25 – Führen mit Vision

25 – Führen mit Vision

Führen mit Vision

Wie sie als neue Führungskraft Widerstände auflösen.

Stellen Sie sich vor, die Führungsebene Ihres Unternehmens wird zu großen Teilen ausgetauscht. Da kommen schnell Gedanken daran auf, dass die abgelöste Führungsmannschaft nicht das richtige getan haben könnte. Und es stellt sich die Frage, wohin die Reise jetzt wohl gehen könnte. So erlebt mit einer Gruppe in einer Führungskräfteentwicklung. Die Wahrnehmung der Teilnehmer war, dass ihr Mitwirken im Sinne der Kultur nicht mehr gewünscht war. Daraus schlossen sie, dass die alte Vision nicht mehr gilt, eine neue war nicht in Sicht. Unzufriedenheit war die Folge.

Was ist mit Vision gemeint? Wir verstehen darunter ein positives Bild der Zukunft, mit dem Orientierung geschaffen wird. Sie dient einer allgemeinen Richtungsbestimmung, und stellt ein abstraktes Bild des angestrebten Erfolgs und des Zusammenwirkens der Kräfte dar. Viele Teams arbeiten aber leider ohne Vision. Nicht, weil es keine gibt, sondern weil sie von den Führungskräften nicht klar kommuniziert wird, wie auch in meinem erlebten Beispiel.

Eine Vision sollte zudem auch Motivation stiften, und sie kann Mitarbeitern dabei helfen, sich mit der eigenen Rolle besser zu identifizieren. Sie hält uns vor Augen, welchen Beitrag wir für unser Team oder unser Unternehmen leisten, ganz gleich auf welcher Ebene.

Es geht also nicht nur um Unternehmensvisionen, sondern auch darum, wie Teams sich die Zusammenarbeit vorstellen, um ein erfolgreiches Team zu bleiben oder zu werden. Durch falsche oder fehlende Kommunikation über Visionen kann es in der Zusammenarbeit schnell dazu kommen, dass die Teammitglieder den Fokus, warum sie ihre Arbeit verrichten (sollen), verlieren, und somit ihre Position und auch ihre eigene Identifikation in Frage stellen.

Visionen sind langfristig angelegt und dienen als Grundlage für die Entwicklung von Strategien, wie diese positive Zukunft zu erreichen ist. Aus der Strategie werden die kurzfristigeren Ziele entwickelt, für die Budget aufgestellt und genehmigt werden. Ziele und Budgets können auch ohne Vision entwickelt werden. Aber dann ist nicht sicher gestellt, dass die Bemühungen aller Kräfte, Initiativen, Projekte einer gemeinsamen Vorstellung dienen. In der Folge besteht die Gefahr, dass Motivation und Engagement verloren geht und Mitarbeiter im schlimmsten Fall in die innere oder tatsächliche Kündigung gehen.

Kriterien für eine wirksame Vision

Damit eine Vision tatsächlich effektiv ist, muss sie nach John P. Kotter 6 Kriterien erfüllen:

  1. Vorstellbar – d.h. gut verständlich und nachvollziehbar. Wenn dies nicht erfüllt ist, ist mit Ablehnung oder wenigstens Gleichgültigkeit im Team zu rechnen. Vermeiden Sie also komplizierte und theoretische Ausdrucksweisen. Fassen Sie sie in einfache Sprache. Verbinden Sie sie mit einer Visualisierung. Denn ein Bild sagt bekanntlich mehr als 1.000 Worte und prägt sich besser ein. Damit ist das Team besser auf die gemeinsame Richtung fokussiert.
  2. Erstrebenswert -und zwar für das eigene Team, für Kunden und alle Arten von Stakeholdern des eigenen Unternehmens. Sie sollte eine gute Antwort darauf geben, was der Beitrag zu einem nachhaltigen Nutzen ist, den die so angesprochenen leisten sollen und dürfen. Eine erstrebenswerte Vorstellung stiftet Motivation von innen und von außen und vermeidet oder beseitigt Ängste und Unsicherheiten.
  3. Machbar – Die Vorstellung der Vision darf nicht zur Diskussion führen, wie realistisch umsetzbar sie ist. Ähnlich wie bei der Formulierung von Zielen kommt es auf eine gute Balance zwischen ausführbar und ambitioniert an. Sorgen Sie also bei der Gestaltung der Vision dafür, dass immer klar ist, dass und wie die Umsetzung auch möglich ist. Das gelingt leichter, wenn Sie Analogien verwenden, z.B. eine Regatta segeln, einen Berg besteigen oder ein Haus bauen. In solchen Bildern stecken viele Motive, die Machbarkeit signalisieren.
  4. Fokussiert – enthält ausreichend konkrete Aussagen, um Entscheidungen vorzubereiten und zu erleichtern. Die Richtung, in die alle an einem Strang ziehen sollen, sollte unmissverständlich ausgedrückt werden. Worum geht es im Kern?
  5. Nicht zu eng formuliert – Entscheidungsspielräume sollten eingeräumt und definiert sein. Wenn nicht jeder Schritt detailliert vorgegeben wird, bleibt ausreichend Spielraum für das Reagieren auf täglich neu auftauchende Fragestellungen, die die zunehmende Komplexität unserer Welt immer zahlreicher und schneller erzeugt.
  6. Leicht kommunizierbar – sollte innerhalb von ca 5 min darstellbar sein. Wenn dies nicht möglich erscheint, prüfen Sie Vereinfachungsmöglichkeiten, damit die Vision leichter verstanden werden kann. Vielleicht ist auch das von Ihnen verwendete Bild nicht klar oder aussagekräftig genug. Selbst große Unternehmen formulieren Visionen oft in einem Satz, der sofort klar macht, was sie erreichen wollen.

