11 – Richtig priorisieren

11 – Richtig priorisieren

Wie Sie richtig priorisieren

Wie geht Vorfahrt für die wirklich wichtigen Dinge im Team herzustellen?

Nicola: Wenn es um richtig priorisieren geht, geht es mir so ein bisschen wie damals bei der Geschichte mit der SMART Regel. Ich kenne das eigentlich nur aus dem Selbstmanagement. Jetzt geht es hier ja aber um Teams.

Kannst Du das ein bisschen erläutern, wie Du zu dieser Themen-Verknüpfung gekommen bist?

Wozu brauchen wir Prioritäten?

Oliver: Ja, die Parallelität zu den Zielen kommt nicht von ungefähr. Es hat viel damit zu tun, sich bewusst zu machen, was man da eigentlich tut und ob das die richtige Bedeutung hat.

Und so, wie wir das natürlich für uns selber klar machen sollten, so ist es erst recht im Team wichtig, diese Sachen abzustimmen.

In letzter Zeit kommt mir so ziemlich jeder Teilnehmer bei der Frage, wie geht es Dir gerade und warum bist Du hier, immer wieder die Aussage, als wie die katastrophal die Arbeitssituation empfunden wird.

Jeder hat natürlich viel zu viel Arbeit am Hals und weiß nicht, wie er damit fertig werden soll. Und es ist keine Besserung in Sicht, weil das zunehmende Tempo, das manchmal vielleicht mehr gefühlt, aber auch in der Realität nachweisbar da ist, so hoch ist. Es kommen halt ständig neue Themen dazu und das in einer ständig steigenden Geschwindigkeit.

Das bedeutet, ich muss mich von der Vorstellung verabschieden, ich kann das alles erledigen. Wenn ich das nicht tue, dann passiert halt der übliche Stress-Mechanismus. Ich fühle mich getrieben. Und was ich dann garantiert nicht mehr habe, ist das Gefühl, dass ich die richtigen Dinge tue, dass ich das tue, was für mich eigentlich Bedeutung hat.

Und wichtige Themen bleiben halt liegen. Das ist etwas, das ich auch häufig auch in Teamentwicklungsprojekten höre. Dass man zwar ganz tolle Ideen hat oder hätte,

und wenn ich in dann in mehrmoduligen Maßnahmen beim nächsten Mal abfrage, was habt hat sich daraus entwickelt aus den Plänen aus den Projekten, die ihr beim ersten Mal hier geschmiedet habt?

Dann höre ich, ja, wir haben dann mal angefangen und dann war aber… und dann kommen irgendwelche Dinge genau in diesem Mechanismus. Irgendwas ist rein gebrochen und das eigentliche Ding ist liegengeblieben, obwohl es doch so wichtig gewesen wäre.

Nicola: Das ist so ein bisschen wie bei den Zielen mit dem Säge schärfen.

Oliver: Ja, den Blick auf das behalten, was das Wesentliche ist. Nicht nur einfach die Bäume ummähen, sondern das ganze auch mit einem vertretbaren Aufwand und mit einer Performance, dass Du im Blick behältst, wie viele Bäume Du am Ende des Tages mit einem Kraftaufwand, der nicht komplett erschöpft, sägen kannst.

Nicola: Das klingt jetzt sehr strategisch. Jetzt ist Strategie ist nicht etwas, was ich mir unbedingt ganz groß auf die Fahnen schreiben würde. Wie geht denn strategisches priorisieren für Menschen mich?

Oliver: Ich weiß jetzt nicht, was Du da an Besonderheit hervorheben möchtest mit so Menschen wie Du. Strategisch heißt für mich jetzt erstmal, sich darauf einzustellen was könnte alles passieren. Das heißt, genau diese Veränderungen, das was mir in die Quere kommt, mir von vorne herein zu überlegen und mein Vorgehen daran anpassen.

