedorn.com. Da findet man mich, meine Telefonnummer und so weiter. Jeder Anruf, jede E-Mail ist willkommen.“

Oliver Beyer: „Dann freue ich mich mit Dir gemeinsam weitere interessante Projekte durchführen zu können und danke Dir sehr herzlich für das Gespräch.“
Beate Hagedorn: „Die Freude liegt auf meiner Seite, Oliver. Ganz herzlichen Dank für die Einladung.“

 

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15 – Von der Pole Position starten

15 – Von der Pole Position starten

Von der Pole-Position starten

Wie ein kraftvolles Team-Kickoff gelingt

 

Nicola: Oliver, Du bist ja der Experte für Teamentwicklung. Wenn Du jetzt an Deine reichhaltige Erfahrung zurückdenkst, was sind so die erfolgreichsten oder erfolgversprechendsten Ansätze, damit genau das gelingt: ein kraftvolles Team-Kickoff?

 

Die Ausgangssituation eines Teams

Oliver: Ich bin ja kein Freund von Patentrezepten, deshalb orientiere ich mich gerne an dem, was an mich herangetragen wird, an den Bedürfnissen. Das was aber dann trotzdem wieder als eine generelle Linie erkennbar wird, ist, dass Teams immer wieder an denselben Problemen kranken. Erstmal untereinander ist man nicht besonders vertraut und man vertraut sich auch nicht. Also fehlt es an der Grundlage für eine gute Teamzusammenarbeit schon. Das heißt, einer der Aspekte ist es, sich besser kennenzulernen. Teammitglieder erscheinen oft unmotiviert. Ob sie es wirklich sind, steht auf einem anderen Blatt. Aber meine Auftraggeber schildern häufig Situationen, die damit zu tun haben, dass die Teams nicht so richtig an den Speck ran wollen und das Problem nicht erkennen wollen.
Dann stelle ich häufig fest, dass Ziele und Prioritäten unklar sind, also wohin die Reise gehen soll, wofür die eigentlich anpacken sollen, ist auch nicht klar und man weiß überhaupt nicht so richtig, was das Problem ist. Man sieht nur, so wie es jetzt gerade im Moment ist, ist es nicht wünschenswert und da kommen Auftraggeber dann auf die Idee, da könnt man doch mal eine Teamentwicklung machen.
Und da kommen dann so schräge Ideen, wie, wir machen mal einen Nachmittag irgendetwas oder wir treffen uns mal abends. Was häufig nicht sehr nachhaltig ist. Ein kraftvoller Kickoff braucht verschiedene Elemente, weil auch diese Themen, die ich gerade angesprochen habe, auf verschiedenen Ebenen liegen.
Um das zusammenzuführen, braucht es ein bestimmtes systematisches Vorgehen, das dann doch wieder in einer gewissen Einheitlichkeit daherkommt. Es gibt jetzt nicht das eine Konzept, das man quasi überall ausrollen kann, aber so ein paar Eckpfeiler muss man schon befolgen.
Nicola: Gibt es etwas, wo Du sagen würdest, das macht auf jeden Fall Sinn?

 

Geeignete Rahmenbedingungen: Der Ort

Oliver: Ja, der Auftrag hatte ja zum Gegenstand, etwas zu verändern in der Teamzusammenarbeit. Also glaube ich, erst noch mal auf die Rahmenbedingungen zu gucken, ist ganz wichtig. Damit meine ich woanders hinzugehen, den Ort zu verändern. Und wirklich auch für gute Rahmenbedingungen zu sorgen, dass man nicht im alten Trott bleibt.
Eine Teamentwicklung innerhalb der Räumlichkeiten des Unternehmens zu machen, halte von daher schon mal für gar keine gute Idee.
Nicola: Was könnten das dann für andere Umgebungen sein? Mir fallen jetzt natürlich so Incentives ein, wie, wir gehen in den Hochseilgarten, wir machen Wildwasser-Rafting… Hast Du das im Sinn?
Oliver: Zum Teil sicherlich. Es kommt ja darauf an, was man schon kennt in dem Unternehmen, wie neuartig so ein Herangehen ist und was man damit erreichen will. Ich habe Unternehmen kennengelernt, die haben eine sehr rasante Kultur.
Da darf ich nicht mit allzu ausgelatschten Pfaden kommen. Das sollte schon etwas sein, was im Idealfall für alle miteinander was Neues ist, damit man auch auf neues Denken kommt und neue Erfahrungen sammelt. All diese Dinge, die ein kraftvollen Kickoff ausmachen können. Es kann aber auch einfach mal eine andere Location sein, die jetzt nicht klassischerweise ein Seminar-Hotel ist, was auch eine ganz gute Empfehlung sein kann.
Das können auch einfach mal andere Niederlassungen sein, wenn die noch gänzlich unbekannt sind, das können irgendwelche symbolhaften Orte sein.
Irgendetwas, was das Denken, was Veränderungen anregt und was einfach einen guten Rahmen bietet, um zu sagen, wir lassen unsere Gedanken mal in eine ganz andere Richtung laufen.
Nicola: Was ist denn ein symbolhafter Ort im Hinblick auf Teamentwicklung?

Oliver: Das kommt immer sehr drauf an, welcher Art die Veränderung sein muss. Und was vergleichbar mit dem eigenen Tun ist oder was dazu eine Analogie darstellen kann.
Nicola: Ok, wenn ich jetzt an Effizienzsteigerung oder Arbeitsteilung denke, fällt mir als Liebhaber von gutem Essen natürlich die Profiküche rein.
Oliver: Das könnte zum Beispiel etwas sein. Das würde ich jetzt nicht einem Hotelbetrieb unbedingt raten, wenn es das Symbolhafte sein soll. Wenn es einfach mit darum geht, wir schauen uns mal bei namhaften Profiköchen an, wie die das so machen und es ist wirklich ein neuer Ansatz, dann passt das. Ansonsten würde ich eher im Sinne von Analogie irgendwo hingehen, wo es eben ganz anders gemacht wird.
Also wenn ich ein Sportartikelhersteller habe, dann ist das jetzt nicht besonders revolutionär, dass ich den auf irgendeine Sportstätte oder zu einer Sportveranstaltung einlade. Denn dann sind die Leute wieder in ihrem ganz normalen drin. Aber wenn ich die in eine Profiküche z.B. rein führe, dann hätte ich genau diesen Brückenschlag. Bei einem Küchenteam, da muss auch alles Schlag auf Schlag gehen, da muss sehr effizient gearbeitet werden. Und wenn das eine anspruchsvolle Küche ist, haben wir auch vielleicht das Thema Innovation, auf dem neuesten Stand sein, besser als andere sein, solche Themen mit drin.
Nicola: Wir brauchen auf jeden Fall einen neuen Ort, damit die alten Muster auch mal eine Möglichkeit haben, sich ein bisschen zu verändern und nicht immer nur in den gleichen Bahnen laufen, wie sie halt immer schon laufen. Der Meetingraum, den wir Montagmorgen immer benutzen, ist dann offensichtlich nicht der geeignete Ort, wenn ich mir wirklich mal etwas vertieft Gedanken machen will.
Oliver: Deshalb denke ich dabei auch an Tapetenwechsel. Tapeten sind ja häufig gemustert, zumindest wenn sie etwas älter sind. Da einfach für andere Rahmenbedingungen, eine andere Umgebung zu sorgen, das ist schon mal der erste Schritt in der Veränderung.

 

Geeignete Grundhaltung: Vertrauen schaffen

Nicola: Und was ist dann der zweite?

Oliver: Wir haben ja früher im Podcast schon mal drüber gesprochen, was Vertrauen für ein Team bedeutet. Das heißt, eine solche Maßnahme sollte unbedingt auch vertrauensbildende Maßnahmen enthalten. Wir sorgen am liebsten für Begegnungen der Führungskräfte mit ihrem Team und umgekehrt, aber auch der Teammitglieder untereinander. Und das ist egal, wie lange man sich schon kennt untereinander, immer wieder eine Empfehlung.
Denn gerade in langjährigen Beziehungen da leben sich Leute auseinander, wenn Menschen sich dann nicht mit großer Nähe begegnen im ganz normalen Alltag. Und wenn sich die Leute dann wirklich gründlich kennen, dann stell mal die Frage, warum macht Dein Schreibtischnachbar seiner Arbeit gerne oder nicht gerne.
Das geht auf eine persönliche Ebene, wo viele gar nicht mehr sagen können, was da eigentlich im Kopf los sein könnte, weil die es nicht wissen. Diese persönlichen Begegnungen haben im Arbeitsalltag immer weniger Platz, weil wir auf Effizienz getrimmt sind und deshalb geht es darum, einander gut kennenzulernen. Das ist der Grund, warum ich ganz gerne so spielerische Vorstellungsübungen machen, wie in der Porträt-Folge mit Dir. Als Akronym den Vornamen zu nehmen und zu diesen einzelnen Buchstaben Begriffe zu finden, zu den Du etwas erzählen kannst. Wenn das richtig produktiv läuft, dann kann man sogar sagen, nehmen wir den Buchstaben und belegen ihn doppelt und dreifach. Wichtig ist an der Stelle, dass wir nicht zu sehr in ein plattes beschreiben „technischer Daten“ wie das der Lebenslauf ausweist, verfallen, weil diese Art von Vorstellungsrunde ist einfach nur langweilig und da bleibt nichts im Kopf hängen. Wenn aber die einzelnen Teammitglieder dazu eingeladen werden, erzähl doch mal was über Dich und das durch so eine Methode. Da gibt es noch eine ganze Reihe anderer Möglichkeiten. Auf jeden Fall kommt man ins Erzählen und auf einmal erfährt man voneinander Dinge, die man vorher nicht gewusst hat.
Damit entsteht Nähe und ich kann den anderen auch in seinem Verhalten auf einmal ganz anders verstehen.
Nicola: Dann habe ich an der Stelle direkt meine Frage. Was ich so kenne für Teamevents,
das war mal eine ganze Zeit lang sehr beliebt, ist der Hochseilgarten. Und zwar Hochseilgärten, wo man nicht nur durchgeschleust wird, wo man gar nichts mehr selber machen muss, sondern wo es auch darum geht, das Teams bestimmte Distanzen nur gemeinsam überbrücken können, weil sie irgendwie sich ein Seil hin und her werfen müssen oder irgendwas balancieren müssen und das geht nur mit mehreren. Und dann habe ich es häufig erlebt, bzw. Teilnehmer haben mir berichtet. Ja, dann haben wir das gemacht und dann sind wieder heimgefahren.
Oliver: Ich glaube da darf man unterscheiden. Jetzt sind wir bei dem Punkt, den wir gerade angesprochen haben, für Begegnungen sorgen, das heißt, den anderen in einer solchen Situation erleben.
Wenn es dabei bleibt, gut. Dann haben wir uns mal gesehen, dann war es ein bisschen Gaudi, aber für Menschen, die jetzt weniger beziehungs- sondern mehr ergebnisorientiert sind, muss dann schon noch ein bisschen mehr kommen. Dann gibt’s natürlich auch anschließend die Möglichkeit, das mal zu reflektieren, was ist gerade passiert im Sinne unserer Zusammenarbeit. Was wäre eigentlich unser Ergebnis, unser Ziel gewesen, was wir hätten gemeinsam erreichen sollen? Was wäre ein Erfolg gewesen? Und das, was wir gemacht haben, war das überhaupt ein Erfolg?
Das ist sehr spannend, Teams dabei zu beobachten, wie sie ihre Arbeitsergebnisse diskutieren. Das zeigt dann auch sehr viel darüber, wie reif sie sind für einen solchen Teamentwicklungsprozess und wie viel Grundlage schon da ist. Das bedarf ein bisschen Analyse vorher, ein bisschen Fingerspitzengefühl in der Begleitung. Da kann man selber viel bei rausholen. Oder man kann eine reine Spaß-Veranstaltung draus machen und auch der will ich die Existenzberechtigung nicht absprechen. Für ein kraftvoll Kick-Off allerdings wäre mir das zu wenig.
Wir können ganz einfach ein Bierchen zusammen trinken gehen oder auf der Wiesn in München zusammen einen Tisch reservieren und die eine oder andere Maß Bier vernichten. Das ist auch ein gemeinsames Erleben, in das wir reinkommen, aber es geht ja hier erstmal darum, in einem gesamt Kick-Off zu starten und auszusagen, wir machen da jetzt etwas draus. Da ist das nur ein erster Schritt ,
Nicola: Und wenn ich mich an die Folge erinnere, wo wir über die Gegensätzlichkeit gesprochen haben, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass auch in diesem Team, das da zu diesem Kickoff fährt, sehr gegensätzliche Typen sind. Die einen sind mehr ergebnisorientiert, die anderen sind vielleicht mehr beziehungs- oder Spaß orientiert. Ich finde es wichtig, wenn das Kick-Off für alle kraftvoll sein soll, dann muss auch für alle was dabei sein.

Geeigneter Inhalt: Eine klare Problembeschreibung

Oliver: Wenn wir von dem Kickoff im Sinne einer guten Teamentwicklung sprechen, dann ist aber auch egal für welchen Typen an der Stelle noch nicht genügend erreicht. Nur zusammen Spaß gemeinsam gehabt zu haben, das führt ja noch nicht zu einer besseren Zusammenarbeit. Das mag Hürden abbauen, aber wir haben noch gar nicht darüber gesprochen als Team, warum wir überhaupt zusammenkommen. Wir haben ein bisschen Spaß zusammen gehabt, wir haben einander vielleicht besser kennengelernt, warum soll das denn überhaupt nötig sein. Ich brauche als ein weiteres Element unbedingt auch eine klare Problembeschreibung. Das jedem, der dabei ist, auch klar ist oder dass er auch mal aus seiner eigenen Perspektive beschreiben kann, warum haben wir eigentlich allen Anlass, besser zu arbeiten.
Nicola: Wird diese Problembeschreibung vom Veranstalter oder vom Teamleiter oder von wem auch immer, vorher formuliert und mitgegeben oder ist es was, was sich das Team dann gemeinsam auf diesem Kick-Off erarbeitet?
Oliver: Es sollte nicht so weit vorgegeben werden, dass das Team das nicht noch selber mit Leben füllt. Was aber auch keine gute Idee ist, das Team einfach mal zusammen zu setzen und zu sagen, ihr wisst selber, dass das Team nicht so doll zusammenarbeitet. Jetzt redet mal drüber. Das reicht auch in nicht. Ein paar Punkte, die mir als Auftraggeber mitgegeben werden, helfen. Das kann ja durchaus auch die eine oder andere Hierarchie oben drüber sein oder die benachbarte Abteilung. Irgendjemand sollte schon dazu sagen, was seine Beobachtung ist. Aber das Team sollte auch aus eigener Sicht diese Beobachtungen ergänzen. Die Qualität verschiedene Sichten trägt unwahrscheinlich zum Gesamtverständnis bei. Jetzt nur eine Sicht von außen oder von oben oder von welcher Richtung auch immer zur Grundlage zu nehmen und zu sagen, da ist das Problem und daran arbeiten wir jetzt, würde zu kurz greifen. Damit kriege ich nicht alle an Bord. Um da ganz konsequent einen Perspektivwechsel auch mit einzubeziehen, ist es wichtig, dass außer den Anwesenden im Team auch noch die Stakeholder miteinbezogen werden. Also die, die von dem, was unser Team als Problem möglicherweise erzeugt und selber gar nicht sieht,
aber was aus deren Sicht passiert, betroffen ist. Das können Schnittstellen sein oder die Frage aus der Praxis, für wen arbeiten wir eigentlich. Wenn wir innerhalb eines Ablaufs als Abteilung eine Folge-Abteilungen im Prozess bedienen und die können mit unseren Ergebnissen nicht arbeiten oder die werden da nur unzulänglich bedient, dass man das z.B. auch noch miteinbezieht. Also den Anlass von außen für die Teamentwicklung, der gehört auf jeden Fall mit rein und dann prüfen wie vollständig diese Sicht ist. Und vor allen Dingen unbedingt von den Teammitgliedern ergänzen lassen. Es könnten welche dabei sein, die gar kein Problem sehen. Dieser Perspektivenwechsel könnte dazu führen, dass wir uns auch erstmal bewusst machen müssen, dass das, was andere als Problem sehen, für uns eigentlich eher so einen Umstand vom Komfortzone ist. Das heißt, wir selber haben gar kein Problem. Wir hätten erst eines, wenn wir was verändern müssen.
Nicola: Hast Du da ein konkretes Beispiel?