Wie arbeiten Sie als Führungskraft mit der Vision?

  • Regelmäßig wiederholen, immer wieder thematisieren, damit die darin enthaltene Orientierung Einzug in den Alltag hält und in den Fokus des Teams kommt.
  • Gemeinsam mit dem Team weiter entwickeln, um Motivation und Dynamik zu steigern.
  • Regelmäßig auf den Prüfstand stellen und ggf. an neue Anforderungen und Rahmenbedingungen anpassen, damit sie Gültigkeit und Aussagekraft beibehält.
  • Neuen Teammitgliedern vorstellen und so eine schnellere und effektivere Integration erreichen.

Um die zahlreichen Vorteile des Führens mit Vision für Ihr Team zu entdecken, stehe ich Ihnen gerne zur Seite. Melden Sie sich auf einem meiner zahlreichen Kommunikationskanäle und vereinbaren Sie eine kostenlose Erstberatung mit mir. Ich freue mich auf Sie!

21 – Wie motiviere ich eine Gruppe zu Kreativität

21 – Wie motiviere ich eine Gruppe zu Kreativität

Wie motiviere ich eine Gruppe für Kreativität

Vier verschiedene Gruppentypen und wie diese zur Kreativität bewegt werden können

Nachdem wir in den letzten beiden Folgen über die Grundsätze kreativen Denkens gesprochen haben, was noch vielleicht sehr theoretisch in dem einen oder anderen Fall war, möchte ich nun mehr in die Praxis eintauchen.

Als ich einer guten Bekannten, früheren Mitarbeiterin von mir erzählt habe, dass ich Seminare über Kreativität halte, da hat sie zu mir ganz spontan gesagt „Oliver, du und Kreativitätsseminare? Du bist doch gar kein kreativer Mensch.“

Meine Motivation für Kreativität

Das hat mich im ersten Moment ziemlich getroffen. Dann habe ich mir überlegt: „Wie kommt sie darauf?“ Und es wurde mir schnell klar. Denn in meiner früheren Tätigkeit hatte ich einen großen Verantwortungsbereich und war einerseits einer gewissen Gruppendynamik ausgesetzt, aber auch in einem Selbstverständnis unterwegs, das auf andere Dinge Wert gelegt hat als auf Kreativität. Und dass in dem Kontext dieser Umgebung nicht deutlich geworden ist, dass ich mich ganz gerne mit Kreativität beschäftige, kann ich so aus heutiger Sicht nachvollziehen. In dem Moment selbst war ich eigentlich eher etwas, sagen wir, „ungehalten“ bzw. „unzufrieden“. Ich habe es nicht verstanden und ich habe nicht sehr positiv darauf reagiert. Denn die Kreativitätsseminare waren etwas, das ich aus der Beschäftigung mit dem Thema „Komplexität und wie man damit gut umgeht“ heraus entwickelt habe. Und ich hab Kreativitätsseminare von Anfang an sehr gemocht, als eine meiner Lieblingsveranstaltungen, weil es da eine sehr positive optimistische Stimmung gab, weil die Bereitschaft zu Spaß und Spiel sehr stark war. Und das sprach mich alles sehr an.