Das heißt auch, nicht einfach ein Ziel aufschreiben und dann daran glauben, dass ich das gegen alle Widerstände durchboxe, sondern immer wieder innehalten und sich klarmachen, wie neue Ziele, die dazu kommen, sich dazu stellen. Und was dann vielleicht in dieser neuen Situation Priorität hat. Das ist vielleicht das ursprüngliche Ziel, vielleicht ist es aber auch wirklich das, was neu dazu gekommen ist.

Nur nicht alleine das, was dazu kommt jetzt dominieren zu lassen, ist die große Herausforderung: Der Chef, der reingeplatzt ist und das ganz wichtig erledigt haben will. Oder irgendwelche Anrufe nach dem Motto, wer am lautesten schreit, wird zuerst bedient.

Das wäre das Gegenteil von Strategie, dass wir uns davon überrollen lassen, was auf uns zukommt. Sondern, dass wir uns zeitnah und regelmäßig in kürzeren Abständen immer wieder diese Gedanken machen, was hat jetzt Priorität und da auch selbst drauf Einfluss nehmen.

Teamprioritäten mit dem Daily Standup sichtbar machen

Nicola: Wenn Du jetzt sagst, regelmäßig und in kürzeren Abständen und es geht um Team,

da fällt mir natürlich sofort aus dem aus dem agilen arbeiten das Daily Standup ein. Meinst Du eine Veranstaltung, die so in die Richtung geht?

Oliver: Ja. Daily Standup hat grundsätzlich zwei sehr charmante Dinge zu bieten. Zum einen findet es täglich statt, das heißt, ich habe immer wieder den Blick darauf, wie die derzeitige Situation ist. Und zum anderen wird es sehr kurz gehalten. Es darf natürlich nicht noch ein Meeting eingeführt werden, was viel zu viel Zeit kostet. Deshalb bleibt man ja auch stehen und macht sich das nicht zu gemütlich in seinem Sessel, damit man wirklich in einer Viertelstunde zusammenkommt, den Überblick schafft und dann aber fokussiert wieder an die Arbeit geht in dem Bewusstsein, wir haben die Prioritäten klar. Wir tun das, was an diesem Tag ansteht und Bedeutung hat.

Nicola: Und wie geht dann das Prioritäten finden? Im Daily Standup ist es ja so, dass jeder diese drei Fragen beantwortet, was habe ich gestern getan, was will ich heute tun, was ist heute mein Ziel und was kommt mir dabei vielleicht in die Quere? Oder was habe ich an Hindernissen, die mich möglicherweise am Erreichen dieses Ziels hindern? Wenn dann in den 15 Minuten, die ja dafür vorgesehen sind, jeder seins vorgetragen hat aus dem Team, wie findet man dann als Team die Prioritäten? Es hat noch jeder seine eigenen, so ähnlich wie bei den Zielen auch. Die müssen ja dann harmonisiert werden miteinander.

Oliver: In diesem Meeting selbst ist das gar nicht unbedingt das Thema, sondern im Meeting selber soll sichtbar gemacht werden, was hat sich verändert seit dem letzten Prioritäten finden. Oftmals kann man dann relativ schnell zu einer Neuordnung kommen oder man muss daraus was ableiten, was einfach das gesamte Team betrifft. Das Daily Standup ist aber erst einmal dazu wichtig, dass das gesamte Team Einblick bekommt, wo stehen wir, was hat sich verändert, das würde ja dann auch von einer Leitung oder Moderation mit eingebracht werden.

Das eigentliche Priorisieren ist eine Methode, die ich in der Folge oder vielleicht auch wenn es schnell geht, in der Situation selber anwenden kann. Das kann auch durchaus jeder für sich selber machen im Rahmen eines größeren Auftrags, wenn der nicht durch die neuen Informationen oder die veränderte Lage in Frage gestellt wird.

Aber der erste Blick ist erstmal darauf was tue ich hier eigentlich, wobei habe ich Probleme, was läuft gut, wie geht’s weiter. Also immer diese erneute Orientierung in den Blick zu nehmen.