 

Geeignetes Vorgehen: Alle Einstellungen zu einem Thema im Team sichtbar machen

Oliver: Da kommt z.B. jemand Neues ins Team rein, will was verändern und die anderen verteidigen ihren Bestand. Der Klassiker, haben wir schon immer so gemacht. Wenn Du eine Veränderung erreichen willst, musst Du die verschiedenen Einstellungen im Team alle erstmal sichtbar machen und thematisieren. Das fängt damit an, dass es die Mitglieder gibt, die gar kein Problem sehen, weil sie keins haben. Deshalb brauchen wir hier an der Stelle eine sehr gründliche Arbeit, dass auch diejenigen sehen, okay ganz so rosarot wie ich es bisher gesehen habe, kann ich es wohl nicht sehen.
Nicola: Wenn Du sagst, sehr gründliche Arbeit, klingt das für mich so, als sei es notwendig, dass da ein externer Moderator, Trainer oder Coach dabei ist.

Oliver: Das ist nicht zwangsläufig, aber in vielen Konstellationen eine Empfehlung und für mich auch der Grund, warum man uns anspricht. Das ist ja nicht nur eine Frage der Expertise, sondern unternehmensinterne Trainer haben oft das Problem, dass sie nicht neutral genug auftreten können, um dieses Ausgewogene zu gewährleisten.

Nicola: Das hat dann schnell dieses Gschmäckle, der ist doch hier nur Handlanger vom Chef oder von dem da drüber.

 

Geeigneter Startpunkt: Klärung der gegenseitigen Erwartungen

Oliver: Das muss man sich im Einzelfall anschauen, aber egal ob das ein interner und externer Trainer macht, das, was wir hier ansprechen, gilt grundsätzlich für beide. Also rausgehen, für Begegnungen sorgen, das Problem klar herausarbeiten. Der nächste Schritt ist dann in die Klärung der gegenseitigen Erwartungen zu gehen. Von jedem einzelnen abzuholen, was er sich davon erwartet, was mit dieser Veranstaltung ist.
Nicola: Also so, wie wir das im Training auch machen. Genau zu erfragen, was genau sich denn die, die da hingekommen sind, erhoffen, erwarten, vielleicht auch befürchten.
Oliver: Das ist eine Frage, die aus meiner Sicht viel zu selten gestellt wird. Und die auch ein kleiner Querverweis auf das Thema Meeting-Kultur ist. Bei Meetings, wo Menschen zusammenkommen zu irgendeinem Zweck, nicht darüber zu sprechen, was wir uns eigentlich erwarten, was aus meiner Sicht, aus der Sicht derjenigen, die mit drin sitzen eigentlich der wichtige Aspekt ist.

Nicola: Ist ja eh klar, gibt ja ne Agenda.

Oliver: Brauchen wir nicht drüber reden, ist ja vorher angekündigt. Und genau dabei verlieren wir viele, weil diese Agenda, die kommt so übermächtig daher, vielleicht auch hier in dem Fall, wenn man zu stark mit dem Programm vorgibt, was alles gemacht werden soll. Es sollte sehr viel Raum für eigene Gestaltung und eben diese eigenen Erwartungen sein.
Die Erfahrung mache ich regelmäßig, Du vermutlich auch, wenn diese Erwartungen vorher abgefragt werden und man dann zielgerichtet drauf eingehen kann, wird die Veranstaltung um ein vielfaches besser, als wenn ich versuche, das außen vorzuhalten und nur meinen Stiefel durchzuziehen.
Nicola: Im Sinne von Teamkultur führt das im Training zumindest dazu, dass, wenn ich nicht nur die Erwartungen abfrage, sondern mich auch immer wieder darauf beziehen kann, weil sie die ganze Zeit sichtbar sind, weil sie auf einer Pinnwand hängen und so sichtbar gemacht und gehalten werden. Dann kann ich ja immer wieder rückbeziehen. Und kann dann auch mit demjenigen, der diese Erwartung formuliert hat, noch mal in den Austausch gehen. Ob das seine Erwartung trifft oder ob er noch was anderes braucht. Was demjenigen dann wieder die Möglichkeit gibt, das noch ein bisschen zu spezifizieren.
Oliver: Und mehr noch als in unseren Seminarveranstaltungen, die eher offengehalten sind, was die Teilnehmer angeht, ist es bei einem Team so, dass ich in der Runde, in der gegenseitige Erwartungen geklärt werden, auch schon an einer gemeinsamen Zielvorstellung gearbeitet werden kann, weil wir ja vorher schon auf drüber gesprochen haben. Wenn wir es in dieser Reihenfolge machen, was ist das Problem, was müssen wir eigentlich verbessern? Dann kann ich in den Erwartungen schon eine unfertige Version der Vorstellung, wohin die Reise gehen soll für ein gemeinsames Ziel klären.

 

Geeignetes Engagement: Wer trägt was zum Teamerfolg bei?

Oliver: Ganz wichtig an der Stelle ist auch, keine Selbstbedienungsmentalität, im Sinne von ich bin ja da, mal gucken, was die mit mir anstellen, was die mir anbieten, gestatten. Sondern wir wollen einen Beitrag von jedem Einzelnen haben, also eine Aktivierung in der Form, was kann der Einzelne beitragen, was will der auch beitragen. Was kann der beste Beitrag für einen Teamerfolg sein, den ich leiste, den ich auch als Rolle in einem Team übernehme? Das sollte thematisiert werden für einen kraftvollen Kickoff, dass die Zuständigkeiten geklärt werden, wenn ein Team sich aufstellt. Und das ist ein Prozess, von dem wir sprechen, der sich dann anschließend abspielen soll. Wir sind ja erst beim Kick-Off. Aber schon beim Kick-Off zu klären, wer ist am besten an welcher Stelle gefordert, weil er einfach auch in den Fähigkeiten, in den eigenen Talenten und Stärken am besten seine Leistung bringen kann.

Nicola: Im Training mache ich das gerne zusammen mit Erwartungsabfrage ganz am Anfang. Wenn ich jetzt allerdings auch an die Folge mit dem Teamziel denke, die wir auch gemeinsam gemacht haben, wo eine Vision über eine Visualisierung erzeugt wird oder gestaltet wird, wo dann auch jeder seinen Platz findet. Wann würdest Du denn zeitlich
den Teil, was jeder zum gemeinsamen Erfolg beitragen kann in so einem Team Kickoff verorten?
Oliver: Das würde ich mit einem Ausblick wie geht’s weiter in irgendeiner Form verbinden, damit es auch Nachhaltigkeit entfaltet. Das ist beim Training vielleicht noch gar nicht so stark ausgeprägt wie bei einer Teamentwicklung. Wenn das Team vorankommen soll, dann muss ich es zwingend leisten, dass das Team aktiviert wird, dass die wirklich in dieses Bewusstsein kommen alle miteinander, es geht für uns um was, wir müssen ein Beitrag leisten. Und das dann auch gut gemeinsam zu definieren. Was könnte das denn sein und woran müssen wir arbeiten und wie könntest Du daran mitwirken?
Das sollte allerdings kein Stressfaktor sein. Wenn wir vorher klar gemacht haben, was wir verbessern, was wir voranbringen wollen, wenn Erwartungen da sind, wenn Ergebnisdruck vorhanden ist. Dann kann ich aber auch, wenn ich signalisiere, was könnte denn für Dich aus Deiner Richtung ein guter Beitrag sein, dann kann ich etwas stressfreier, trotzdem mit dem entsprechenden Antrieb, etwas erreichen. Und wenn wir uns beim nächsten Mal treffen, sprechen wir darüber, hast du dieses oder jenes arbeitet. Und wo wir ein Ziel vereinbaren, was aber dann auch in deinem Zielkorridor liegt, wo Du auch die Motivation mitbringst, diesen Beitrag zu leisten.
Nicola: Wo ich mich dann hoffentlich auch in der Lage fühle, das umzusetzen. Und nicht nach Hause fahre mit dem irgendwie wagen und unguten Gefühl, jetzt habe ich ein Haufen Aufgaben bekommen oder ein Haufen Zuständigkeiten, aber ich weiß eigentlich gar nicht so genau, wie ich das machen soll. Also gerade nicht gemäß dessen, was ich gut kann, worin ich gut bin, wo meine Stärken liegen etc.

Fassen wir zusammen.

Wenn Sie ein kraftvolles Team-Kickoff gestalten wollen, ist es ganz wichtig, dass Sie

  1. einen Tapetenwechsel vornehmen. Wählen Sie eine Umgebung, die neues Denken fördert.
  2. Sorgen Sie für Begegnungen innerhalb der Teams.
  3. Fördern Sie die Probleme im Team zu Tage.
  4. Klären Sie gegenseitige Erwartungen.
  5. Erarbeiten Sie mit dem Team, auf welche Weise jeder einzelne zum Erfolg beiträgt.

 

Dann darf ich schließen mit dem inspirierenden Zitat, diesmal von Henry Ford
„Zusammenkommen ist ein Anfang, zusammen bleiben ist ein Fortschritt und zusammen arbeiten ist Erfolg.“

 

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14 – Interview Christiane Moston

14 – Interview Christiane Moston

Wertschätzender Umgang als Erfolgsbooster

Interview mit Christiane Moston

Oliver: Heute sind mir gegenüber die wunderbare Christiane Moston. Wir sind Kollegen und kennen uns schon seit fast drei Jahren. Wir haben auch schon zusammen Musik gemacht und uns gemeinsam im Design Thinking ausbilden lassen. Christiane ist Führungskräfte-Coach und ich freue mich sehr, dass Du heute hier bist. Weitere Infos können wir in den Shownotes veröffentlichen. Willkommen.
Christiane: Vielen Dank für die Einladung.

 

Von der Geschäftsleitung zum Führungskräftecoach

Oliver: Christiane, Du hast für Dich selber den Bereich Führungskräfte-Coaching als Schwerpunkte ausgewählt. Wie bist Du zu diesem Schwerpunkt gekommen?

Christiane: Ich bin selber Führungskraft gewesen und ziemlich ins kalte Wasser geschmissen worden. Das heißt, relativ zeitnah nach meinem Studium hatte ich die Chance, dass jemand in mich vertraut hat und gesagt hat, so Frau Moston, wir möchten Sie gerne in der Geschäftsleitung von unserem Unternehmen haben. Ich war ursprünglich da mal Referentin. Erst für die Geschäftsführung und habe mich dann bisschen beweisen können. Und im Rahmen einer Umstrukturierung bin ich in die Geschäftsleitung einer neuen Gesellschaft erkoren worden, wenn man das so sagen darf. Also wie gesagt, ich bin unerfahren zur Führungskraft geworden und habe dadurch relativ viele Fehler gemacht. Ich habe schmerzlich gelernt, wie es ist, wenn man nicht begleitet wird auf dem Weg zur Führungskraft oder auch selber gar nicht so recht weiß, was man da tut.
Oliver: Die qualifizierten Fachkräfte, denen vertraut man gerne irgendeine Verantwortung an und das setzt man dann gleich mit Führung. Ist Dir das auch so gegangen?

Christiane: Ja genau. Ungefähr so war das. Sie sind ja Rechtsanwältin, da komme ich ursprünglich her, Sie müssen das ja können. Hier ist die Rechtsabteilung, hier ist die Personalabteilung, Frau Moston, bitteschön.
Oliver: Das ist mir auch mal so gegangen. Das stirbt irgendwie nicht aus.

Christiane: Das ist erstmal auch sehr schön. Da spürt man das Vertrauen in sich. Und da sind andere Menschen, die schon weiter sind in ihrem Leben, die sagen, Sie können das. Und dann möchte man das ja auch und dann geht’s los.
Oliver: Schmeichelt einem ja auch. Wer ist man denn, dass man sowas ablehnt und dann sitzt Du in dem Salat und könntest eigentlich gut Hilfe gebrauchen. Und das ist die Rolle, die Du dann für Dich erkannt hast, dass die für Dich gut passen könnte.

Christiane: Richtig. Ich möchte anderen helfen, diese Fehler nicht machen zu müssen, indem ich sie ihm begleite auf ihrem Weg und unterstütze auf ihrem Weg zur Führungskraft.

Oliver: Wie ist denn das gegangen? Du hast Dich ja beruflich erfolgreich bewiesen. Was hat Dich dann bewogen, die Seite zu wechseln, wenn Du doch beruflich erfolgreich warst und nicht da weiterzumachen?
Christiane: Das ist auch so ein Erlebnis, was ich hatte. Also ich war in dem, was ich da tat, nicht schlecht. Keine Frage, sonst hätte ich das nicht mehrere Jahre gemacht. Aber ich habe mich damit nicht wirklich wohl gefühlt. Es gab mehrere auslösende Ereignisse, die mich bewogen haben, über meine Entwicklung nachzudenken. Wie gesagt, ich war in der Geschäftsleitung. Und in der Position, in der ich war, wurde ich häufig dazu genutzt, unpopuläre Entscheidungen durchzusetzen. Und hatte relativ schnell, leider muss ich heute sagen, den Spitznamen Klinge Moston. Personal und Recht, da kannst Du Dir vorstellen, was man da tut. Und damit habe ich mich überhaupt nicht wohl gefühlt, weil das nicht meiner Persönlichkeit, meinen Wertvorstellungen entspricht. Und darüber kam ich natürlich ins Nachdenken. Ich habe mich gefragt, will ich das wirklich mein Leben lang tun? Und die Antwort war ganz klar nein.
Oliver: Das ist auch eine Rolle, die Du nicht einfach so abstreifen kannst. Ich bin ja selbst auch Personaler gewesen, hab solche Prozesse auch mit einleiten müssen. Das konnte ich auch, gar keine Frage, aber ich hatte dankenswerterweise einen Justiziar an meiner Seite, der dann die böse Nachricht überbracht hat. Der hatte zwar nicht so einen klangvollen Spitznamen wie Du, aber es war schon so, wenn er in eine Niederlassung von uns kam, Oh Gott, wen triffts heute? Vor allem in Phasen, wo man wirklich Personal abbauen musste aus betriebswirtschaftlichen Gründen.
Dann hat man in so einer Rolle kaum die Möglichkeit, Beziehungen aufzubauen. Den Sensenmann, den nimmt ja auch keiner mit offenen Armen auf.
Und dann hast Du den Punkt gefunden, zu sagen, jetzt gehe ich auf die Seite der Guten?