So eine Lust am auszuprobieren, die bei den Teilnehmern nicht groß geweckt werden musste. Neugier hat mich auch beflügelt und die Lust zur Veränderung, Dinge nicht lang unverändert zu lassen und auch Dinge voran zu bringen. Wir haben in diesen Seminaren einerseits natürlich Theorie gemacht, über kreative Prozesse gesprochen und anderseits auch die Kreativitätstechniken, wie mache ich das tatsächlich, wie kreiere ich Ideen. Damit das nicht zu abgehoben oder zu theoretisch bleibt, habe ich ganz gerne die Teilnehmer danach gefragt: „Was sind denn Situationen, Bereiche oder auch Probleme, wo kreative Lösungen gebraucht werden.?“ Und da kam zu meiner Überraschung an einem der ersten Termine die Frage auf „Wie bringe ich mehr Kreativität in mein Team?“

Das fand ich eine sehr spannende Frage. Wir haben dran gearbeitet, auch erfolgreich gearbeitet und viele Ideen entwickelt. Aber ganz grundsätzlich ist das, glaube ich, etwas, was in der Praxis häufiger passiert und was ich auch schon öfter erlebt habe. Sogar in Facebookkommentaren habe ich gelesen: „Ach du könntest auch mal zu uns kommen“, „Wir könnten das auch ganz gut gebrauchen mit der Kreativität“.

Daher fühlte ich mich zu dieser Episode ermutigt um mal einen genaueren Blick darauf zu werfen: „Was braucht eigentlich ein Team, eine Gruppe, die im kreativen Bereich arbeiten möchte, für eine Motivation?“ Vielleicht vorab einen Blick auf …

Motivation und Werte.

Werte und Überzeugung, das hängt stark zusammen. Werte die wir haben, die Dinge, die uns wichtig sind im Leben, wonach wir Entscheidungen und Handlungen ausrichten, sind ein wesentlicher Bestandteil oder Treiber unserer Motivation. Es prägt Menschen, es prägt Ihre Kommunikation, die Art und Weise, wie sie sprechen. Das prägt auch die Art und Weise wie sie Beziehungen gestalten oder wie sie Beziehungen miteinander entwickeln. Zudem führt es zu unterschiedlichen Einstellungen gegenüber Kreativität.

Werte und ihre Auswirkungen auf Beziehung und Kommunikation

Deshalb habe ich der heutigen Episode das Modell von Riemann-Thomann zu Grunde gelegt, die Wertelandkarte, mit der ich seit Jahren sehr gerne arbeite. Diese ist aufgebaut auf verschiedenen Stereotypen, aber die insbesondere auf dieser Werteüberzeugung aufbauend vier unterschiedliche Gruppendynamiken hervorbringt. Vorab möchte ich allerdings sagen, für diejenigen die jetzt schon wieder vier Typen usw. hören, es ist mir ganz wichtig, dass Modelle als Modelle verstanden werden. Die Strukturen und die Typen, die wir ansprechen in solchen Situationen sind Stereotyp zu sehen das heißt in der „freien Wildbahn“, in der Realität, in der Natur kommt kein Typ in dieser Reinform vor. Und doch begegnen uns Menschen in unserer Wahrnehmung, die uns erstmal nur so erscheinen. Bei genauerem Hinsehen stellen wir fest: es ist in Wirklichkeit eine Mischung. Wenn wir auf einen Schwerpunkt stoßen, dann lohnt es schon einmal, sich damit zu beschäftigen was dahintersteckt und was diese Menschen antreibt bzw. worauf sie ansprechen. Denn Motivation gebe ich niemals jemand anderem, Motivation steckt in einem drin und ich kann eine gute Methode finden, um dieser Motivation den Weg zu öffnen ohne sie zu zerstören.