Das ist auch im Selbstmanagement das, was wir Menschen immer wieder raten und was auch jeder als guten Rat annimmt, aber dann doch meistens nicht so konsequent umsetzt, wie es eigentlich wünschenswerte wäre. Nämlich in regelmäßigen Abständen immer wieder zu überprüfen, was mache ich hier eigentlich.

Nicola: Also das eine ist natürlich, regelmäßig zu überprüfen, was tue ich gerade. Stimmt die Prioritätenliste noch genauso, wie ich sie gestern gemacht habe oder heute Morgen. Jetzt frage ich mich gerade, was mir dabei helfen würde. Und so wie Du das gerade formuliert hast, ist bei mir so die Idee aufgetaucht, was wäre denn, wenn ich mir immer dann,

wenn ich diese Prioritäten überprüfe, die Frage stelle, wozu tue ich die verschiedenen Aufgaben?

Oliver: Es ist ganz wichtig, dass das, was wir tun in einem solchen Zusammenhang eingeordnet wird. Und die Priorisierungsmethoden, die man da anwenden kann, sind zahlreich. Ich habe jetzt hier nicht den Anspruch einen vollständigen Katalog mit Dir zu erarbeiten, aber so ein paar Methoden, die landläufig vielleicht bekannt sind, die vor allem in der Anwendung einigermaßen praktisch sind, vorzustellen.

Der erste Punkt ist wirklich mal von Deiner Arbeitsalltag-Gestaltung oder auch persönlich, wenn Du das für Dich als Strategie entwickeln willst, diesen Platz zu finden, zu sagen, ich mache etwas regelmäßig, z.B. ein Daily Standup. Genauso wie die Vorbereitung eines Daily Standups von jedem einzelnen auch sein sollte, wir schließen unseren Arbeitstag ab und haben damit auch im Blick, was wir beim nächsten Daily Standup, das ja meistens morgens stattfindet, beitragen können, in dem Bewusstsein, ich habe das und das geschafft oder eben auch nicht geschafft oder müsste eigentlich schaffen. Diese Orientierung in einem Zusammenhang einzuordnen, wo sie auch für Dich erstens und zweitens dann auch für Dein Team Sinn macht.

Nicola: Ja und das geht natürlich hier nur in der raschen Folge, so wie es vorgesehen ist, wenn jeder einzelne sich vorbereitet hat. Und damit schon vorher weiß, was er vorhat in seinen zwei oder drei Minuten, die er zur Verfügung hat, darzustellen. Wenn ich dann erst überlegen muss, dann ist die Zeitdisziplin zum Teufel.

Oliver: Deshalb machen viele Teams das auch so, dass nicht unbedingt jeder zu Wort kommen muss. Wenn sich bei jemandem keine gravierenden Veränderungen, Ergebnisse und ähnliches ergeben haben und er hat keinen Beitrag hat, muss man nicht alles wiederholen. Es geht wirklich darum, sichtbar zu machen, was hat sich verändert. Wenn ich 3-4 Tage in Folge arbeiten und alles ist im Plan, dann ist es auch okay. Da muss ich nicht drei Fragen beantworten oder immer in dem Bewusstsein, ich muss einen besonders wichtigen Beitrag leisten. Denn dann kommen wir wieder in Schwierigkeiten mit dem knappen Zeitrahmen. Du sprachst von der Viertelstunde. Die würde ich wirklich raten nur bei großen Teams und im Extremfall anzunehmen. Wenn ich das meinem kleinen Team hinkriege bei 5 bis 10 Minuten zu bleiben, ist das allemal besser. Das wird auch den Widerstand niedriger ansetzen, weil jeder, der sowieso schon knapp mit seiner Zeit ist, freut sich auch nicht über eine Viertelstunde zusätzlicher Zusammenkunft.

Nicola: Vor allem, wenn man dann noch im Blick hat, dass vielleicht auch nicht alle zum gleichen Zeit anfangen, zu arbeiten, sondern dann vielleicht einige schon arbeiten, andere gerade erst kommen und das muss ja dann auch zeitlich passen.