Christiane: Auf die helle Seite der Macht…nein, so würde ich das gar nicht beschrieben. Aber ich habe gefragt, was ist für mich wichtig, was sind meine Werte? Und für mich war dann ganz klar, ich möchte andere unterstützen, nicht in diese Position oder in diese Situation zu kommen, in der ich war. Stattdessen sich zu reflektieren und zu sagen, was ist für mich eigentlich wichtig und wie kann ich authentisch führen, so dass es mir besser geht als mir damals eben ging.

Oliver: Wenn wir mal ein bisschen reinschauen, wie das geht. Warum das ein Herzensthema ist, kann ich ganz gut nachvollziehen. Es ist ja nicht nur einfach damit getan, dass man jemanden an die Seite setzt, sondern man muss es ja noch irgendwie schaffen, dass ein Klient, den man coacht, sich öffnet und auch die Augen seinen Themen gegenüber öffnet. Wie gehst Du da vor? Wie machst Du Deinen Erfolg?

 

Coaching mit Persönlichkeitsprofilen

Christiane: Wie mache ich meinen Erfolg? Das ist eine spannende Frage. Also rein technisch arbeite ich mit Persönlichkeits-Profilen, die ich mit meinen Führungskräften ausfülle, also die Führungskraft füllt die selber aus. Persönlichkeitsprofile sind natürlich sehr hilfreich dafür, erstmal sein eigenes Verhalten und seine eigene Persönlichkeit zu reflektieren. Und dann, wie eine gemeinsame Sprache mit mir als Coach oder auch mit anderen zu sprechen, die ähnliche Profile genutzt haben, um zu verstehen, wie ticke ich eigentlich und wie ticken andere. Und das ist immer ein ganz guter Zugang, weil es sich ein bisschen fachlicher anfühlt, als wenn ich mich jetzt zu jemanden setzen und einfach nur fragen würde, wie geht’s Ihnen heute. So können wir über etwas sprechen, indem die Führungskraft, mit der ich dann arbeite, ihr Verhalten gut reflektieren und ihre Persönlichkeit gut reflektieren kann.
Das ist so der erste Schritt in meinem Coaching-Prozess.

Oliver: Das erlebe ich auch in der Arbeit mit Teams. Ich habe da einen ganz anderen Rahmen, aber ich arbeite auch ganz gerne mit diesen Modellen. Ganz besonders, wenn man dann auch das Ganze noch mit einer Aufstellung im Raum besser sichtbar machen kann, wo die Unterschiede zwischen Persönlichkeiten liegen. Und dann fangen die Teilnehmer regelmäßig an, über etwas zu reden, wo Du vorher nicht sagen konntest, ja erzähl doch mal. Da kämen die nie mit raus, weil sie es gar nicht sehen. Diese Modelle machen Dinge sichtbar und öffnen etwas. Und wie Du sehr schön sagst, dieses „wir reden über ein Thema“, was dann wundersamerweise zu uns passt und auch ein bisschen erklärt, warum wir an der einen oder anderen Stelle eine Herausforderung haben.

Worin besteht denn der Erfolg? Woran siehst Du, dass Du erfolgreich arbeitest?
Christiane: Ich bekomme natürlich Rückmeldungen. In der Regel begleite ich Führungskräfte ja nicht nur für zwei Stunden, sondern über einen längeren Zeitraum, also mehrere Monate, in denen wir uns dann regelmäßig treffen. Und die Erfolge stellen sich sehr schnell ein in dem Moment, wo man diese Profile erarbeitet, öffnen sich für die Führungskräfte, ich möchte fast sagen, Horizonte, weil sie auf einmal verstehen, warum Menschen unterschiedlich sind.
Und weil wir sehr schnell darauf kommen, dass es darum gehen muss, wertzuschätzen, dass jemand anders ist als ich. Dazu kann ich eine kurze Geschichte erzählen.
Ich hatte eine Führungskraft Anfang-Mitte 40. Er ist schon länger Führungskraft gewesen in ähnlicher Roller wie ich, nämlich als Justiziar.
Er hat eine Assistentin und er war nicht so ganz zufrieden. Sie kamen irgendwie nicht übereinander, als würden sie ein bisschen unterschiedliche Sprachen sprechen.
Wir haben dann sein Profil erhoben. Und es wurde sehr schnell klar, dass er sehr sachlich orientiert ist, sehr faktenorientiert, was als Justiziar auch sehr sinnvoll ist. In der Zusammenarbeit haben wir festgestellt, dass die Assistentin hingegen, was für eine Assistentin sehr gut ist, sehr menschenorientiert ist. Er eher introvertiert, sie eher extrovertiert. Und er hat verstanden, dass er sie völlig anders behandeln sollte, um sie zu fördern, als er selbst behandelt werden möchte. Er hat dann einfach begonnen und hat morgens z.B. Guten Morgen gesagt und sie gefragt, wie es ihr geht.

Eine Coaching-Sitzung später kam er dann und sagte, Sie glauben nicht, was passiert ist, Frau Moston. Es ist so viel besser geworden. Also die war früher schon engagiert, diese Assistentin, aber irgendwie hat es nicht so funktioniert. Aber jetzt konnte er sie kaum noch bremsen. Es war so schön und er war so glücklich. Und er hat gesagt, das ist ja eigentlich ganz einfach. Ich musste einfach nur verstehen, dass nicht alle so behandelt werden wollen wie ich es will. Das ist ein Erfolg, den man ja sehr schnell messen kann.
Oliver: Das ist in solchen Situationen auch für denjenigen, der sich von Dir begleiten lässt, leichter nachvollziehbar, was ist da passiert und was war es für mich Wert.
Was bedeutet für dich Teamarbeit?

 

Christiane Moston über Teamarbeit

Christiane: Das knüpft eigentlich an das, an was ich gerade schon gesagt habe. Also für mich bedeutet Teamarbeit wertzuschätzen, dass Menschen unterschiedlich sind und unterschiedliche Stärken haben. Und diese Stärken dann maximal im Team zu nutzen. Also jeden so einzusetzen, wie er es eben am besten kann, ihn aber auch in Ruhe zu lassen, wenn es braucht. Und dann diese Energien, die sich daraus ergeben, zu nutzen. Das ist für mich Teamarbeit.
Oliver: Wenn Du einen Zusammenhang zwischen Deiner Tätigkeit und dem, was ein Team erfolgreich macht, herstellen solltest, worin sieht Du den? Vielleicht machst Du es ja auch regelmäßig in Deiner Arbeit.
Christiane: Regelmäßig ja. Führungskräfte gehören immer in ein Team. Der Führungskraft als Teil des Teams oder als vielleicht auch Kopf des Teams, je nachdem wie die Strukturen sind, klarzumachen, dass durch die gegenseitige Wertschätzung der Erfolg gesteigert wird. Und die Führungskraft zu unterstützen, die Teammitglieder auch darin zu bestärken, die Unterschiedlichkeiten, Diversität im Team zu schätzen. Team und Führung gehört ganz eng zusammen.
Oliver: Was ist Dein eigenes schönstes Teamerlebnis?
Christiane: Da kann ich so ein bisschen zurückgehen auf meine Erfahrungen damals. Ich habe Dir ja gesagt, ich bin so ins kalte Wasser geschmissen worden. Klinge Moston, es sind einige unschöne Erfahrungen passiert, aber letztendlich war es dann doch so, dass ich eine Abteilung hatte, ein Team hatte, und wir mussten recht plötzlich eine Zertifizierung bewältigen, wie das manchmal in Unternehmen so ist. Da kommt der Kunde und sagt, so, wenn Sie jetzt das und das nicht tun, dann arbeiten wir nicht mehr zusammen. Und dann haben es wirklich geschafft, relativ unerfahren eine Zertifizierung zu bestehen und zu bewältigen im Team, weil wir genau das getan haben. Nämlich geschaut haben, wer kann was am besten? Wir haben wenig Zeit und dann die Stärken zu nutzen, auszuschwärmen und mit einem guten Ergebnis zurückzukommen. Das war ein wirklich schönes Teamerlebnis.
Oliver: Hast Du da etwas mehr Deinen eigenen Vorlieben, Wertevorstellungen, Talenten folgen dürfen?

Christiane: Ja. Das war freies Thema, das hat vorhin Unternehmen noch keiner gemacht. Wie gesagt der Kunde kam und sagte, wenn Ihr jetzt diese Zertifizierung nicht macht, arbeiten wir nicht mehr zusammen. Und dann hat die Geschäftsführung und sagte, Moston, bitte tun Sie, was auch immer Sie können. Sie haben das Budget, die Zeit und die Mitarbeiter, die Sie brauchen. Und dann konnte ich natürlich in meinem Rahmen so wirken, wie ich mir das vorstellen würde ohne diese Restriktionen, die ich sonst hatte. Und das war wirklich schön.

 

Zum Top-Perfomer ohne Lautstärke und ohne Mikromanagement

Oliver: Christiane, Deinen Schwerpunkt nennst Du selbst Führungskräfte-Coaching. Was ist denn Dein Fokus in dem Bereich?
Christiane: Ich helfe Führungskräften dabei, selbst schwierige Mitarbeiter zu Top-Performern zu machen. Und das ohne Lautstärke und ohne Mikromanagement.
Du warst selber Führungskraft, Du hast eine Idee, was ich damit meine, oder?

Oliver: Ja, ich weiß auch wie man Mikromanagement macht und habe ziemlich viele Probleme, bei denen wir unseren Klienten helfen auch selber gemacht. Ich hätte Dich damals auch gut brauchen können. Was ist denn Dein wichtigster Tipp für Teamarbeit?
Christiane: Eigentlich macht das das Bild rund. Wertschätzung anderer Persönlichkeiten, anderer Stärken, also zu verstehen, nur weil jemand anders ist, heißt das nicht, dass es schlecht für mich, für meinen Erfolg ist. Sondern, dass es sogar zum Erfolg beitragen kann, diese Unterschiedlichkeiten wertzuschätzen.
Oliver: Was würdest Du Dir von einem Team wünschen? Wir sind zwar als Trainer eher Einzelkämpfer, aber finden uns ja immer wieder in Kooperationen zusammen. Wenn wir uns in solchen Kooperationen als Team, vielleicht auch als dauerhaftes Team verstehen sollen und Du sollst daran Lust haben, darin mitzuarbeiten. Was wünscht Du Dir von so einem Team?

Christiane: Den offenen Umgang, auch Möglichkeiten zum Diskurs, also auch mal Dinge ansprechen zu können ohne gleich zu vermuten, dass irgendetwas bösartiges dahintersteckt. Also, offene Arme, Wertschätzung, im Prinzip genau das, was ich gerade schon zur Teamarbeit gesagt habe.

 

Zum Schluss noch etwas Persönliches

Oliver: Ich frage gerne, auch weil ich neugierig bin, wenn Du jetzt aktuell ein Buch verschenken könntest, Welches wäre das und warum?

Christiane: Das ist jetzt ein bisschen persönlicher. Es ist tatsächlich ein Kochbuch und zwar nennt sich das „Vegan for fit“. Ich lebe, wenn ich die Möglichkeit habe, und das ist als Trainer und Coach nicht immer so einfach, vegan. Das spannt für mich aber auch ein Bogen, weil ich systemisch denke und weil ich denke, dass wir nicht nur als Menschen irgendwie alle verbunden sind, sondern auch die anderen Lebewesen auf unserem Planeten. Und dieses Buch hat mir geholfen vegane Ernährung kennenzulernen. Und deswegen scheue ich mich nicht davor, dass auch anderen zugänglich zu machen. Es ist trotzdem ganz lecker das Essen und man kann sich toll ernähren.

Oliver: Ich habe bisher den Zugang dazu nicht gefunden, aber die Bilder sind eigentlich sehr animierend (#grasundsteine). Vielen Dank, dass Du heute da warst.

Christiane: Danke, dass ich hier sein durfte.

 

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13 – Der Umgang mit unterschiedlichen Typen

13 – Der Umgang mit unterschiedlichen Typen

Der Umgang mit unterschiedlichen Typen

Wie Gegensätze Sie anziehend mache

 

Nicola: Herzlich willkommen zu Effektiv und Innovativ im Team. Mein Name ist Nicola Hartung und mir gegenüber sitzt Oliver Beyer.

Heute haben wir das schöne Thema „Der Umgang mit unterschiedlichen Typen im Team – Wie Sie Gegensätze anziehend machen“. Gegensätze. Wie kommen wir denn zu diesem schönen Thema?

Oliver: Gegensätze – ich persönlich habe die Vorstellung, dass die sich gut ergänzen. Meistens erlebe ich aber, dass sie aufeinanderprallen. Und das sorgt nicht unbedingt für eine gute Arbeitsatmosphäre oder für gute Ergebnisse. Dir ist aus dem Trainingsbetrieb das Thema Konflikte sehr vertraut. Und das ist eigentlich eher das, was ich als Ergebnis von gegensätzlichen Typen dann beobachte.
Nicola: Ich habe gerade auch noch eine ganz andere Richtung gedacht. Ich habe in einem anderen Podcast, wo es um Paartherapie ging, gehört dass die Sprecherin gesagt hat,
Gegensätze sind das, was die Menschen am Anfang zueinander treibt und was sie am Ende wieder auseinandertreibt, weil es das ist, vorüber sie sich am häufigsten in die Haare kriegen. Die Unterschiedlichkeit.

 

Wie wir Unterschiede wahrnehmen

Oliver: Im Grunde finde ich schön, wenn diese Gegensätze thematisiert werden können. Vielleicht ist das auch der Fehler, der am Anfang gemacht wird, dass diese Anziehungskraft gar nicht thematisiert wird und damit diese Unterschiedlichkeit auch nie richtig konstruktiv aufgenommen wird. Ich beobachte vielmehr, dass über Andersartigkeit geredet wird. Der berühmte Umstand, dass Menschen übereinander statt miteinander reden. Und wenn das Gerede übereinander anfängt, dann beginnt man auch, andere auszugrenzen. Wenn das dann noch weiter geht, heißt das, neue Mitglieder für ein Team werden nur dann akzeptiert, wenn die genauso sind wie wir, wenn die gut zu uns passen.
Dann verstärkt sich sogar diese Ausgrenzung noch. Und die vermeintlich Andersdenkenden werden dann herausgestellt. Man zeigt dann auch drauf, weil die sich so komisch verhalten und weil sie dumme Fragen stellen, weil sie einfach nur schräg und Gegenstand für ganz tolle Geschichten sind.