Dazugehörigkeit und Sicherheit als Gruppenwerte

Schauen wir uns also die vier verschiedenen Gruppentypen an. Der Erste, zu dem ich kommen möchte, ist von Riemann-Thomann genannt „die Gemeinschaft“. Eine Gemeinschaft von Menschen ist geprägt einerseits durch einen Wunsch nach Nähe. In dieser Gruppendynamik „Gemeinschaft“ sind Menschen generell wichtig. Man braucht allerdings auch Gemeinsamkeiten und in dieser Dynamik werden die gesucht. Wenn sie nicht gefunden werden, könnte es schon schwierig werden. Man braucht sich gegenseitig, das ist eine Grundüberzeugung, die im Miteinander sehr prägend ist. Deshalb werden auch gerne „Wir“-Formulierungen genutzt. Der andere stereotype Wert, der eine Gemeinschaft prägt ist die Dauer. In einer Gemeinschaft ist Sicherheit wichtig und Verlässlichkeit sehr geschätzt. Bei einer Gemeinschaft ist Dazugehören wichtig. Und weil es eine hohe Bedeutung hat, wird auch immer gefordert, dass Regeln eingehalten werden. Diesen Regeln ist sich unterzuordnen, wenn das einzelne Teammitglied zu dieser Gemeinschaft dazugehören will. Wenn wir uns in unserem Alltag, Privatleben umschauen, dann finden wir diese Prägung in einer Vielzahl von Gemeinschaften, die sich sogar teilweise so nennen. Ich bin zum Beispiel einige Jahre in einem sehr kleinen Dorf aufgewachsen und dort gibt es eine Dorfgemeinschaft. Mein Erlebnis war, weil ich relativ spät dazu gezogen bin und nicht mit den anderen zusammen aufgewachsen, dass es nicht so einfach für mich war, in dieser Dorfgemeinschaft akzeptiert bzw. aufgenommen zu werden. Mein Werdegang, mein Hintergrund war einfach ein anderer. Und so schien es mir, passte nicht so gut dazu. Das Leben in kleineren Kommunen ist durch sehr reges und aktives Vereinsleben geprägt, zumindest meine Erfahrung. Ich lebe seit einiger Zeit nicht mehr in Dörfern, beobachte aber aus der Entfernung, dass es immer noch ganz gut lebt. Durch die vielen Aktivitäten entsteht dort viel Wertschöpfung, aber auch aus diesem Wunsch nach Gemeinsamkeit. In einem Verein wird es immer eine Satzung geben, es kann nicht jeder machen was er will, sonst kommt nichts Gemeinsames dabei raus. Und eine ähnliche kulturelle Prägung bildet sich auch in Arbeitsgruppen, wenn Menschen sehr lang zusammenarbeiten. Vielleicht sogar in der konstanten Arbeitsteilung. Ich glaube, ich habe schonmal erzählt von einen meiner ersten Führungskräfteseminare, wo mir Führungskräfte erzählt haben, dass sie Ihre Mitarbeiter schon 20 Jahre und länger kennen und führen. Da bilden sich Regeln, da bilden sich Vorstellungen, da bildet sich Kultur, die sehr viel damit zu tun hat, ob jemand denn auch diesen Regeln der Gemeinschaft folgt. Was sich gerade bei langjähriger Zusammenarbeit oft in einer Selbstverständlichkeit äußert, da redet man gar nicht mehr drüber. Es ist erst recht nicht niedergeschrieben, wo Menschen, die da neu dazustoßen, durchaus ihre Herausforderung haben. Da sind wir auch als Trainer und Coach oft gefragt, das aufzufangen und sichtbar zu machen, weil es in dieser Dynamik gar nicht so sehr gesehen wird.

Dann kommt ein neues Teammitglied wo möglich noch eine Führungskraft, die das Team neu übernommen hat und, hat dann neuen Ideen. Da kann jeder, der das schonmal erlebt hat, sich sofort vorstellen, was passiert. Da fallen so Sätze wie „Das haben wir noch nie so gemacht“, „Das bringt doch nichts“, „Das passt nicht zu uns“ und wenn dann auch noch eine andere Wertehaltung von dem neuen Teammitglied oder Führungskraft ausgeht im Sinne von „Man muss sich auch mal erneuern“, wird das dann erst recht aktiv abgestoßen. Dies ist, glaube ich, eine der am häufigsten anzutreffenden Dynamiken, dass es einer eingeschworenen Gemeinschaft sehr schwer fällt, neue Dinge anzunehmen und wirklich zu integrieren. Vielfalt ist etwas was in diesem Zusammenhang gar nicht zählt, weil was wir suchen sind Gemeinsamkeiten, da wo wir uns ähnlich sind, wo wir Übereinstimmungen haben und wenn dann jemand dazukommt und sagt, dass er was ganz Neues verändern will, dann ist die erste Reaktion skeptisch, zurückhaltend und je nachdem, wie weit sowas eskalieren kann, kann es auch feindselig werden.