Eisenhower-Matrix

Nicola: Was sind denn so die üblichen Techniken, wenn es um Prioritäten setzen geht?

Oliver: Sehr weit verbreitet und bekannt nach dem, was ich so beobachte, ist die Eisenhower Matrix. Die hat vermutlich jeder schon mal gehört. Also bei meinem allerersten Zeitmanagement-Seminar, das mag jetzt so 30 Jahre her sein, habe ich die auch schon kennengelernt. Ich habe damals mitgenommen, Du nimmst eine ABC Priorisierung vor und es gibt eine Unterscheidung nach wichtig und dringend. Und das was wichtig und dringend, ist Priorität A und muss natürlich sofort gemacht werden. Dann bin ich damals aus diesem Seminar rausgegangen und habe gesagt, jetzt mache ich nur noch A und dann habe ich den wichtigen Kalender und meinen tollen Beitrag geleistet. Das ist ein schöner Trugschluss. Also A ist nicht immer gut an der Stelle. Es ist immer die Frage, was man mit A identifiziert. Aber wenn ich nur wichtige und dringende Sachen in meinem Kalender stehen habe, ist das auf die Dauer ganz schön anstrengend. Dann hast Du so einen Red Adair-Job und zwar rund um die Uhr.

Nicola: Red Adair, ist das dieser Feuerwehrmann?

Oliver: Das ist genau der, der durch die Welt gejettet ist und immer die ganz großen Brandstellen, besonders Ölquellen gelöscht hat. Das war mit Sicherheit dringend, das konnte man nicht ewig weiter brennen lassen und das war auch wichtig, das zum Stoppen zu bringen. Aber wenn Du nur noch solche Dinge machst, wird Dich das auf Dauer ausbrennen.

Wenn ich in die Diagonale in diesem Modell gehe, es ist ja quadratisch mit vier Feldern angeordnet, dass weder dringend noch wichtig ist, da darf ich mich mit Fug und Recht fragen, warum ich mich damit überhaupt beschäftige. Die Frage, warum ich mich mit unwichtigen Dingen beschäftige, die auch gar nicht anstehen, sollte eigentlich gar nicht gestellt werden müssen.

Nicola: Sollte nicht gestellt werden müssen… aber ich erlebe es in Seminaren immer wieder, wenn ich dann mit Gruppen so eine Einteilung vornehme: Was für Arbeiten habt Ihr üblicherweise an einem Tag, ordnet die mal ein. Und dann finden sich erstaunlich viele Aufgaben, die zunächst in C landen. Bei genauerer Betrachtung aber doch in D gehören. Also in den Quadranten der, wie Du es so schön formuliert hast, die Aufgaben beinhaltet, die so unwichtig sind, dass man sich die Frage gar nicht stellen müssen sollte. Dann ist die Frage warum? Warum gibt es so viele Aufgaben, mit denen wir uns gar nicht beschäftigen sollten?

Oliver: Das hat damit zu tun, was sie eigentlich der Kern des Eisenhower Modells ist, nämlich die Unterscheidung zwischen wichtig und dringend. Und das dringende, das suggeriert eben, dass es eine Bedeutung haben könnte und wird auch gerne als Schein-Priorität qualifiziert. Woher kommt das? Alles was dringend ist, kommt aus meinem Kalender. Und wenn wir in Teams arbeiten, dann haben wir häufig wohlmeinende Kollegen, die gute Ideen haben, wie wir unsere Zeit verbringen (sollten). Das heißt, Du kriegst einfach Termine rein geblockt. Selbst diejenigen, die versuchen, für sich selber Zeitinseln zu schaffen, um die ihnen wichtige Dinge zu machen, werden dann gnadenlos überschrieben. Das höre ich unabhängig von Firmen und Branche immer wieder, dass die Kollegen gar nicht Herr über ihre Zeit sind, weil der Respekt im Team einfach gar nicht gegeben ist. Zum Teil bestimmt die Hierarchie einfach, da können wir doch mal einen Termin reinsetzen oder der ist voll, das muss aber trotzdem irgendwie sein, dann überschreiben wir es einfach.