Nicola: Oder weil sie, wie ich es tatsächlich selber mal erlebt habe, als unglaublich respektlos und unfreundlich kategorisiert werden. Ich war mal Teil eines Teams, das an zwei verschiedenen Standorten arbeitete, und wir haben viele Informationen hin und hergeschoben per E-Mail. Irgendwann, weil das wirklich mehrfach am Tag der gleiche Prozess war, habe ich angefangen, Anrede und Grußformel wegzulassen. Das hat dann zu einer erheblichen Schieflage im gesamten Team geführt. Und ich habe ganz lange überhaupt nicht verstanden, was eigentlich das Problem war. Es lief dann über drei Ecken, über den Chef und über die Werkstatt. Das war ein Handwerksbetrieb. Und auch als wir das dann geklärt hatten, dass es nur um und Effizienz ging in dem Fall, war das Kind bereits in den Brunnen gefallen und da ist es auch nicht mehr so richtig rausgekommen in der gesamten Zeit, in der wir zusammengearbeitet haben. Und ich war der Meinung ich tu was Gutes, weil ich den ganzen Schnörkel, Schnullifutz weglasse.

Oliver: Schon alleine in dieser Wortwahl wird für diejenigen, die darauf Wert legen, genau das zum Ausdruck kommen, was sie kritisieren. Und wenn man solche Missstimmungen dann im Team mal drin hat, verstehe ich schon, diese Schieflage ist nicht ganz so leicht zu beseitigen. Dann muss man das Pendel in die andere Richtung ausschlagen lassen und komplett denjenigen zu Wort kommen lassen oder auch bis zum Ende zu hören. Etwas, das in den Teams häufig nicht passiert. Und weil das nicht passiert, geht die Motivation für eine gute Zusammenarbeit und für gute Ergebnisse verloren, weil das Gefühl, das, worauf ich Wert lege, darauf wird gerade gar keine Rücksicht genommen.
Nicola: So war es dann auch. Die gegen uns und wir gegen die. Nur die Tatsache, dass ich gesagt habe, dass es nichts mit Unhöflichkeit zu tun hat, hat nicht dazu geführt, dass das Problem behoben worden wäre. Weil wir natürlich nicht gemeinsam daran gearbeitet haben, mal die Sicht des anderen einzunehmen. Mit Sicherheit steckt viel Gutes drin, immer eine Begrüßung und eine Grußformel zu schreiben, aber es war mir einfach viel zu anstrengend.

 

Anerkennung der Unterschiede hilft

Oliver: Wer das mal selbst erlebt hat, den anderen verletzt zu haben, weiß dass dann der Kampf um die eigene gute Absicht verloren ist. Ich muss dann dazu bereit sein, auf den anderen zuzugehen und ihn erst einmal anzuerkennen. Und da haben wir das Problem. Da sind wir im Gegensatz unterwegs, genau auf der Seite, die ich eigentlich gar nicht so gut finde in diesem konkreten Zusammenhang. Das ist keine generelle Aussage. Ich kenne Dich ja auch als jemanden, der durchaus respektvoll und sehr höflich und sehr beziehungsorientierte agiert. Aber in der konkreten Arbeitssituation hast Du was anderes vorne rangestellt und damit andere von Kopf gestoßen.

Und das kann nachhaltigen Schaden für die gesamte Teamzusammenarbeit mit sich bringen. Da ist die Zusammenarbeit dann erst mal komplett gestört und dann ist auch nicht mehr die Bereitschaft da, Probleme offen anzusprechen und anzugehen. Jeder zieht sich eher zurück, weil jeder einen Angriff erwartet, wenn der andere auf einen zukommt, falls das überhaupt was kommt. Und man ist nicht mehr von der positiven Haltung des anderen überzeugt.
Nicola: Das ging dann tatsächlich soweit, dass egal, welche Vorschläge kamen, zur Optimierung von Prozessen z.B., diese erstmal auf sehr großen Widerstand gestoßen sind.
Vor diesem Hintergrund verstehe ich das natürlich, in der Situation damals selber war das nicht so. Da ging es wirklich hoch her.
Oliver: Ich finde das gar nicht so ungewöhnlich, was Du erzählst. Ich kenne persönlich eine ganze Reihe von Führungskräften, die bewusst Leute einstellen, weil sie das Gefühl haben, ihr Team ist verkrustet und nicht mehr veränderungswillig. Und dann holt man sich neue Besen. Die kehren ja bekanntlich gut. Also Menschen, die ganz neue Erfahrung ganz neue Ideen und sowas reinbringen sollen. Und die laufen dann erstmal auf Grund bei denjenigen, die das Gefühl haben, wir werden die komplett überfahren.

Also so eine Situation habe ich auch erlebt, dass ich andere überfahren habe. Dann lohnt es sich wirklich, mal reinzuschauen, was man tun kann. Denn wenn ich jetzt selbst sehr beziehungsorientiert bin, dann sage ich, das geht natürlich gar nicht, ich will ja ein Team haben, das gut miteinander arbeitet. Am Ende kann ich aber auch ein eher Ergebnisorientierter sein, und auch da kann ich mit so einer Situation nicht zufrieden sein, denn was so ein Team an Ergebnissen produziert, bleibt hinter den Möglichkeiten zurück.
Da lohnt es sich wirklich, rein zu gucken, um wirklich diese Gegensätze anziehen zu machen, also auf den Weg zu gehen, wo man am Schluss sieht, die andere Orientierung kann ja auch was bringen.

 

Eigene Muster erkennen und beobachten

Nicola: Wie mache ich das? Wenn ich jetzt an Diskussionen in Trainings oder auch damals in dem Team denke, fallen wir immer wieder auf solche Äußerungen an wie:
Kann ja sein, dass das die Effizienz steigert, aber ich will mich nicht verbiegen. Mir ist das aber wichtig.
Oliver: Der erste Schritt, da kann nur jeder selbst was bei sich machen, ich werde es bei anderen erstmal nicht bewirken können. Es sei denn, die haben selbst eine Bereitschaft und stellen mir die Frage, so wie Du es jetzt getan hast. Der erste Schritt ist, wenn ich daran was tun will, muss ich mich erst mal selbst gründlich kennen. Dieses selbst gründlich kennen ist heute nicht so verbreitet, wie die meisten Menschen glauben. Das habe ich über mich selber auch lernen müssen. Wenn ich darüber rede, was ich bei anderen beobachte, das ist ja eigentlich keine Information über die anderen. Was Peter über Paul sagt..

Nicola: …sagt mehr über Peter als über Paul.
Oliver: Exakt. Das heißt, ich brauche mich gar nicht mit Paul zu beschäftigen. Ich höre mir einfach nur an, was Peter sagt. Das gibt einen sehr deutlichen Blick darauf, woran ist derjenige interessiert.

Auf Dein Beispiel zurückzukommen. Die Antwort war ja, es ist unhöflich. Demjenigen muss ich erst einmal so weit entgegenkommen und sagen, ich verstehe, Dir ist Respekt wichtig.
Und Umgangsformen in dem Fall. Die Anerkennung dessen, was in der Äußerung des anderen steckt. Wenn Du das jetzt für Dich selber machst, dann frag Dich mal, wie Du über andere redest. Das höre ich schon häufig, also dieser Gegensatz zwischen sehr stabilen, dauerhaften, nachhaltigen Orientierungen und den Innovationstreibern. Da kommt jemand neu ins Team und der erste Frust ist, von denen kriegst Du immer nur zu hören, das haben wir noch nie so gemacht, das haben wir immer schon anders gemacht. Und komisch, in den Gruppen, in denen so darüber gesprochen wird, kommt kaum jemand auf die Idee, dass diese Äußerung aus einer positiven Motivation herauskommen könnte.
Nicola: Das kann ich absolut bestätigen. Ich habe auch noch nie positiv und wohlmeinend über das „haben wir schon immer so gemacht“ gesprochen.
Oliver: Das ist der erste Punkt. Wir sind ja dabei, eigene Muster zu erkennen. Wir reagieren also scheinbar allergisch auf genau diesen Satz. Was heißt das?
In erster Linie ist mir wichtig, modern zu sein, mit der Zeit zu gehen, Fortschritt voranzubringen. Was auch immer dazu gehört. Vielleicht auch noch mit so ein bisschen Werteorientierung, was Neues auszuprobieren, bringt Spaß, ist faszinierend.
Und die Menschen, die uns dann in dieser Haltung entgegenkommen, die erkennen das erstmal nicht an. Das ist so eine Gegensatz-Konstellation, wie wir sie heute zum Thema haben in diesem Podcast.
Was treibt mich selbst daran an? Sind das die Dinge, die ich jetzt angesprochen habe? Oder sind es vielleicht noch ganz andere Dinge? Das ist der erste Schritt. Wenn ich das nicht verstehe, dann werde ich auch den nächsten Schritt nicht verstehen. Nämlich, wie ich auf andere reagiere.
Diese Reaktion ist in erster Linie ein Reflex, der ganz natürlicherweise aus dem herauskommt, was mir wichtig ist. Das möchte ich verteidigen. Wenn mir jetzt einer entgegenkommt mit einer ganz anderen Werteorientierung, dann haben wir erstmal nicht gemeinsam das Thema Effektivität oder Effizienz, sondern ich möchte Respekt von Dir sehen. Wie in Deinem Beispiel.
Nicola: Es kommt vielleicht auch noch dazu, ich war die Jüngste im Team. Also ich bin nicht nur als letzte dazugekommen, sondern damals hat auch noch Osten und Westen eine Rolle gespielt. Also ich war die einzige, die aus dem Westen war in dem Team.

 

Die Perspektive des anderen einnehmen

Oliver: Viele Dinge, die Gegensätze offenbaren. Wie gehe ich mit diesen Gegensätzen um? Jugend erkennt das Alter nicht an. Ein uraltes Thema. Ost und West, haben wir hoffentlich heute sehr viel mehr erreicht.

Also das was uns voneinander trennt zu betonen, hat auch was damit zu tun, dass das, was ich für mich brauche, was für mich wichtig ist und hohen Wert hat, ich von der anderen Seite nicht anerkannt fühle. Deshalb zeige ich denen gegenüber eine reflexartige Reaktion.
Für die Verteilung der eigenen Werte nachvollziehbar. Aber erst diese Reaktionen mal zu sehen, das ist ganz wichtig, um zu verstehen, was ich bei dem anderen anrichte.

Nicola: Ich damals die Möglichkeit überhaupt nicht in Betracht gezogen, dass eine andere Meinung oder eine andere Einschätzung als meine auch richtig oder genauso richtig sein kann. Also wenn wir hier über Gegensätzlichkeit sprechen, heißt es für mich natürlich mit meinem heutigen Wissen, mit meiner heutigen Erfahrung, dass muss sich nicht gegenseitig ausschließen. Das darf sehr wohl nebeneinander bestehen und sich vielleicht sogar gegenseitig unterstützen oder ergänzen. Aber in der konkreten Situation, die ich vorhin geschildert habe, da ging es wirklich nur darum, wer hat hier eigentlich mehr recht. Und das kenne ich sehr gut aus dem Konfliktmanagement. Da geht es in neun von zehn Fällen darum, wer hat mehr recht.
Oliver: So bald wir anfangen, darüber nachzudenken, wie wir reagieren, warum so reagieren, ist die Tür dahin geöffnet. Diese Bereitschaft anzuerkennen, dass auch jemand eine andere Meinung haben könnte, ist die Tür zumindest einen Spalt weit geöffnet. Und die Frage ist jetzt, wie kriegen wir die weiter auf? Das hat damit zu tun, dass die Menschen, die eine andere Werteorientierung als wir haben, wahrscheinlich auch keinen sehr vorteilhaften Blick auf uns haben. Sonst wäre es ja nicht zu der Eskalation des Konflikts oder des Zusammenstoßes gekommen.

 

Die gedankliche Übertreibung unseres eigenen Verhaltens schafft Klarheit in Bezug auf dessen Wirkung beim Anderen
Oliver: Bleiben wir bei uns selbst und überlegen uns mal, wenn wir jetzt das, was wir gut finden, überhöhen, zu stark herausstellen, könnte man ja auch von einer Übertreibung sprechen. Es gibt von allem Guten ein „Zuviel“. Und das kann man auf so ziemlich alles anwenden. Zu viel Süßes gibt Sodbrennen. Zu viel Alkohol, das weiß jeder selber. Es gibt eigentlich nichts, von dem man nicht zu viel haben könnte. Für die eigene Wertehaltung, das, was mir wichtig ist und was ich verteidige, aus diesem heraus zu viel zu machen, dieses Verständnis zu haben, öffnet mir den Blick für den anderen.
Wenn ich nur betone, was mir wichtig ist, da komme ich nicht auf die Idee, dass das negativ sein kann. Aber Übertreibung macht es schon deutlich. Da gibt es offensichtlich etwas, was andere in ihrer Wertehaltung verletzt. Was dann diese Gegensätzlichkeit deutlicher betont. Wie kriege ich das raus?
Nicola: Wahrscheinlich in dem ich aufmerksam beobachte oder einfach frage, wenn ich sowas mitkriege. Ich sehe ja im besten Fall, wenn ich meinen Gesprächspartner direkt vor der Nase habe, wie der darauf reagiert. Und wenn es nur das Lupfen einer Augenbraue oder ein Augenverdrehen oder ein tiefes Ausatmen ist, kann das schon ein Hinweis darauf sein, okay offensichtlich schwingen wir hier nicht gleich.
Oliver: Das ist das einfachste, frag die anderen. Ich kann selber noch so geschult und in noch so einer positiven Absicht beobachten, aber ich werde ja nie meinen eigenen Blickwinkel übersteigen. Irgendwo ist auch mein Tellerrand dann mal und darüber hinaus zu blicken, das geht nicht so ohne weiteres. Man kann es lernen und da viel Zeit und Energie reinstecken, aber der viel schnellere Weg dahin ist doch, dem anderen zu signalisieren, es ist mir nicht egal, wie Deine Reaktion ist. Das bedeutet was für mich. Und ganz offen und ehrlich zu fragen. Und dann bitte auch offen für die Antwort sein. Nicht nur das hören, was mir gerade gefällt, sondern womit ich anecke, ohne zu kommentieren logischerweise.
Das hat mit hoher Wahrscheinlichkeit etwas zu tun mit meiner Vorstellung, in meiner Werterhaltung, was erstmal nicht so richtig gut zusammen geht.
Nicola: Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch. Das heißt, wenn ich etwas tue oder sage und ich bekomme eine Reaktion darauf, die irgendwie nicht in mein Schema passt, kann das ein Hinweis darauf sein, mal nachzufragen, mir Feedback einzuholen, ohne dieses Feedback wiederum zu kommentieren. Denn sonst sitzen wir gleich wieder in der nächsten Rechtfertigungsschleife und fragen uns, wer hat eigentlich hier jetzt mehr recht. Und dann was?