Wie löse ich die Situation? Kreativität bedeutet Veränderung. Und diese Veränderung wird von einer Gemeinschaft nur dann akzeptiert, wenn sie nicht in Frage stellt, sondern wenn sie ihr nützt und dient. Das heißt, wenn ich eine Gemeinschaft zu Kreativität bewegen will, dann muss ich an das gemeinsame Problem appellieren und die Notwendigkeit dieses zu lösen. Wenn die Kreativität dazu dient, den Zusammenhalt zu fördern, dass die Gemeinschaft besser miteinander funktioniert, dann ist Kreativität hier auch willkommen. Oder wenn sie dazu gut ist, die Gemeinschaft zu stärken. Wenn wir also zum Beispiel in einem langjährigen Team etwas dafür tun, dass wir wieder besser miteinander arbeiten, damit das Gemeinsame noch stärker wird, dann ist eine Gemeinschaftskultur gerne dazu bereit Kreativität zu fördern.
Nicht aber, wenn ich meine Begeisterung für neue Ideen und Neugier, so wie ich meine eigene Einstellung zum Kreativität genannt habe, in den Vordergrund stelle. Eine Gemeinschaft hört dann hauptsächlich „Der will uns verändern“, „Der will die Gemeinschaft aufbrechen“, „Der erkennt unsere Regeln nicht an“. Also auch das Thema Wertschätzung hier ganz hochhalten! Die Gemeinschaft und Ihre Werte anzuerkennen, bevor ich von ihr verlange, dass sie daran etwas verändert und ganz toll kreativ wird.

Disziplin und Leistung versus Kreativität

Die zweite Teamdynamik, die ich gern ansprechen möchte, hat den nicht so sympathischen Begriff „Truppe“. Die Truppe hat eine Gemeinsamkeit mit der Gemeinschaft, sie ist nämlich sehr dauerorientiert und in einer Truppenkultur, wie Riemann-Thomann sie nennen, gelten Regeln und Ordnung als Prioritäten. Es ist nicht wichtig, mit wem ich irgendwas zu tun haben. Hauptsache ist, ein dauerhaftes, beständiges Ziel wird im Auge behalten. Die Dinge müssen unter Kontrolle sein und das was in einer Truppe zählt, ist Leistung. Unabhängig vom Menschen, deshalb ist, anders als bei der Gemeinschaft, in der Truppe eine Distanzprägung. Also eher eine Orientierung an der Sache und der Abstand zu anderen Personen, um sich nicht korrumpieren zu lassen, um ein gutes und ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen. Egal wie der Einzelne dazu steht oder wie Menschen dazu stehen. Dies muss der Sache untergeordnet werden und dem Einzelnen kann man durchaus auch etwas zumuten, womit die Gemeinschaft gleich Widerstand geleistet hätte, es sei denn, dass man darin Einigkeit hat. Eine Truppe kann besonders gut klare Entscheidungen treffen, die für die Zielerreichung gebraucht werden. In der Praxis findet man so etwas im Militär. Ein Militär ist normalerweise aufgestellt nach klaren organisatorischen Grundlinien. Und da ist es erst einmal egal, wer welche Stelle besetzt als Person. Hauptsache die Qualifikation und die Leistungsfähigkeit ist gegeben. Auch, wenn man weniger militärisch denkt, in Notfalleinsätzen bei Feuerwehr und Notärzten gibt es ganz klare Zuständigkeiten. Da ist es erst einmal nicht wichtig, welche Person mir gegenüber steht, sondern ob sie das, was gebraucht wird, beherrscht und gut ausführen kann. Im betrieblichen Bereich finden wir solche Kulturen nach meiner Erfahrung sehr häufig in Produktionsbereichen, weil da auch jeder Handgriff sitzen muss, weil ein Zahnrad ins andere greifen muss. Und das ist erst einmal nicht so sehr eine Frage von „Wir sind eine tolle Mannschaft“ sondern „Jeder kann seinen Job und das funktioniert gut.“

Auch in Führungsgremien ist diese Kultur häufig zu finden. Nämlich dann, wenn ein Führungsstil sehr auf Autorität ausgelegt ist oder sehr auf Transaktion: Du tust etwas und bekommst dafür eine Belohnung. Und die ist nicht, weil du so nett und so freundlich gewesen bist sondern, weil nachvollziehbar eine gemessene Leistung erbracht worden ist, die honoriert wird. Man erkennt eine Truppe häufig an so einer Aussage „Das Leben ist kein Ponyhof“, “Also Spaß ist zweitrangig“. Disziplin ist angesagt und wenn man von Spiel und Spaß spricht, dann bekommt man ganz schnell entgegengehalten: „Das kostet Geld und das muss man sich auch leisten können“, „Für Spinnereien haben wir keine Zeit“. Das sind natürlich alles Voraussetzungen, da wird die Kreativität nicht mit offenen Armen empfangen.