Und wenn ich dann nur nach dieser zeitlichen Steuerung gehe und nicht irgendwo eine Unterscheidung mache, dann laufe ich auch in den Stress. Das Dumme ist, anders als Red Adair weiß ich nicht mal, ob das was ich in dieser stressigen Zeit mache, überhaupt von Bedeutung ist.

Das ist ganz besonders dramatisch. Aber immerhin doch leichter zu befolgen, was im Kalender und damit als wichtig definiert ist, als sich die Frage zu stellen, was ist jetzt wirklich wichtig.

Nicola: Das kann ich mir gut vorstellen. Vor allem dann, wenn es so richtig hoch hergeht, wenn mein Stress-System richtig hochgefahren ist, dann kriege ich auch einen Tunnelblick dann habe ich gar keine freien Kapazitäten mehr, um mir noch die Frage zu stellen, ist das jetzt wirklich wichtig, was ich gerade mache? Dient das eigentlich meinem Ziel, das ich an diesem Tag oder in dieser Woche oder bei diesem Projekt erreichen will?

Regelmäßige Überprüfung der gesetzten Prioritäten

Oliver: Genau deshalb ist ja dieses regelmäßige, was ich strategischer werden genannt habe, so wichtig. Wenn Du für Dich selber immer wieder den Anker wirfst und sagst, okay es gibt diesen Moment, wo ich aus dem Tunnel aussteigen und drauf schaue, was tue ich hier eigentlich? Ist das überhaupt noch die richtige Richtung, die ich verfolge? Denn wir wissen genau, das ist viel zu viele Unternehmensbereiche gibt, die sich das nicht leisten können ständig, mit der Eisenhower-Matrix zu überlegen, das, was ich jetzt zu tun habe, in welchem dieser Felder ist das eigentlich? Ich muss schon zulassen für mich selber eine Art Programmierung zu haben, in der ich besonders schnell die Finger rund gehen lassen und mir auch einen Tunnelblick leisten kann. Das ist ja für die Arbeitsergebnisse auch eine feine Sache. Da hast Du eine wahnsinnig hohe Effizienz.

Die Gefahr ist aber eben, dass man dann in eine Richtung läuft, die überhaupt nichts mehr mit Wertschöpfung, mit Zielen, mit Bedeutung zu tun hat. Und deshalb muss man sich immer wieder diese Auszeiten nehmen und ganz gezielt schauen, was ist jetzt tatsächlich der Wichtigkeit geschuldet. Für sich persönlich auf jeden Fall, aber auch im Team.

Nicola: Las uns mal bei dem bei diesem Punkt bleiben. Also sich regelmäßig immer wieder die Auszeit nehmen, die Wichtigkeit oder die Sinnhaftigkeit dessen, was ich gerade tue, zu überprüfen. Was heißt regelmäßig? Jeden Tag fünf Mal? Einmal am Tag? Also wenn Du jetzt sagst, von Fall zu Fall, würde mir das schon wieder schwerfallen. Denn dann bin ich wieder in so einem Tunnel drin und weiß gar nicht, wann denn jetzt.

Oliver: Ausprobieren. Da gibt’s keine Regel, nach der Du Dich grundsätzlich richten kannst.

Die Daily Standups geben Dir ja schon mal grundsätzlich die Gewissheit, dass Du in einem sehr engen Rhythmus regelmäßig drauf guckst. Die müssen aber dann sehr klein bleiben. Wenn Du allerdings ständig in Strategie-Meetings bist, dann wirst Du jetzt wieder nur sagen: Meetings? Na, das ist das, wo viele reingehen und nichts bei rauskommt. Aber das ist nicht als sinnhaft zu vermitteln.