Hinter jeder Handlung steckt eine positive Absicht

Oliver: Weil Du gerade das Wort Rechtfertigung eingeführt hast, das ganz fabelhaft in dem Zusammenhang klar macht, wo eigentlich das Problem ist.
Du hörst von mir, womit irgendwas nicht in Ordnung war und dann antwortest Du mit einer Rechtfertigung. Meine Aussage war, dass es nicht recht ist und Du antwortest damit, warum es doch recht war. Das spitzt den Konflikt gerade zu. Deshalb das bitte unterlassen.

Also erster Schritt ist, diese Tür weiter aufmachen in Richtung besseren Verständnis der Gegensätze ist, den anderen zu fragen, ihm Raum zu geben. Zweiter Schritt ist anzuerkennen, dahinter steckt was Positives.
Jetzt kommen wir wieder zu unserem Anfangsbeispiel, das haben wir schon immer so gemacht. Zu verstehen, dass dahinter was Positives steckt, ist der Schlüssel. Denn das ist das einzige, was die andere Seite auch tatsächlich annehmen würde, davor den Respekt zu zeigen. Und was liegt sich in einer solchen Orientierung drinnen, das zu verteidigen, was wir schon haben? Es gibt Stabilität. Es gibt Sicherheit. Und es gibt keine Organisation, die darauf verzichten kann. Wir verbrauchen gute Balance zwischen beiden. Und genau das ist der Punkt. Herauszufinden, wo in der Gegensätzlichkeit eine gute Ergänzung zu meinem einseitigen Standpunkt ist.
Ich bin doch nicht einseitig, ich bin vielseitig! Das denkt nur vermutlich jeder von uns, wenn er nicht wirklich gründlich reflektiert. Aber wir haben alle diese Verhaltensweisen, wo wir reflexartig drauf reagieren mit „das geht gar nicht“.
Eine Anrede in der email weglassen oder das, was ich bisher gemacht habe, so völlig mit Füßen zu treten und alles umschmeißen zu wollen.
Ich kann jetzt auch mal auf die andere Seite gehen. Ich kann auch mal die Stabilität verteidigen. Wenn ich davon ein Zuviel mache, bleibe ich stehen, werde ich rückständig.
Das heißt, wie auch immer der Gegensatz geartet ist, auf der anderen Seite rauszufinden, was ist eine gute Ergänzung, ein guter Beitrag, um das, was ich Gutes bewirken könnte, noch besser zu machen. Da geht der Weg lang.

 

Nicola: Jetzt ist es ja so, dieses reflexartige Verhalten ist häufig ein Indikator dafür, dass Menschen sozusagen in ihrer Weltsicht bedroht sind. Also ihr Werte-Konstrukt, ihr System, ihre Weltsicht, wie auch immer wir es nennen wollen, ist akut in Gefahr, sonst käme dieser Reflex nicht. Das ist ja ein Verteidigungsreflex. Wie gehe ich denn bewusst damit um, wenn ich in so einer Situation bin?
Oliver: Wenn ich es geschafft habe, dahin zu kommen, dass ich in der Haltung des anderen oder in dem Verhalten den positiven Beitrag entdeckt habe, dann sollte ich das adressieren, sollte ich das sagen, dass da etwas Gutes drin ist, dass wir das anerkennen. Denn das wird genau diese Ängste abbauen, wird eine Brücke bauen zu einer gegenseitigen Anerkennung. Erstens, ich erkenne an, dass ich in meinem Verhalten, eine Tendenz oder eine Möglichkeit zu Übertreibung und zu negativen Wirkung drin ist.
Zweitens, ich erkenne an, dass die Andersartigkeit, der Gegensatz der anderen Person oder der anderen Gruppe, das Potenzial bietet, genau das einzudämmen und zu einer guten Balance zu finden. Deshalb ist der Schlüssel in dem ganzen natürlich die Anerkennung des Anderen, des Andersdenkenden. Anders denken sollte als Qualität verstanden werden und nicht als Bedrohung.
Nicola: Und nur dann wird es wahrscheinlich möglich sein, dass tatsächlich unterschiedliche Typen gemeinsam als gleichwertig und gleich wichtig in einem Team miteinander für ein Ziel arbeiten können. Weil das dann eben nicht heißt, der Weg ist besser als der oder die Haltung ist besser als die. Sondern nur in der Vermischung oder in der Ergänzung. miteinander kommt dann was Produktives dabei daraus.
Oliver: Wir können uns das vorstellen wie zwei unterschiedliche Ufer von einem Fluss oder eine Überbrückung von einem Tal, wo wir mit unseren unterschiedlichen Wertehaltungen weit voneinander weg stehen. Und die Brücke zu bauen, braucht es einen sehr zuverlässigen Untergrund, der tragfähig ist. Und der besteht in dem gemeinsamen Ergebnis, in der gemeinsamen Zielorientierung der beiden Seiten ihren Beitrag leisten.

Zusammenfassung

  1. Kennen Sie Ihre eigenen Muster und beobachten Sie sie genau.
  2. Machen Sie sich bewusst, wann Sie zu etwas Nein sagen und warum.
  3. Holen Sie sich Feedback dazu, wo ihre Muster negativ wirken.
  4. Schärfen Sie den Blick dafür, was derjenige, der so ganz anders ist als Sie, zum Teamerfolg beitragen kann und geben Sie genau da zu Feedback.

 

Nicola: Dann darf ich schließen mit dem inspirierenden Zitat, diesmal von Konfuzius.

 

„Von Natur aus sind die Menschen fast gleich. Nur die Gewohnheiten entfernen sie voneinander.“

 

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12 – Mitdenken ist Trumpf

12 – Mitdenken ist Trumpf

Mitdenken ist Trumpf

Wie Sie die Aufmerksamkeit der Teams für Prioritäten erhöhen

 

Nicola: Herzlich willkommen zu Effektiv und Innovativ im Team. Mein Name ist Nicola Hartung und mir gegenüber sitzt Oliver Beyer.

Heute haben wir das spannende Thema Mitdenken ist Trumpf – Wie Sie die Aufmerksamkeit der Teams für Prioritäten erhöhen. Das passt für mich wunderbar zur letzten Folge. Wenn ich mitdenken höre, steckt für mich da auch gleich das selber denken drin. Also im Sinne von: Was wichtig ist, soll das Ergebnis des eigenen Denkens sein.

Ich hatte gerade letzte Woche ein Seminar zum Thema Führungskräfte-Entwicklung. Und da hatte ich eine Situation, die mich sehr nachdenklich gestimmt hat. Ein Abteilungsleiter war mit zweien seiner Teamleiter dabei. Dann haben wir eine Übung mit Brainstorming gemacht. Und die drei haben zusammengearbeitet. Was ich dann beobachten konnte, da war ich ein bisschen zwischen Lachen und Weinen. Die Übung sollte in Stillarbeit durchgeführt werden, es durfte also nicht gesprochen werden. Alle haben fleißig Post-its geschrieben und dann habe ich beobachtet, wie die beiden Teamleiter jeweils immer ihrem Abteilungsleiter ihre Ideen, die sie auf Post-its geschrieben hatten, quasi zur Genehmigung vorgelegt haben. Er hat dann entweder mit dem Kopf geschüttelt oder so eine „ist schon gut“ Handbewegung gemacht. Und ich dachte mir nur, oh weia, wenn die so miteinander arbeiten, dann ist mitdenken eher nicht so gefragt.

Oliver: Ja, und dann fragen sich die Führungskräfte, warum ihre Mitarbeiter, ihre Teams nicht selber mitdenken. Das erlebe ich häufig, dass genau das beklagt wird, dass Führungskräfte im Grunde alles selber machen müssen und dass ihre Mitarbeiter zu wenig mitdenken.

 

Warum es sinnvoll ist, dass alle im Team mitdenken

Oliver: Dann haben die Führungskräfte eigentlich dasselbe Problem, was wir beim Thema Prioritäten setzen auch schon hatten. Es hängt zu viel an uns selbst als Führungskräfte, wir müssen über Dinge entscheiden, wofür wir eigentlich viel zu gut bezahlt sind. Auf der anderen Seite ist das natürlich verführerisch. Wenn ich eine Entscheidung treffen darf, das gibt mir erstmal ein gutes Gefühl.

Nicola: Ja, da habe ich das Sagen, da habe ich die Macht.

Oliver: Ich bin wichtig, ich bewirke etwas, ich habe Einfluss. Das Macht-Thema ist da ein ganz häufiges.

Aber diejenigen, die geführt werden, werden auf die Art und Weise natürlich auch ganz systematisch dahin geführt, gar nichts mehr selber zu entscheiden, sondern alles hoch zu delegieren, was eigentlich tabu ist. Die Führungskräfte täten gut daran, ihr eigenes Verhalten mal dahingehend zu beleuchten, was ihr Verhalten auslöst.

Wenn ich an das Szenario mit den Post-its denke, dann geht das teilweise noch viel weiter. Oft sind es die Führungskräfte selbst diejenigen, die ihre Exzellenz damit unter Beweis stellen wollen, dass sie die besten Ideen beitragen. Und wenn mein Chef für mich deshalb so genial ist, weil er so gute Ideen hat, dann werde ich mich bald nicht mehr aufgefordert fühlen, selbst eine Idee beizusteuern.

Nicola: Zumal wenn das vielleicht noch mit einer Erfahrung verknüpft ist, nicht nur mein Chef hat sowieso die besten Ideen, aber alle Ideen, die ich beisteuern kann werden gleich erstmal abgeschmettert oder überhaupt gar nicht erst gehört. Dann werde ich das dreimal machen, wenn überhaupt, und dann werde ich schön brav meine Ideen für mich behalten.

Oliver: Na ja, ich habe ja gelernt, dass das System funktioniert und das, was ich beizutragen habe, ist nicht gefragt. Aber eigentlich ist das genau der Gegenstand der Klage so vieler Führungskräfte. Das ist es oft gar nicht unbedingt die Führungskraft selbst, die das zu verantworten hat. Wenn über lange Jahre jemand das so gelernt hat, vielleicht war der Vorgänger so drauf, das sind Dinge, die wir erstmal feststellen müssen, was für Muster sind da. Und diese uns erst bewusst machen müssen. Wenn man das schon lange so gelebt hat und jetzt soll das auf einmal anders sein, muss es auch gelernt werden. Aber dafür brauchen wir ein sehr konsequentes Vorgehen, sonst werden wir nichts erreichen.

Nicola: Lass uns doch noch mal einen Schritt zurückgehen. Warum ist es denn eine gute Idee, wenn ich ein Team habe, das selber mitdenkt?

Oliver:  Wir haben einfach eine sehr hohe Arbeitslast zu bewältigen. Und Dinge, die ohne nachzudenken gemacht werden können, das können auch Roboter und Maschinen tun. Wir werden auf die Dauer, ein Employability-Thema haben. Das es überhaupt nur Sinn macht, sich als Arbeitskraft sich am Arbeitsmarkt anzubieten, wenn ich etwas anzubieten habe, was mit eigener Entscheidungskompetenz, mit wirklich menschlicher Qualität zu tun hat. Damit meine ich jetzt nicht so sehr emotionale Dinge, sondern wirklich das, was nicht so einfach reproduzierbar ist, sondern was den menschlichen Unterschied macht. Dazu gehört sicherlich auch die Entscheidungsfreiheit, ein Bewusstsein für Bedeutung. Damit knüpfen war im Grunde nahtlos an die Themen Ziele und Prioritäten an, die wir im Podcast schon behandelt haben.

Nicola: Wenn ich nicht selber für mich denken und in der Folge auch für das Team nicht mitdenken kann, dann wird es ziemlich schwierig sein, meine eigenen Ziele zu formulieren und diese mit dem Team abzustimmen. Und das gleiche gilt für die Prioritäten eins zu eins.

 

Transparenz in der Organisation

Oliver: Es ist also eine gute Idee, sich mal selbst zu überprüfen, was für eine Führung man eigentlich selber ausübt als Führungskraft. Aber auch für jedes einzelne Teammitglied kann man mal drüber nachdenken, wie gehen wir mit Informationen um. Einer der wichtigsten Punkte für mich am Anfang, das brauchen wir heute mehr denn je, ist Transparenz in der Organisation. Und das bedeutet nicht, dass wir jedes kleine Firmengeheimnis auf die Website schreiben, sondern das bedeutet einfach, wesentliche Informationen, die für unser Zusammenspiel gebraucht werden, verfügbar machen. Das braucht eine gute Struktur, weil wir heute eine große Informationsfülle haben. Einfach nur die Archive aufzudecken, das reicht natürlich nicht.

Aber Informationen meint eben auch das, was für uns jetzt aktuell Bedeutung hat. Da gehts dann auch weiterhin zum Thema Ziele. Was wollen wir eigentlich erreichen? Wie kommen wir zu unseren Prioritäten? Welche Prioritäten haben wir eigentlich zum Schluss abgestimmt? Brauchen wir da eine Veränderung? Solche Prozesse transparent zu machen ist ganz wichtig. Und auf dem Weg dahin dann auch sichtbar zu machen, welche Ergebnisse haben wir eigentlich. Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig dafür gesorgt wird, weil das für so selbstverständlich gehalten wird.

Transparenz schaffen ist natürlich auch eine Frage der Kommunikationskultur.

Also nicht davon auszugehen, dass alle Dinge klar sind, sondern, und das ist das zweite Element der Führungsarbeit, dass wir kritisch überprüfen sollten, ob wir einen regelmäßigen Austausch fördern. Das heißt, auch eine offene Kommunikationskultur zu haben. Das eine haben wir schon mal im Zusammenhang mit Prioritäten gehabt, der Austausch in Daily Standups z.B., also die Leute zusammenzuführen und über die wesentlichen Dinge zu reden. Keine Werbung für noch mehr Meeting-Zeit, sondern quality time in den Meetings zu machen und auf die Dinge zu fokussieren, die wesentlich sind.

Nicola: Beim Thema regelmäßiger Austausch und Kommunikationskultur denke ich auch an das, was wir beim Thema Ziele besprochen haben. Diese Kick-off-Veranstaltung im Team, um Ziele zu definieren. Denn die müssen irgendwann mal kommuniziert werden. Es ist ja schön, wenn die in so einer Veranstaltung erarbeitet und vereinbart werden. Für mich wäre es ein bisschen heikel oder risikobehaftet, das dann einfach so stehen zu lassen und nicht in den Arbeitsalltag mit hinein zu transportieren.