Deshalb muss ich in einer Truppenkultur, wenn ich die Truppe dazu motivieren will, kreativ zu werden und Ideen zu entwickeln, auch die Gelegenheit geben, einen klaren Fokus auf die Zielsetzung von Kreativität zu setzen, damit die auch die Sinnhaftigkeit erkennen und, dass wir auch Zeit und Geld investieren wollen. Erst wenn das als klare Grundlage vorhanden ist, kann man vielleicht auch ein bisschen Spiel und Spaß im Sinne von Produktivität von Kreativität erwarten, weil wir ja Probleme lösen wollen. Aber die Probleme müssen erst intensiv verkauft und erklärt werden. Es bietet sich auch unbedingt an, eine Analyse der Probleme, die gelöst werden sollen, zu machen, damit die Kreativität auch mit einem guten Fokus, wofür sie gut ist, wofür sie gebraucht wird, gesehen wird. Sollte das alles nichts helfen dann ist immer noch hilfreich auszumalen, welche Konsequenzen es hat, wenn wir nichts ändern, so weiter machen wie bisher und einfach nur die Regeln befolgen und die Ordnung aufrecht erhalten, die es bis jetzt gegeben hat. Meistens gibt es einen guten Anlass, sei es die wirtschaftliche Situation, sei es die Konkurrenz, die da wirklich ein gutes Argument bzw. eine gute Idee dafür liefert, dass wir einen weiteren Schritt tun müssen und vielleicht sogar einen sehr großen oder 2-3, um Rückstände aufzuholen oder um ein Wettbewerbsvorteil und damit ein Bestehen sicherzustellen. Aber eine Truppe zu Kreativität zu bewegen, ist schon ein nicht ganz so einfacher Schritt. Denn das kreative Denken ist einer Truppe nicht unbedingt in den Schoß gelegt.

Innovation und Kreativität bauen auf Freiheit und Eigenständigkeit

Etwas anders sieht das aus bei der dritten Gruppendynamik nach Riemann-Thomann, die den wenig schmeichelhaften Namen „Haufen“ trägt. Der Haufen ist einerseits von der gleichen Distanz geprägt wie auch die Truppe, das heißt es gibt auch denjenigen in einer solchen Dynamik, dem es nicht um die Menschen, sondern mehr um die Sache geht. Damit zählen sie auf die Fachkompetenz der einzelnen Teammitglieder. Belastbarkeit ist überhaupt gar kein Problem, weil die Mitarbeiter in einem Haufen viel auf Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit setzen. Es wird zusammengearbeitet auf der Basis gemeinsamer Interessen, auf der Sachebene. Im Unterschied zur Truppe sind sie aber nicht an Dauerhaftigkeit interessiert, sondern haben eine große Faszination für das Neue. Da ist eine Orientierung, ein Wechsel an Veränderung da. Und in einem Haufen ist wichtig, dass im Grunde jeder Dinge so machen kann, wie er es für richtig hält, grundsätzlich die Freiheit zu haben, die Dinge anders machen zu können und sich dafür zu entscheiden, wie man es macht. Etwas was im diametralen Gegensatz zu dem steht, was eine Gemeinschaft zum Beispiel antreibt, wo ganz deutlich betont wird „Wir machen das in einer ganz bestimmten Weise und wenn man bei UNS dazugehört, dann macht man das SO“. Der Haufen würde das nie so in der Aussage akzeptieren. Der braucht immer die Freiheit dafür, das machen zu können was man gerade für richtig hält, und zwar auf der Basis der rationalen Erwägungen. Da wird nicht überlegt, für wen ist gerade das wichtig, sondern wie die Sache am Besten nach vorn gebracht werden kann. In der Praxis findet man solche Beispiele gern im künstlerischen Bereich, auch in der Forschung, da wo große Freiräume gebraucht werden, anders zu denken und sich von Konventionen oder persönlichen Bindungen zu lösen. Dieser Zielgruppen sind grundsätzlich Einschränkungen ein Gräuel. Die haben durchaus Spaß an Dingen. Aber für den Spaß brauchen sie keinen anderen. Sondern sie gehen sehr in ihrer Sache auf. Und wenn man Stereotype kennenlernen will, die so funktionieren, dem sei die Serie „The Big Bang Theorie“ empfohlen. Denn wenn man sich einen Sheldon Cooper anschaut: das ist schon ein Haufentyp. Er braucht niemand anderen, weil er ganz genau weiß, was zählt und richtig ist und was Exzellenz bedeutet.