Im persönlichen Bereich ist die Empfehlung immer, das wöchentlich zu machen, auch da zu dem Zeitpunkt, wo Du einen guten Abschluss findest und einen neuen Ausblick machen kannst. Was jetzt in der Organisationseinheit ein guter Rhythmus ist oder nicht,

das muss man ausprobieren. Da wo Menschen viel unterwegs sind, da wird das gar nicht wöchentlich möglich sein. Aber etwas in dieser Art regelmäßig zu installieren, das immer wieder zu überprüfen und auch anzupassen, hilft bei der Orientierung. Deshalb haben wir das Thema Ziele so ausführlich geklärt. Das ist nämlich genau das, woran ich mich orientieren kann und Ziele sind üblicherweise für Zeitperioden gemacht.

Wenn ich in Monatsziel habe, dann werde ich wahrscheinlich schon mal wöchentlich gucken, wie weit komme ich denn in Etappen auf dieses Monats-Ziel zu?

Das kenne wir alle, wenn es dann um Umsatz- und Absatz-Ziele geht, dann müssen in der letzten Woche alle noch mal raus, um schnell Zahlen zu schreiben, damit auch ja das Monatsziel gehalten wird.

Das ist keine gute Idee. Wenn man gleich sagt, was in der ersten, zweiten, dritten Woche passieren sollte, dann kann man das etwas gleichförmiger machen. Aber Du siehst, fehlende Steuerung führt auch dann wieder zu Stresssituationen.

Und vielleicht gibt es gute Gründe dafür, dass das Monatsziel falsch war. Das heißt, wenn ich mir nicht zwischendrin auch mal Gedanken darüber mache und reflektiere, habe ich mir das richtige vorgenommen, macht es überhaupt Sinn, dann fahre ich die Leute auch auf die Dauer sauer.

Nicola: Also die Prioritätensetzung im Hinblick auf das übergeordnete Ziel oder das langfristige oder mittelfristige Ziel, könnte schon ein Weg sein, zu unterscheiden, was ist denn jetzt wichtiger als etwas anderes, was hat Vorfahrt, bei dem, was ich tue.

Oliver: Ganz genau. Ich brauche für das Thema wichtig eine Orientierung, was will ich erreichen, das für mich Bedeutung hat? Und das muss ich regelmäßig auf den Prüfstand stellen, aber vor einigen auch immer bewusst haben. Und Menschen die schnell in den Stress gehen, verlieren das üblicherweise aus den Augen. Die können dann nicht mehr unterscheiden, was ist jetzt zu präferieren?

Das 2 Sekunden-Prinzip/Quick-wins

Oliver: Da kommen wir zu der zweiten Methode, die auch sehr bekannt ist vom Titel her: Das 2 Sekunden Prinzip.

Nicola: Das war für mich eine große Erleichterung als mir das mal jemand als Regel angeboten hat, im Sinne von, mach Dir das Leben einfach. Das was Du sofort erledigen kannst, machst Du auch sofort. 2 Sekunden Regel, weil es möglichst nicht länger dauern soll als 2-3 Sekunden, manchmal wird daraus dann vielleicht auch eine Minute. Aber das ist irgendwie auch noch so ein Zeitabschnitt, den ich noch gut überblicken kann. Und da kommt gleich noch das nächste mit hinten dran, dann habe ich schon ganz viele Sachen, die ich erledigt habe, also so dieses quick-wins. Ich verschaffe mir schnell Erfolgserlebnisse, ich fühle mich schnell produktiv, ich habe ein gutes Gefühl, ich bin motiviert und habe das Gefühl, jetzt kann ich auch noch mehr schaffen.

Oliver: Quick-wins nehmen dann auch wieder etwas stärker das ursprüngliche Zielorientierungs-Thema in den Blick, weil Du für quick-wins auch mehr als 2 Sekunden brauchen darfst. Das 2 Sekunden Prinzip hat erstmal nur zum Inhalt: Was kann ich kurzer Zeit wegschaffen, um 1. Erfolge und ein Flow-Erlebnis zu haben. Und um 2. den Fokus zu schärfen. Damit nicht die vielen unerledigten Details Dir die Sinne vernebeln.