Oliver: Am Anfang ein Ziel zu vereinbaren und hoffnungsvoller Weise nicht nur einfach vorzugeben und zu kommunizieren, ist das eine. Und daneben, ganz im Sinne von immer wieder Prioritäten neu ordnen, immer wieder darüber sprechen, was tun wir gerade dafür. Tun wir das Richtige dafür? Und das sichtbar zu machen, diese Art von Transparenz, diesen Einblick in den Prozess. Wo sind wir da auf dem Weg?

Das eine ist, regelmäßig reinzuschauen. Die Daily Standups sollten aber nicht in erster Linie Zeit kosten. Wenn Informationsverteilung Zeit kostet, dann ist das selten eine gute Idee, weil davon haben wir so wenig. Aber was gerne außer Acht gelassen wird ist das eins zu eins Gespräch.

 

Das eins-zu-eins Gespräch als Möglichkeit zu regelmäßigem Austausch

Nicola: Im Sinne eines Mitarbeitergespräches?

Oliver: Ja, aber ich meine jetzt nicht dieses hoch angesiedelte, einmal im Jahr durchgeführte und manchmal mit sogenanntem Feedback, eigentlich Beurteilungs- oder Kritikgespräch, sondern eins zu eins heißt, regelmäßig mit den Leuten sprechen, wie sie sich selbst sehen und meint, ihren individuellen Beitrag abzufragen.

Das Daily Standup hat dafür den Raum nicht. Da kannst Du ganz kurz einen Einblick geben, wo Du meinst, dass Du stehst. Aber Sinnfragen und Prioritäten zu klären oder zu verändern, das kann man im Daily Standup nicht leisten.

Die Führungskräfte machen das und nach meiner Erfahrung viel zu wenig, dass sie sich einzeln ihre Mitarbeiter nehmen in regelmäßigen Abständen und das noch mal abfragen. Wir kommen dann auch noch zu weiteren Dingen, wie wir mit Mitarbeitern kommunizieren. Aber ein eins zu eins Gespräch, nicht immer nur auf dem hohen Sockel, sondern wirklich zu sagen, das ist etwas, was der Ziel-Orientierung, der Prioritätensetzung dient und letztlich auch einen besseren und qualitativ höherwertigen Ergebnis führt. Das wird zu wenig erkannt.

Nicola: Du meinst also so eine Art nicht-standardisiertes, aber regelmäßiges Gespräch, was nicht so hoch aufgehängt ist, wie ein Mitarbeitergespräch mit Bewertung und allem, was sonst noch so dazu gehört. Eher in einem formellen oder eher in einem informellen Rahmen? Kannst Du das noch ein bisschen ausführen?

Oliver: Es sollte nicht in der Kaffeeküche stattfinden. Informell sehe ich eher ein bisschen kritisch. Es geht wirklich darum, zu zeigen, zu signalisieren, das, was Du siehst, was Du als Beitrag zu leisten hast, ist mir wichtig, von der Führungskraft ausgehend. Natürlich sollten die Themen sollten schon soweit klar sein, was sind gerade unsere Prioritäten. Ein bisschen Formalisierung braucht das auf jeden Fall. Es sollte keinen zu engen Rahmen haben und es muss jetzt auch nicht auf einen bestimmten Zeitraum ausgedehnt werden. Aber das Gespräch zur Klärung darüber, ob wir irgendetwas zu besprechen haben, was es an Feststellungen gibt, ob wir über die Prioritäten über Zielausrichtung o.ä. neu sprechen müssen, ist immer hilfreich.

Wenn von jemanden in den Daily Standups permanent nichts kommt oder permanent irgendetwas kommt, sind das so Anlässe, die sollten mich auf jeden Fall drauf bringen. Aber bitte nicht nur mit denjenigen, die sich in irgendeiner Form auffällig verhalten, sondern für Ausgewogenheit im Team sorgen. Also wirklich mit allen sprechen, um einen guten Überblick zu haben, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Denn ich mag als Führungskraft den besten Überblick haben, weil ich die besten Beziehungen und die beste Einsicht in verschiedene Bereiche habe, aber ich habe nie das gesamte Bild.

Nicola: Nach welcher inneren Struktur kann so ein Mitarbeitergespräch oder so ein Gespräch, wenn es kein Mitarbeitergespräch im engen Sinne ist, ablaufen?

Oliver: Ich würde die Struktur solcher Gespräche gar nicht so eng fassen, aber so ein paar ganz grundsätzliche Kommunikationselemente genau in diesem Rahmen auch üben.

 

Fragen Sie!

Oliver: Und das erste ist, kann ich gar nicht oft genug betonen bei Führungskräften, fragen Sie!

Führungskräfte, weil sie die Fragen gestellt kriegen, haben so einen „ich weiß es, ich gebe Antworten“-Modus. Aber wir kümmern uns zu wenig um die richtigen Fragen, weil wir so fixiert auf die richtigen Antworten sind. Fragen Sie nach der Sicht Ihrer, wäre etwas, was ich jeder Führungskraft immer wieder ins Gebetbuch reinschreiben möchte. Denn die Sicht der Teammitglieder ist mit hoher Wahrscheinlichkeit etwas, was ich als Führungskraft nicht im Blick habe. Und selbst die Teammitglieder untereinander tun gut daran, sich das öfter mal gegenseitig auszutauschen, um einfach die verschiedenen Sichtweisen, die auch aus der Unterschiedlichkeit von Typen kommen, miteinander zu verknüpfen und so zu einem besseren Gesamtbild zu kommen.

Nicola: Da sind wir wieder beim Thema Kommunikationskultur. Wenn ich es schaffe, verschiedene Sichtweisen auf das gleiche Thema in einem Raum nebeneinander stehen zu lassen, dann habe ich auch schon ganz viel im Hinblick auf Teamkultur geschafft. Dann ist das Vertrauen und die Offenheit da, dass diese Unterschiedlichkeit sein darf und dass sie sogar begrüßt wird. Wenn von der Position der Führungskraft immer wieder die Frage danach kommt. Dann ist natürlich auch wichtig, dass mit diesen Innenansichten der Teammitglieder auch etwas passiert.

Oliver: Damit wird auch die Grundlage dafür geschaffen, dass wir eine Kultur haben, wo Ideen willkommen geheißen werden. Fragen Sie nach Ideen, fragen Sie nach Lösungsansätzen. Fragen Sie danach, bringen Sie die nicht selber. Lassen Sie wirklich dem Team seinen kreativen Raum. Wenn ich das mit dem Team gut erarbeitet habe, worauf wir hinauswollen, was das Ergebnis sein soll, dann kann man das Spielfeld soweit öffnen, zu sagen, die Spielzüge, die wir darin machen, die sind dem Team überlassen, wenn sie erfolgreich sind. Denn das Team ist in der jeweiligen Situation. Dabei muss der Ball ganz klar nicht ins eigene Tor, sondern in das des Gegenübers. Das weiß jeder. Deshalb darf ich auch der Kompetenz des Teams vertrauen und dazu ermutigen. Aber bitte nicht so wie ein DSDS Juror, Du kriegst jetzt eine Haltungsnote nur für Idee. Das würde natürlich alles im Keim ersticken. Auf die Art und Weise würde gar nicht mehr Wert gelegt auf den Beitrag, den ich Teammitglied leisten könnte, wenn ich sowas als Mitarbeiter erfahre.

 

Erwartungsklärung schafft Klarheit

Oliver: Damit wir das ganze einordnen können, müssen wir auch zum Thema machen, was sind Erwartungen. Erwartungen sind die Quellen von Enttäuschungen. Aber nur in dem Fall, wenn wir sie im Geheimen hegen. Das heißt, wenn wir mit unseren Erwartungen rumlaufen und dann immer schön begründen, warum wir enttäuscht sind. Dann ist das nichts Wertvolles. Erwartungen, die ich an andere habe, zu kommunizieren, gibt dem anderen einen Orientierungsrahmen dafür, wonach er sich richten muss. Und Du kennst das aus dem Seminarbetrieb genauso wie ich. Wir fragen immer am Anfang nach, was muss hier passieren, damit das für Euch eine gute Veranstaltung ist. Dann kriegen dann ganz wertvolle Hinweise, was eigentlich für die Teilnehmer die Themen sind.

Nicola: Das spannende bei dieser ersten Seminareinheit ist, dass ich nicht nur die Erwartungen bekomme, was erwarten die eigentlich von mir, sondern auch, was erwarten die voneinander gegenseitig. Und dann sind wir schon wieder mitten im Thema Teamkultur, Gesprächskultur, wie wollen wir eigentlich miteinander umgehen, wie wollen wir miteinander kommunizieren, was ist ein No-go. Und es ist etwas, worauf wir uns im Seminar-Betrieb immer wieder beziehen können. Hier habt Ihr es formuliert, da steht es. Meistens steht dann sogar schriftlich auf einem Kärtchen oder Post-it z.B. respektvoller Umgang. Und wenn dann der erste anfängt, mit irgendwelchen vor Sarkasmus triefenden Kommentaren, ist das sehr schnell einzufangen.

Oliver: Wenn man sichtbar macht, was die einzelnen Erwartungen sind, dann wird auch ganz schnell so ein Gedanke, es geht für uns um etwas, das für uns als Gruppe eine Bedeutung hat und nicht nur die Erwartung von jemand anderem, was von der Unternehmensleitung oder von der höheren Hierarchie erwartet wird.

Natürlich sind die auch mit drin. Sie werden aber ganz anders anerkannt, wenn wir noch unsere eigenen Erwartungshaltungen mit reinbringen. Dann wird aus der ganzen Sache eher eine Dynamik. Wenn es nicht mehr nur darum geht, die Erwartung von Fremden zu erfüllen, sondern auch unsere eigenen Vorstellungen damit zu verknüpfen. Dann wird man nämlich viel häufiger, als man es für möglich hält, feststellen, dass es Schnittmengen gibt. Das wir eigentlich dasselbe oder in großen Teilen dasselbe wollen.

Nicola: Und es zeigt auch, dass alle Erwartung aller Teammitglieder, die der Führungskraft eingeschlossen, gleich viel Wert sind und dass sie gleich viel Raum bekommen. Das führt zu einer Teamdynamik, wo dann auch tatsächlich jeder zum Zug kommt. Und dann sind wir wieder dem Thema Motivation, Verantwortung übernehmen und solchen Effekten.

 

Feedback geben

Oliver: Und du hast das Thema Kommunikationskultur angeführt. Wenn ich es jetzt noch schaffe, nicht nur am Anfang zu fragen, was sind die Erwartungen, sondern zwischendurch auch ein Feedback zu geben, bin ich noch einen Schritt weiter. Sowohl ein kritisches Feedback, Du wirst gerade, wie im Beispiel genannt, den gemeinsam aufgestellten Regeln nicht gerecht oder Du bist nicht auf dem gemeinsam vereinbarten Weg zum Ergebnis. Als auch die Bestätigung, das war jetzt aus meiner Sicht ein großer Schritt in die richtige Richtung. Nicht so wie in Süddeutschland, wo es häufig heißt, nicht geschimpft ist schon gelobt genug. Feedbackkultur im Sinne von beiden Dingen. Das empfehlen wir Führungskräften. Aber auch in der Teamkultur ist das eine tolle Sache, weil wir auf die Art und Weise immer wieder den Fokus darauf lenken, worum es eigentlich in unserer Zusammenarbeit geht.

Da geht es nicht alleine darum, dass wir alle ein gutes Miteinander wollen. Das menschliche Wohlfühlen ist natürlich hilfreich, aber das machen wir nicht zum Selbstzweck im betrieblichen Zusammenhang, sondern um bessere Ergebnisse zu erreichen.

Eine offene Feedbackkultur zeigt sowohl auf, wenn ich etwas richtig gemacht habe und

ebenso, wenn es nicht so richtig rund läuft.

Nicola: Wenn man das im Team regelmäßig macht, dann werden die einzelnen Teammitglieder sehr unterschiedliche Dinge in ihrem Feedback verpacken. Da haben wir schon wieder die unterschiedlichen Sichten und die unterschiedlichen Wahrnehmungs-Perspektiven und das kann ja für jeden einzelnen sehr empowering sein.

Oliver: Einen Effekt, den man nie unterschätzen darf. Wir erleben das häufig in Trainings, dass es Teilnehmer gibt, die sich gerne zurückziehen, die in einer reinen Beobachterrolle und damit auch in der Unsichtbarkeit versinken. Wenn dieses Verhalten registriert wird, wenn das auch von Leuten angesprochen wird, und wenn diejenigen, die sich vielleicht tendenziell eher zurückziehen, dazu aufgefordert sind, zu sagen, wie es denn Deine Sicht der Dinge, wie ist Dein Beitrag? Dann wird ein Bewusstsein geschaffen dafür, dass mein Verhalten, nicht irgendwie beliebig, sondern wichtig ist. Das macht einen Unterschied, weil gesehen wird, was ich tue. Dann wird man auch ganz anders ermutigt und motiviert sein, sich auf eine bestimmte Art und Weise zu verhalten oder seinen Beitrag zum Ergebnis zu leisten.

Damit haben wir eine ganze Menge Beiträge und Ideen dazu, wie wir die Aufmerksamkeit für Prioritäten im Team erhöhen.

 

Zusammenfassung

Nicola:

  1. Sorgen Sie für Transparenz im Hinblick auf Ziele, Ergebnisse, Informationen und Prioritäten.
  2. Fördern Sie regelmäßigen Austausch.
  3. Fragen Sie nach der Sicht der Teammitglieder und nach Ideen für Lösungsansätze.
  4. Klären Sie die Erwartungen, Ihre und die Ihrer Teammitglieder.
  5. Geben Sie Feedback und ganz wichtig, holen Sie Feedback ein.

 

Zum Abschluss das inspirierende Zitat diesmal von Oscar Wilde.

„Auf seine eigene Art zu denken ist nicht selbstsüchtig. Der nicht auf seine eigene Art denkt,

denkt überhaupt nicht.“

 

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11 – Richtig priorisieren

11 – Richtig priorisieren

Wie Sie richtig priorisieren

Wie geht Vorfahrt für die wirklich wichtigen Dinge im Team herzustellen?

Nicola: Wenn es um richtig priorisieren geht, geht es mir so ein bisschen wie damals bei der Geschichte mit der SMART Regel. Ich kenne das eigentlich nur aus dem Selbstmanagement. Jetzt geht es hier ja aber um Teams.

Kannst Du das ein bisschen erläutern, wie Du zu dieser Themen-Verknüpfung gekommen bist?

Wozu brauchen wir Prioritäten?

Oliver: Ja, die Parallelität zu den Zielen kommt nicht von ungefähr. Es hat viel damit zu tun, sich bewusst zu machen, was man da eigentlich tut und ob das die richtige Bedeutung hat.

Und so, wie wir das natürlich für uns selber klar machen sollten, so ist es erst recht im Team wichtig, diese Sachen abzustimmen.

In letzter Zeit kommt mir so ziemlich jeder Teilnehmer bei der Frage, wie geht es Dir gerade und warum bist Du hier, immer wieder die Aussage, als wie die katastrophal die Arbeitssituation empfunden wird.