Einen Haufen dazu zu bewegen, in Kreativität zu kommen, hat ein hohes Potenzial, tolle Ergebnisse zu erzielen. Deshalb ist Kreativität da hoch willkommen. Man wird da nur auf die Frage stoßen „Warum brauche ich die anderen dazu?“. Kreativität im Team in einem Haufen, da muss am Zusammenhalt gearbeitet werden und der kommt nicht aus der Eigenorientierung, dass ich das toll finde, dass ich mit anderen Zusammenarbeiten darf. Hier muss man ganz klar den Nutzen einer Zusammenarbeit herausstellen, also einen Mehrwert einer kreativen Gruppe gegenüber dem „Ich mach das allein“. Allerdings zu Kreativität generell zu motivieren, dürfte bei Haufentypen wesentlich leichter als bei Gemeinschafts- oder Truppengruppierungen sein. Das einzige, woran ich hier arbeiten muss, ist eine gute Gruppendynamik um Synergien zu erzeugen.

Lebendigkeit und Miteinander motivieren zu Kreativität und Innovation

Kommen wir zu der vierten und letzten Gruppendynamik, die bei Riemann-Thomann „Team“ genannt wird. Das ist sicherlich nicht so wortwörtlich zu verstehen, weil wir heute einen inflationären Gebrauch des Begriffs haben, dass jeglicher Art von Zusammenarbeit im Team grundsätzlich diese Dynamik braucht. Wir brauchen alle vier Dynamiken, weil ein unterschiedlicher Fokus in den Wertehaltungen gebraucht wird. Und ein gutes Team findet auch eine Balance. Warum jetzt dieser Begriff und diese Dynamik zusammen kommen ist, glaube ich, in erste Linie dem Alter des Modells zu verdanken. Es stammt aus Zeiten, als der Begriff noch nicht so inflationär genutzt wurde. Das „Team“ zeichnet eine Kombination einer hohen Wechselfreudigkeit, Veränderungsfreudigkeit und einer hohen Näheorientierung, also Orientierung an anderen Menschen aus. „Veränderung bringt Spaß und wir entwickeln uns nach vorne.“ Das ist ein Bewusstsein in einem Team. Und gleichzeitig ist dieses WIR etwas anders, als es von der Gemeinschaft geprägt wird, da wir sehr unterschiedlich sein dürfen, und dass wir das so sogar so positiv sehen, dass es unsere Arbeit bereichert und damit auch einem besserem Ergebnis zu Gute kommt. Der Spaß entsteht im Team durch das Miteinander, nicht wie in der Haufengruppierung, wo einfach nur die richtige Sache verfolgt werden muss. Sondern hier ist es das wirklich persönliche Miteinander, das den Spaß entstehen lässt und somit auch p roduktiv macht. Der zentrale Wert in einer solchen Gruppe ist Lebendigkeit. Es soll richtig was passieren und auf allen Ebenen sowohl auf der Beziehungs- und Sachebene. Gute Arbeitsbedingungen für ein Team sind Vertrauen und Einfühlungsvermögen, damit wir uns auch gegenseitig akzeptiert fühlen und damit auch eine höhere Bereitschaft zur Kooperation gebracht wird. Bringe ich einem Team, einer Teamgruppierung entgegen, ständig auf das Ergebnis festgelegt zu sein und das Miteinander ignoriere, dann werde ich lange Gesichter ernten. „Das ist langweilig und bremst uns als Gruppe aus“ ist das Bewusstsein einer solchen Gruppierung. Die Frage wird aufkommen: „Wo bleibt der Mensch?“

Ein Team reagiert auch allergisch auf Überwachung und Kontrollwahn. Kontrolle generell muss einem Team verkauft werden, wozu es gut ist, weil sie diametral dem Vertrauen gegenüber steht. „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ ist nicht der Satz, der einer Teamdynamik entstammt. Das ist eher die Truppe, die sowas sagt. Beim Team wird das Vertrauen oben an gestellt. Wir wissen einfach auch aus unserer Offenheit heraus, der andere will auch was erreichen, hat einen anderen Blickwinkel. Gut dass er einen anderen Blickwinkel hat, weil er steuert was für mich bei. Richtig kreative Gruppen sind gut beraten, in diesem Team-Modus zu arbeiten. Deshalb wird ein Teammitglied aus dieser Gruppe mir die Frage niemals stellen „Wie entwickle ich in meinem Team mehr Kreativität?“ Das ist höchstens etwas Methodisches. Kreativität ist für ein Team wie die Luft zum Atmen. Ein Team geht aber auch nicht davon aus, dass wir auf Lebenszeit miteinander verheiratet sind. Die Teamdynamik über 20 Jahre und mehr bei unveränderter Besetzung aufrechtzuerhalten ist anspruchsvoll, weil man sich im Laufe der Zeit sehr stark aufeinander einspielt und die Lebendigkeit darunter leiden könnte.