Es gibt da so einen Effekt, dass das, was unerledigt ist, bei uns im Kopf bleibt und uns belastet. Und wenn Du das innerhalb der 2 Sekunden abarbeitest, dann ist das wirklich wie den Kopf frei kriegen, auch den Schreibtisch frei kriegen. Der Fokus auf die Dinge, die Du dann wirklich mit höheren Ziel verfolgst und bei denen Du länger dranbleiben musst, fallen Dir dann leichter. Aber aufpassen, nicht einfach alles sofort machen. Ich bin bisschen so erzogen worden: Jetzt mach gleich und pack zu. Und weil ich mich gerne intensiver mit Dingen beschäftige, hat mir dann oft der Blick gefehlt, wie lange das dann wirklich gedauert hat. Dann werde ich nachts um 2 Uhr auf einmal auf die Uhr aufmerksam und merke, dass ich ja 6 Stunden am Stück an einem Thema im Flow gearbeitet habe.

Das hat viel Spaß gemacht und hoffentlich hast es auch das Ergebnis gebracht, was ich erreichen wollte.

Nicola: Das sollte dann eigentlich nur 2 Sekunden dauern…

Oliver: Das sollte dann eigentlich nach der 2 Sekunden Regel in ganz kurzer Zeit fertig gewesen sein. Aber mit den quick-wins wäre wäre mir das vielleicht auch nicht passiert, weil da gehört dann auch auch dazu, schon den Zeithorizont klar zu haben. In welcher Zeit hast Du was erreicht? Da brauchst Du auch eine starke Zielorientierung.

Telefon kann die schnellere email sein

Nicola: Noch mal zu den Dingen, die schnell erledigt werden können. Das könnte eine email sein, die ich an jemanden schreibe. Irgendwann hat ein Seminarteilnehmer zu mir gesagt: Den ruf ich dann einfach an. Häufig ist es dann so, in dem Moment wo ich ihn anrufe, fällt dem auch noch was ein und wir können an eine ganze Reihe kleiner Dinge ganz viele Haken machen.

Oliver: Ich finde das ganz fantastisch. Denn wenn dieser Gedanke vorangeht, das Anrufen ist nicht für jeden Fall die bessere Lösung, aber wenn ich mir überlege, es geht um die Klärung einer Kleinigkeit und das schaffe ich wirklich telefonisch viel schneller als mit der email, dann ist das die richtige strategische Maßnahme.

Viel zu gerne gehen Menschen hin und schreiben die email, weil es sich so anfühlt, als hätte ich schnell etwas erledigt.

Schnell geschrieben habe ich aber an der Stelle nur die email und der andere hat noch eine mehr in seinem Postfach. Ich kenn heute niemanden mehr, der sich freut, noch ein paar emails mehr zu bekommen. Man wünscht sich eigentlich eher, das ganze runterzufahren.

Nicola: Ich erlebe das ja selbst. Eine email zu schreiben, wo dann auch wieder Raum für Interpretationen und Missverständnisse ist, kann einen Entscheidungsprozess oder die Produktion eines Ergebnisses unglaublich verlängern. Ein direktes Gespräch, das dann vielleicht fünf Minuten dauert mit Begrüßung und Verabschiedung, hat einen viel höheren Effekt.

Oliver: Das wirst du aber vor allem daran messen können, welches Ergebnis Du erreichen willst. Willst Du nur Deine emails im Postfach erledigt haben oder machst Du Dir Gedanken darum, was muss eigentlich im Großen und Ganzen erreicht werden. Deshalb ist die Ergebnisorientierung so wichtig.

Quick-wins – wenn Du Dir klar machst, dass Du auf die Art und Weise viel schneller was erreichen kannst, indem Du Deine Kommunikationsmethode gut wählst, dann wirst Du auch Deine Priorität für den richtigen Kanal setzen

Nicola: Als quick-wins nicht nur im Sinne von möglichst viel schaffen, sondern auch eine hohe Qualität dabei erzeugen, welche Dinge geschafft werden, in welchem größeren Rahmen.

 

Die Fokusfrage: Was dient meinem Ziel jetzt am meisten?