Jeder hat natürlich viel zu viel Arbeit am Hals und weiß nicht, wie er damit fertig werden soll. Und es ist keine Besserung in Sicht, weil das zunehmende Tempo, das manchmal vielleicht mehr gefühlt, aber auch in der Realität nachweisbar da ist, so hoch ist. Es kommen halt ständig neue Themen dazu und das in einer ständig steigenden Geschwindigkeit.

Das bedeutet, ich muss mich von der Vorstellung verabschieden, ich kann das alles erledigen. Wenn ich das nicht tue, dann passiert halt der übliche Stress-Mechanismus. Ich fühle mich getrieben. Und was ich dann garantiert nicht mehr habe, ist das Gefühl, dass ich die richtigen Dinge tue, dass ich das tue, was für mich eigentlich Bedeutung hat.

Und wichtige Themen bleiben halt liegen. Das ist etwas, das ich auch häufig auch in Teamentwicklungsprojekten höre. Dass man zwar ganz tolle Ideen hat oder hätte,

und wenn ich in dann in mehrmoduligen Maßnahmen beim nächsten Mal abfrage, was habt hat sich daraus entwickelt aus den Plänen aus den Projekten, die ihr beim ersten Mal hier geschmiedet habt?

Dann höre ich, ja, wir haben dann mal angefangen und dann war aber… und dann kommen irgendwelche Dinge genau in diesem Mechanismus. Irgendwas ist rein gebrochen und das eigentliche Ding ist liegengeblieben, obwohl es doch so wichtig gewesen wäre.

Nicola: Das ist so ein bisschen wie bei den Zielen mit dem Säge schärfen.

Oliver: Ja, den Blick auf das behalten, was das Wesentliche ist. Nicht nur einfach die Bäume ummähen, sondern das ganze auch mit einem vertretbaren Aufwand und mit einer Performance, dass Du im Blick behältst, wie viele Bäume Du am Ende des Tages mit einem Kraftaufwand, der nicht komplett erschöpft, sägen kannst.

Nicola: Das klingt jetzt sehr strategisch. Jetzt ist Strategie ist nicht etwas, was ich mir unbedingt ganz groß auf die Fahnen schreiben würde. Wie geht denn strategisches priorisieren für Menschen mich?

Oliver: Ich weiß jetzt nicht, was Du da an Besonderheit hervorheben möchtest mit so Menschen wie Du. Strategisch heißt für mich jetzt erstmal, sich darauf einzustellen was könnte alles passieren. Das heißt, genau diese Veränderungen, das was mir in die Quere kommt, mir von vorne herein zu überlegen und mein Vorgehen daran anpassen.

Das heißt auch, nicht einfach ein Ziel aufschreiben und dann daran glauben, dass ich das gegen alle Widerstände durchboxe, sondern immer wieder innehalten und sich klarmachen, wie neue Ziele, die dazu kommen, sich dazu stellen. Und was dann vielleicht in dieser neuen Situation Priorität hat. Das ist vielleicht das ursprüngliche Ziel, vielleicht ist es aber auch wirklich das, was neu dazu gekommen ist.

Nur nicht alleine das, was dazu kommt jetzt dominieren zu lassen, ist die große Herausforderung: Der Chef, der reingeplatzt ist und das ganz wichtig erledigt haben will. Oder irgendwelche Anrufe nach dem Motto, wer am lautesten schreit, wird zuerst bedient.

Das wäre das Gegenteil von Strategie, dass wir uns davon überrollen lassen, was auf uns zukommt. Sondern, dass wir uns zeitnah und regelmäßig in kürzeren Abständen immer wieder diese Gedanken machen, was hat jetzt Priorität und da auch selbst drauf Einfluss nehmen.

Teamprioritäten mit dem Daily Standup sichtbar machen

Nicola: Wenn Du jetzt sagst, regelmäßig und in kürzeren Abständen und es geht um Team,

da fällt mir natürlich sofort aus dem aus dem agilen arbeiten das Daily Standup ein. Meinst Du eine Veranstaltung, die so in die Richtung geht?

Oliver: Ja. Daily Standup hat grundsätzlich zwei sehr charmante Dinge zu bieten. Zum einen findet es täglich statt, das heißt, ich habe immer wieder den Blick darauf, wie die derzeitige Situation ist. Und zum anderen wird es sehr kurz gehalten. Es darf natürlich nicht noch ein Meeting eingeführt werden, was viel zu viel Zeit kostet. Deshalb bleibt man ja auch stehen und macht sich das nicht zu gemütlich in seinem Sessel, damit man wirklich in einer Viertelstunde zusammenkommt, den Überblick schafft und dann aber fokussiert wieder an die Arbeit geht in dem Bewusstsein, wir haben die Prioritäten klar. Wir tun das, was an diesem Tag ansteht und Bedeutung hat.

Nicola: Und wie geht dann das Prioritäten finden? Im Daily Standup ist es ja so, dass jeder diese drei Fragen beantwortet, was habe ich gestern getan, was will ich heute tun, was ist heute mein Ziel und was kommt mir dabei vielleicht in die Quere? Oder was habe ich an Hindernissen, die mich möglicherweise am Erreichen dieses Ziels hindern? Wenn dann in den 15 Minuten, die ja dafür vorgesehen sind, jeder seins vorgetragen hat aus dem Team, wie findet man dann als Team die Prioritäten? Es hat noch jeder seine eigenen, so ähnlich wie bei den Zielen auch. Die müssen ja dann harmonisiert werden miteinander.

Oliver: In diesem Meeting selbst ist das gar nicht unbedingt das Thema, sondern im Meeting selber soll sichtbar gemacht werden, was hat sich verändert seit dem letzten Prioritäten finden. Oftmals kann man dann relativ schnell zu einer Neuordnung kommen oder man muss daraus was ableiten, was einfach das gesamte Team betrifft. Das Daily Standup ist aber erst einmal dazu wichtig, dass das gesamte Team Einblick bekommt, wo stehen wir, was hat sich verändert, das würde ja dann auch von einer Leitung oder Moderation mit eingebracht werden.

Das eigentliche Priorisieren ist eine Methode, die ich in der Folge oder vielleicht auch wenn es schnell geht, in der Situation selber anwenden kann. Das kann auch durchaus jeder für sich selber machen im Rahmen eines größeren Auftrags, wenn der nicht durch die neuen Informationen oder die veränderte Lage in Frage gestellt wird.

Aber der erste Blick ist erstmal darauf was tue ich hier eigentlich, wobei habe ich Probleme, was läuft gut, wie geht’s weiter. Also immer diese erneute Orientierung in den Blick zu nehmen.

Das ist auch im Selbstmanagement das, was wir Menschen immer wieder raten und was auch jeder als guten Rat annimmt, aber dann doch meistens nicht so konsequent umsetzt, wie es eigentlich wünschenswerte wäre. Nämlich in regelmäßigen Abständen immer wieder zu überprüfen, was mache ich hier eigentlich.

Nicola: Also das eine ist natürlich, regelmäßig zu überprüfen, was tue ich gerade. Stimmt die Prioritätenliste noch genauso, wie ich sie gestern gemacht habe oder heute Morgen. Jetzt frage ich mich gerade, was mir dabei helfen würde. Und so wie Du das gerade formuliert hast, ist bei mir so die Idee aufgetaucht, was wäre denn, wenn ich mir immer dann,

wenn ich diese Prioritäten überprüfe, die Frage stelle, wozu tue ich die verschiedenen Aufgaben?

Oliver: Es ist ganz wichtig, dass das, was wir tun in einem solchen Zusammenhang eingeordnet wird. Und die Priorisierungsmethoden, die man da anwenden kann, sind zahlreich. Ich habe jetzt hier nicht den Anspruch einen vollständigen Katalog mit Dir zu erarbeiten, aber so ein paar Methoden, die landläufig vielleicht bekannt sind, die vor allem in der Anwendung einigermaßen praktisch sind, vorzustellen.

Der erste Punkt ist wirklich mal von Deiner Arbeitsalltag-Gestaltung oder auch persönlich, wenn Du das für Dich als Strategie entwickeln willst, diesen Platz zu finden, zu sagen, ich mache etwas regelmäßig, z.B. ein Daily Standup. Genauso wie die Vorbereitung eines Daily Standups von jedem einzelnen auch sein sollte, wir schließen unseren Arbeitstag ab und haben damit auch im Blick, was wir beim nächsten Daily Standup, das ja meistens morgens stattfindet, beitragen können, in dem Bewusstsein, ich habe das und das geschafft oder eben auch nicht geschafft oder müsste eigentlich schaffen. Diese Orientierung in einem Zusammenhang einzuordnen, wo sie auch für Dich erstens und zweitens dann auch für Dein Team Sinn macht.

Nicola: Ja und das geht natürlich hier nur in der raschen Folge, so wie es vorgesehen ist, wenn jeder einzelne sich vorbereitet hat. Und damit schon vorher weiß, was er vorhat in seinen zwei oder drei Minuten, die er zur Verfügung hat, darzustellen. Wenn ich dann erst überlegen muss, dann ist die Zeitdisziplin zum Teufel.

Oliver: Deshalb machen viele Teams das auch so, dass nicht unbedingt jeder zu Wort kommen muss. Wenn sich bei jemandem keine gravierenden Veränderungen, Ergebnisse und ähnliches ergeben haben und er hat keinen Beitrag hat, muss man nicht alles wiederholen. Es geht wirklich darum, sichtbar zu machen, was hat sich verändert. Wenn ich 3-4 Tage in Folge arbeiten und alles ist im Plan, dann ist es auch okay. Da muss ich nicht drei Fragen beantworten oder immer in dem Bewusstsein, ich muss einen besonders wichtigen Beitrag leisten. Denn dann kommen wir wieder in Schwierigkeiten mit dem knappen Zeitrahmen. Du sprachst von der Viertelstunde. Die würde ich wirklich raten nur bei großen Teams und im Extremfall anzunehmen. Wenn ich das meinem kleinen Team hinkriege bei 5 bis 10 Minuten zu bleiben, ist das allemal besser. Das wird auch den Widerstand niedriger ansetzen, weil jeder, der sowieso schon knapp mit seiner Zeit ist, freut sich auch nicht über eine Viertelstunde zusätzlicher Zusammenkunft.

Nicola: Vor allem, wenn man dann noch im Blick hat, dass vielleicht auch nicht alle zum gleichen Zeit anfangen, zu arbeiten, sondern dann vielleicht einige schon arbeiten, andere gerade erst kommen und das muss ja dann auch zeitlich passen.

Eisenhower-Matrix

Nicola: Was sind denn so die üblichen Techniken, wenn es um Prioritäten setzen geht?

Oliver: Sehr weit verbreitet und bekannt nach dem, was ich so beobachte, ist die Eisenhower Matrix. Die hat vermutlich jeder schon mal gehört. Also bei meinem allerersten Zeitmanagement-Seminar, das mag jetzt so 30 Jahre her sein, habe ich die auch schon kennengelernt. Ich habe damals mitgenommen, Du nimmst eine ABC Priorisierung vor und es gibt eine Unterscheidung nach wichtig und dringend. Und das was wichtig und dringend, ist Priorität A und muss natürlich sofort gemacht werden. Dann bin ich damals aus diesem Seminar rausgegangen und habe gesagt, jetzt mache ich nur noch A und dann habe ich den wichtigen Kalender und meinen tollen Beitrag geleistet. Das ist ein schöner Trugschluss. Also A ist nicht immer gut an der Stelle. Es ist immer die Frage, was man mit A identifiziert. Aber wenn ich nur wichtige und dringende Sachen in meinem Kalender stehen habe, ist das auf die Dauer ganz schön anstrengend. Dann hast Du so einen Red Adair-Job und zwar rund um die Uhr.

Nicola: Red Adair, ist das dieser Feuerwehrmann?

Oliver: Das ist genau der, der durch die Welt gejettet ist und immer die ganz großen Brandstellen, besonders Ölquellen gelöscht hat. Das war mit Sicherheit dringend, das konnte man nicht ewig weiter brennen lassen und das war auch wichtig, das zum Stoppen zu bringen. Aber wenn Du nur noch solche Dinge machst, wird Dich das auf Dauer ausbrennen.

Wenn ich in die Diagonale in diesem Modell gehe, es ist ja quadratisch mit vier Feldern angeordnet, dass weder dringend noch wichtig ist, da darf ich mich mit Fug und Recht fragen, warum ich mich damit überhaupt beschäftige. Die Frage, warum ich mich mit unwichtigen Dingen beschäftige, die auch gar nicht anstehen, sollte eigentlich gar nicht gestellt werden müssen.

Nicola: Sollte nicht gestellt werden müssen… aber ich erlebe es in Seminaren immer wieder, wenn ich dann mit Gruppen so eine Einteilung vornehme: Was für Arbeiten habt Ihr üblicherweise an einem Tag, ordnet die mal ein. Und dann finden sich erstaunlich viele Aufgaben, die zunächst in C landen. Bei genauerer Betrachtung aber doch in D gehören. Also in den Quadranten der, wie Du es so schön formuliert hast, die Aufgaben beinhaltet, die so unwichtig sind, dass man sich die Frage gar nicht stellen müssen sollte. Dann ist die Frage warum? Warum gibt es so viele Aufgaben, mit denen wir uns gar nicht beschäftigen sollten?

Oliver: Das hat damit zu tun, was sie eigentlich der Kern des Eisenhower Modells ist, nämlich die Unterscheidung zwischen wichtig und dringend. Und das dringende, das suggeriert eben, dass es eine Bedeutung haben könnte und wird auch gerne als Schein-Priorität qualifiziert. Woher kommt das? Alles was dringend ist, kommt aus meinem Kalender. Und wenn wir in Teams arbeiten, dann haben wir häufig wohlmeinende Kollegen, die gute Ideen haben, wie wir unsere Zeit verbringen (sollten). Das heißt, Du kriegst einfach Termine rein geblockt. Selbst diejenigen, die versuchen, für sich selber Zeitinseln zu schaffen, um die ihnen wichtige Dinge zu machen, werden dann gnadenlos überschrieben. Das höre ich unabhängig von Firmen und Branche immer wieder, dass die Kollegen gar nicht Herr über ihre Zeit sind, weil der Respekt im Team einfach gar nicht gegeben ist. Zum Teil bestimmt die Hierarchie einfach, da können wir doch mal einen Termin reinsetzen oder der ist voll, das muss aber trotzdem irgendwie sein, dann überschreiben wir es einfach.

Und wenn ich dann nur nach dieser zeitlichen Steuerung gehe und nicht irgendwo eine Unterscheidung mache, dann laufe ich auch in den Stress. Das Dumme ist, anders als Red Adair weiß ich nicht mal, ob das was ich in dieser stressigen Zeit mache, überhaupt von Bedeutung ist.

Das ist ganz besonders dramatisch. Aber immerhin doch leichter zu befolgen, was im Kalender und damit als wichtig definiert ist, als sich die Frage zu stellen, was ist jetzt wirklich wichtig.