Wo ist dann das Problem bei einem Team? Da würde ich immer aufpassen, dass die Zielsetzung nicht aus den Augen verloren wird, denn immer wieder kreativ sein, dass stellt auch schonmal Dinge in Frage. Diametral gegenüber steht die Truppe in ihrer Vorstellung, es geht um Leistung und das Ergebnis zählt. Da merkt man schon beide Interessen sind wichtig, also die Neuerung braucht jede Organisation mehr denn je, aber es kann auch keine Organisation ohne Leistung und Ergebnis leben. Insofern haben beide recht und die Gegensätzlichkeit, die sie haben, braucht einen guten Ausgleich.

Zusammenfassung

Wenn wir jetzt die vier Gruppen betrachten, dann nochmal der Hinweis: in der Realität werden wir keine dieser Dynamiken in Reinform finden, aber vielleicht schon etwas Beherrschendes oder große Teile einer Gruppe, die genau diese Dynamik entfalten. Wir haben in der Realität wirklich unsere Mischung und vielleicht in situativen Schwerpunkten unterschiedliche Betonungen der einen oder anderen Dynamik, sei es Gemeinschaft, Truppe, Haufen oder Team.

Und wenn unserer Gruppe gegensätzliche Dynamiken hat, dann geht es darum diese Gegensätzlichkeit auszugleichen und den Beitrag von beiden Seiten herauszustellen. Auf die Frage bezogen „Wie kann ich den dann eine solche heterogene zu Kreativität bewegen?“: Da muss ich dann mehrgleisig fahren, jede wahrnehmbare Dynamik bedienen, so wie wir die vier Gruppentypen kennengelernt haben.

Jetzt werden Sie sich fragen „Das klingt alles toll, aber was ist, wenn ich meine Gruppendynamik nicht kenne?“ Vielleicht sind Sie bisher gar nicht mit solchen Dingen beschäftigt gewesen, oder da wird bei Ihnen auch nicht darüber gesprochen, wie man sich findet. Dann würde ich empfehlen, die Teammitglieder zu fragen, was Ihnen wichtig ist, und dabei gut zuzuhören. Denn die Art, wie Menschen über Dinge sprechen, zeigt ebenso viel über die Menschen wie die Dinge selbst die sie äußern. Ganz nach der Regel „Was Peter über Paul sagt, sagt mehr über Peter als über Paul“.

Und wenn sie mehr dazu wissen möchten dann habe ich jetzt drei Angebote für sie:

  • Zum einem gebe ich ihnen eine Literaturtipp, der auch noch in die Shownotes aufgenommen wird: ein Buch von Eberhard Stahl „Dynamik in Gruppen“, wo sowohl zur Entwicklung von Teams, als auch genau zu den genannten Teamdynamiken und dem zugrundeliegenden Modell vieles nachzulesen ist.
  • Wenn sie Fragen haben zu dem Thema, mein zweites Angebot, schicken Sie mir gern eine E-Mail auf fragen@oliver-beyer.de. Ich bin bemüht, innerhalb von 24 Stunden darauf zu reagieren, je nachdem wie groß die Frage ist, vielleicht auch mit einer ersten Andeutung, um dann nochmal darauf zurück zukommen. Sie bekommen auf jeden Fall Reaktion.
  • Und eine dritte Variante, wenn es dann doch eine größere Sache ist, dann melden sie sich doch einfach für eine kostenlose telefonische Erstberatung an. Wir finden einen gemeinsamen Termin und schauen auch gemeinsam darauf was ihr Team braucht.

Und zum Schluss der heutigen Episode das Zitat diesmal von Mark Twain

„Als wir das Ziel aus den Augen verloren, verdoppelten wir unsere Bemühungen.“

<script class="podigee-podcast-player" src="https://cdn.podigee.com/podcast-player/javascripts/podigee-podcast-player.js" data-configuration="https://podcastf064d6.podigee.io/22-motivationkreativitat/embed?context=external"></script><!-- [et_pb_line_break_holder] --><!-- [et_pb_line_break_holder] -->