Oliver: Ja dann bleiben natürlich noch die Dinge, die nicht einfach so als 2 Sekunden Erledigung oder als ein quick-win, im Sinne von schnelle Erledigung, schnell Ergebnisse erzielen, zu machen sind. Es gibt da noch die Dinge, die einen langen längeren Atem und ein bisschen konzertiertes Vorgehen brauchen.

Und da ist immer die Frage hilfreich, aber auch hier brauchst Du wieder ein Ziel, was dient diesem Ziel am meisten?

Wenn Du Deine nächste Aktion oder Deinen Tagesplan danach ausrichtest, was müssen wir an diesem Tag und auch darüber hinaus, vielleicht bis zum Start of Production (SOP) oder einem anderen Termin, der in einem gemeinsamen Zielkorridor liegt, erreichen.

Das ist jedem sofort klar. Das Ziel, was wir gemeinsam erreichen wollen, daran kann jeder ausrichten, was er jetzt gerade tut und welchen wertvollen Beitrag oder nächsten Fortschritt die eigene Aktion dafür bringt.

Nicola: Das hat sich auch in meine Arbeit eingeschlichen. Was ist mein tatsächliches Ziel und was hat den größten Impact und das zuerst zu machen.

Und dem, je nachdem, was es für eine Aufgabe ist, auch am meisten Zeit einzuräumen, weil das am meisten bewirkt im Hinblick darauf, wo ich am Ende hinkommen will.

Oliver: Dann bist Du an einem ganz entscheidenden Punkt, den viele außen vor lassen. Wenn ich unzufrieden darüber bin, dass die wichtigen Dinge nicht vorangekommen sind, schneide ich mir selbst die Motivation ab.

Wir haben alle in uns ein Virus drin, das heißt Aufschieberitis. Wenn ich nicht klar habe, was der nächste Schritt sein könnte, wenn ich nicht klar habe, was für ein Spaß, was für ein

Erfolgserlebnis, was für ein Fortschritt darin steckt, kann ich das auch nicht mit Motivation verknüpfen. Dann ist klar, dann habe ich erstmal nur eine Vorstellung der Last und dann schiebe ich das leichter auf. Außer denjenigen unter uns, die besonders Disziplin begabt sind. Die schaffen das vielleicht unter anderen Umständen auch.

Wenn ich dann einerseits quick-wins habe, was kann ich schneller erreichen und andererseits, was dient meinem Ziel am meisten oder wo mache ich die größten Fortschritte, dann sind das zwei Dinge, die mich motivieren können, etwas anzupacken und genau mit dieser Aufschieberitis gut fertig zu werden. Und damit vermeidest Du dieses Gefühl, das, was mir eigentlich wichtig gewesen wäre, kommt wieder nicht zum Einsatz.

Zusammenfassung

Nicola: Dann bleibt uns nur noch zusammenzufassen, wie wir die Vorfahrt für die wirklich wichtigen Dinge im Team regeln.

  1. Werden Sie strategischer, indem Sie Ihre Prioritäten regelmäßig überprüfen.
  2. Unterscheiden Sie wichtig von dringend.
  3. Erledigen Sie kurze Arbeiten sofort.
  4. Geben Sie Arbeiten mit schnellen Ergebnissen den Vorzug.
  5. Fragen Sie: Was dient meinem Ziel am meisten?

Gibt es etwas, was Du unseren Hörern heute gerne noch mitgeben möchtest?

 

Oliver: Ich würde gerne von unseren Hörern etwas bekommen, also die umgekehrte Richtung. Ich würde gerne erfahren, wie Ihre Erfahrungen mit verschiedenen Priorisierungsmethoden sind. Zum einen mit den hier angesprochenen, aber zum anderen natürlich auch gerne, was sich ansonsten bewährt hat. Gerne an fragen@oliver-beyer.de

Nicola: Dann darf ich schließen mit dem inspirierenden Zitat. Heute von dem deutschen Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler Helmut Nahr.

„Prioritäten setzen heißt auswählen, was liegenbleiben soll.“

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