Nicola: Das kann ich mir gut vorstellen. Vor allem dann, wenn es so richtig hoch hergeht, wenn mein Stress-System richtig hochgefahren ist, dann kriege ich auch einen Tunnelblick dann habe ich gar keine freien Kapazitäten mehr, um mir noch die Frage zu stellen, ist das jetzt wirklich wichtig, was ich gerade mache? Dient das eigentlich meinem Ziel, das ich an diesem Tag oder in dieser Woche oder bei diesem Projekt erreichen will?

Regelmäßige Überprüfung der gesetzten Prioritäten

Oliver: Genau deshalb ist ja dieses regelmäßige, was ich strategischer werden genannt habe, so wichtig. Wenn Du für Dich selber immer wieder den Anker wirfst und sagst, okay es gibt diesen Moment, wo ich aus dem Tunnel aussteigen und drauf schaue, was tue ich hier eigentlich? Ist das überhaupt noch die richtige Richtung, die ich verfolge? Denn wir wissen genau, das ist viel zu viele Unternehmensbereiche gibt, die sich das nicht leisten können ständig, mit der Eisenhower-Matrix zu überlegen, das, was ich jetzt zu tun habe, in welchem dieser Felder ist das eigentlich? Ich muss schon zulassen für mich selber eine Art Programmierung zu haben, in der ich besonders schnell die Finger rund gehen lassen und mir auch einen Tunnelblick leisten kann. Das ist ja für die Arbeitsergebnisse auch eine feine Sache. Da hast Du eine wahnsinnig hohe Effizienz.

Die Gefahr ist aber eben, dass man dann in eine Richtung läuft, die überhaupt nichts mehr mit Wertschöpfung, mit Zielen, mit Bedeutung zu tun hat. Und deshalb muss man sich immer wieder diese Auszeiten nehmen und ganz gezielt schauen, was ist jetzt tatsächlich der Wichtigkeit geschuldet. Für sich persönlich auf jeden Fall, aber auch im Team.

Nicola: Las uns mal bei dem bei diesem Punkt bleiben. Also sich regelmäßig immer wieder die Auszeit nehmen, die Wichtigkeit oder die Sinnhaftigkeit dessen, was ich gerade tue, zu überprüfen. Was heißt regelmäßig? Jeden Tag fünf Mal? Einmal am Tag? Also wenn Du jetzt sagst, von Fall zu Fall, würde mir das schon wieder schwerfallen. Denn dann bin ich wieder in so einem Tunnel drin und weiß gar nicht, wann denn jetzt.

Oliver: Ausprobieren. Da gibt’s keine Regel, nach der Du Dich grundsätzlich richten kannst.

Die Daily Standups geben Dir ja schon mal grundsätzlich die Gewissheit, dass Du in einem sehr engen Rhythmus regelmäßig drauf guckst. Die müssen aber dann sehr klein bleiben. Wenn Du allerdings ständig in Strategie-Meetings bist, dann wirst Du jetzt wieder nur sagen: Meetings? Na, das ist das, wo viele reingehen und nichts bei rauskommt. Aber das ist nicht als sinnhaft zu vermitteln.

Im persönlichen Bereich ist die Empfehlung immer, das wöchentlich zu machen, auch da zu dem Zeitpunkt, wo Du einen guten Abschluss findest und einen neuen Ausblick machen kannst. Was jetzt in der Organisationseinheit ein guter Rhythmus ist oder nicht,

das muss man ausprobieren. Da wo Menschen viel unterwegs sind, da wird das gar nicht wöchentlich möglich sein. Aber etwas in dieser Art regelmäßig zu installieren, das immer wieder zu überprüfen und auch anzupassen, hilft bei der Orientierung. Deshalb haben wir das Thema Ziele so ausführlich geklärt. Das ist nämlich genau das, woran ich mich orientieren kann und Ziele sind üblicherweise für Zeitperioden gemacht.

Wenn ich in Monatsziel habe, dann werde ich wahrscheinlich schon mal wöchentlich gucken, wie weit komme ich denn in Etappen auf dieses Monats-Ziel zu?

Das kenne wir alle, wenn es dann um Umsatz- und Absatz-Ziele geht, dann müssen in der letzten Woche alle noch mal raus, um schnell Zahlen zu schreiben, damit auch ja das Monatsziel gehalten wird.

Das ist keine gute Idee. Wenn man gleich sagt, was in der ersten, zweiten, dritten Woche passieren sollte, dann kann man das etwas gleichförmiger machen. Aber Du siehst, fehlende Steuerung führt auch dann wieder zu Stresssituationen.

Und vielleicht gibt es gute Gründe dafür, dass das Monatsziel falsch war. Das heißt, wenn ich mir nicht zwischendrin auch mal Gedanken darüber mache und reflektiere, habe ich mir das richtige vorgenommen, macht es überhaupt Sinn, dann fahre ich die Leute auch auf die Dauer sauer.

Nicola: Also die Prioritätensetzung im Hinblick auf das übergeordnete Ziel oder das langfristige oder mittelfristige Ziel, könnte schon ein Weg sein, zu unterscheiden, was ist denn jetzt wichtiger als etwas anderes, was hat Vorfahrt, bei dem, was ich tue.

Oliver: Ganz genau. Ich brauche für das Thema wichtig eine Orientierung, was will ich erreichen, das für mich Bedeutung hat? Und das muss ich regelmäßig auf den Prüfstand stellen, aber vor einigen auch immer bewusst haben. Und Menschen die schnell in den Stress gehen, verlieren das üblicherweise aus den Augen. Die können dann nicht mehr unterscheiden, was ist jetzt zu präferieren?

Das 2 Sekunden-Prinzip/Quick-wins

Oliver: Da kommen wir zu der zweiten Methode, die auch sehr bekannt ist vom Titel her: Das 2 Sekunden Prinzip.

Nicola: Das war für mich eine große Erleichterung als mir das mal jemand als Regel angeboten hat, im Sinne von, mach Dir das Leben einfach. Das was Du sofort erledigen kannst, machst Du auch sofort. 2 Sekunden Regel, weil es möglichst nicht länger dauern soll als 2-3 Sekunden, manchmal wird daraus dann vielleicht auch eine Minute. Aber das ist irgendwie auch noch so ein Zeitabschnitt, den ich noch gut überblicken kann. Und da kommt gleich noch das nächste mit hinten dran, dann habe ich schon ganz viele Sachen, die ich erledigt habe, also so dieses quick-wins. Ich verschaffe mir schnell Erfolgserlebnisse, ich fühle mich schnell produktiv, ich habe ein gutes Gefühl, ich bin motiviert und habe das Gefühl, jetzt kann ich auch noch mehr schaffen.

Oliver: Quick-wins nehmen dann auch wieder etwas stärker das ursprüngliche Zielorientierungs-Thema in den Blick, weil Du für quick-wins auch mehr als 2 Sekunden brauchen darfst. Das 2 Sekunden Prinzip hat erstmal nur zum Inhalt: Was kann ich kurzer Zeit wegschaffen, um 1. Erfolge und ein Flow-Erlebnis zu haben. Und um 2. den Fokus zu schärfen. Damit nicht die vielen unerledigten Details Dir die Sinne vernebeln.

Es gibt da so einen Effekt, dass das, was unerledigt ist, bei uns im Kopf bleibt und uns belastet. Und wenn Du das innerhalb der 2 Sekunden abarbeitest, dann ist das wirklich wie den Kopf frei kriegen, auch den Schreibtisch frei kriegen. Der Fokus auf die Dinge, die Du dann wirklich mit höheren Ziel verfolgst und bei denen Du länger dranbleiben musst, fallen Dir dann leichter. Aber aufpassen, nicht einfach alles sofort machen. Ich bin bisschen so erzogen worden: Jetzt mach gleich und pack zu. Und weil ich mich gerne intensiver mit Dingen beschäftige, hat mir dann oft der Blick gefehlt, wie lange das dann wirklich gedauert hat. Dann werde ich nachts um 2 Uhr auf einmal auf die Uhr aufmerksam und merke, dass ich ja 6 Stunden am Stück an einem Thema im Flow gearbeitet habe.

Das hat viel Spaß gemacht und hoffentlich hast es auch das Ergebnis gebracht, was ich erreichen wollte.

Nicola: Das sollte dann eigentlich nur 2 Sekunden dauern…

Oliver: Das sollte dann eigentlich nach der 2 Sekunden Regel in ganz kurzer Zeit fertig gewesen sein. Aber mit den quick-wins wäre wäre mir das vielleicht auch nicht passiert, weil da gehört dann auch auch dazu, schon den Zeithorizont klar zu haben. In welcher Zeit hast Du was erreicht? Da brauchst Du auch eine starke Zielorientierung.

Telefon kann die schnellere email sein

Nicola: Noch mal zu den Dingen, die schnell erledigt werden können. Das könnte eine email sein, die ich an jemanden schreibe. Irgendwann hat ein Seminarteilnehmer zu mir gesagt: Den ruf ich dann einfach an. Häufig ist es dann so, in dem Moment wo ich ihn anrufe, fällt dem auch noch was ein und wir können an eine ganze Reihe kleiner Dinge ganz viele Haken machen.

Oliver: Ich finde das ganz fantastisch. Denn wenn dieser Gedanke vorangeht, das Anrufen ist nicht für jeden Fall die bessere Lösung, aber wenn ich mir überlege, es geht um die Klärung einer Kleinigkeit und das schaffe ich wirklich telefonisch viel schneller als mit der email, dann ist das die richtige strategische Maßnahme.

Viel zu gerne gehen Menschen hin und schreiben die email, weil es sich so anfühlt, als hätte ich schnell etwas erledigt.

Schnell geschrieben habe ich aber an der Stelle nur die email und der andere hat noch eine mehr in seinem Postfach. Ich kenn heute niemanden mehr, der sich freut, noch ein paar emails mehr zu bekommen. Man wünscht sich eigentlich eher, das ganze runterzufahren.

Nicola: Ich erlebe das ja selbst. Eine email zu schreiben, wo dann auch wieder Raum für Interpretationen und Missverständnisse ist, kann einen Entscheidungsprozess oder die Produktion eines Ergebnisses unglaublich verlängern. Ein direktes Gespräch, das dann vielleicht fünf Minuten dauert mit Begrüßung und Verabschiedung, hat einen viel höheren Effekt.

Oliver: Das wirst du aber vor allem daran messen können, welches Ergebnis Du erreichen willst. Willst Du nur Deine emails im Postfach erledigt haben oder machst Du Dir Gedanken darum, was muss eigentlich im Großen und Ganzen erreicht werden. Deshalb ist die Ergebnisorientierung so wichtig.

Quick-wins – wenn Du Dir klar machst, dass Du auf die Art und Weise viel schneller was erreichen kannst, indem Du Deine Kommunikationsmethode gut wählst, dann wirst Du auch Deine Priorität für den richtigen Kanal setzen

Nicola: Als quick-wins nicht nur im Sinne von möglichst viel schaffen, sondern auch eine hohe Qualität dabei erzeugen, welche Dinge geschafft werden, in welchem größeren Rahmen.

 

Die Fokusfrage: Was dient meinem Ziel jetzt am meisten?

Oliver: Ja dann bleiben natürlich noch die Dinge, die nicht einfach so als 2 Sekunden Erledigung oder als ein quick-win, im Sinne von schnelle Erledigung, schnell Ergebnisse erzielen, zu machen sind. Es gibt da noch die Dinge, die einen langen längeren Atem und ein bisschen konzertiertes Vorgehen brauchen.

Und da ist immer die Frage hilfreich, aber auch hier brauchst Du wieder ein Ziel, was dient diesem Ziel am meisten?

Wenn Du Deine nächste Aktion oder Deinen Tagesplan danach ausrichtest, was müssen wir an diesem Tag und auch darüber hinaus, vielleicht bis zum Start of Production (SOP) oder einem anderen Termin, der in einem gemeinsamen Zielkorridor liegt, erreichen.

Das ist jedem sofort klar. Das Ziel, was wir gemeinsam erreichen wollen, daran kann jeder ausrichten, was er jetzt gerade tut und welchen wertvollen Beitrag oder nächsten Fortschritt die eigene Aktion dafür bringt.

Nicola: Das hat sich auch in meine Arbeit eingeschlichen. Was ist mein tatsächliches Ziel und was hat den größten Impact und das zuerst zu machen.

Und dem, je nachdem, was es für eine Aufgabe ist, auch am meisten Zeit einzuräumen, weil das am meisten bewirkt im Hinblick darauf, wo ich am Ende hinkommen will.

Oliver: Dann bist Du an einem ganz entscheidenden Punkt, den viele außen vor lassen. Wenn ich unzufrieden darüber bin, dass die wichtigen Dinge nicht vorangekommen sind, schneide ich mir selbst die Motivation ab.

Wir haben alle in uns ein Virus drin, das heißt Aufschieberitis. Wenn ich nicht klar habe, was der nächste Schritt sein könnte, wenn ich nicht klar habe, was für ein Spaß, was für ein

Erfolgserlebnis, was für ein Fortschritt darin steckt, kann ich das auch nicht mit Motivation verknüpfen. Dann ist klar, dann habe ich erstmal nur eine Vorstellung der Last und dann schiebe ich das leichter auf. Außer denjenigen unter uns, die besonders Disziplin begabt sind. Die schaffen das vielleicht unter anderen Umständen auch.

Wenn ich dann einerseits quick-wins habe, was kann ich schneller erreichen und andererseits, was dient meinem Ziel am meisten oder wo mache ich die größten Fortschritte, dann sind das zwei Dinge, die mich motivieren können, etwas anzupacken und genau mit dieser Aufschieberitis gut fertig zu werden. Und damit vermeidest Du dieses Gefühl, das, was mir eigentlich wichtig gewesen wäre, kommt wieder nicht zum Einsatz.

Zusammenfassung

Nicola: Dann bleibt uns nur noch zusammenzufassen, wie wir die Vorfahrt für die wirklich wichtigen Dinge im Team regeln.

  1. Werden Sie strategischer, indem Sie Ihre Prioritäten regelmäßig überprüfen.
  2. Unterscheiden Sie wichtig von dringend.
  3. Erledigen Sie kurze Arbeiten sofort.
  4. Geben Sie Arbeiten mit schnellen Ergebnissen den Vorzug.
  5. Fragen Sie: Was dient meinem Ziel am meisten?

Gibt es etwas, was Du unseren Hörern heute gerne noch mitgeben möchtest?

 

Oliver: Ich würde gerne von unseren Hörern etwas bekommen, also die umgekehrte Richtung. Ich würde gerne erfahren, wie Ihre Erfahrungen mit verschiedenen Priorisierungsmethoden sind. Zum einen mit den hier angesprochenen, aber zum anderen natürlich auch gerne, was sich ansonsten bewährt hat. Gerne an fragen@oliver-beyer.de

Nicola: Dann darf ich schließen mit dem inspirierenden Zitat. Heute von dem deutschen Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler Helmut Nahr.

„Prioritäten setzen heißt auswählen, was liegenbleiben soll.“

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